Drei Stunden warten, um einen kurzen Einblick zu erhaschen: Auf der Gamescom können Fans testen, was bald in die Läden kommt.
Köln. Lara Croft, die schlagkräftige Archäologin mit der ausladenden Oberweite, kehrt zurück. Auf der Gamescom können Fans das neueste Abenteuer der „Tomb Raider“-Heldin testen. Diese Ankündigung dürfte so manchen der vornehmlich männlichen Besucher verzücken, sie steht zugleich sinnbildlich für die Computerspielemesse in Köln: Fortsetzungen beliebter und bewährter Titel prägen in diesem Jahr das Bild, die ganz großen Innovationen sind nicht zu erwarten. Den Fans ist das egal, die Koelnmesse rechnet mit einem rekordverdächtigen Andrang bei der großen Spiele-Party.
An neuer Software mangelt es nicht. Mehr als 300 Titel sind erstmals in Deutschland anspielbar, darunter seien „spektakuläre Neuheiten“, wie die Messe verspricht. Besucher können diverse Spiele mit Blockbuster-Potenzial testen, neben „Tomb Raider“ etwa eine Erweiterung für den Rollenspiel-Dauerbrenner „World of Warcraft“, dazu Fortsetzungen von Sport-Simulationen wie „Pro Evolution Soccer“ und „Need for Speed“ oder von Ego-Shootern wie „Call of Duty“, „Far Cry“ und „Crysis“. Viele Fans nehmen Wartezeiten von mehr als drei Stunden in Kauf, um einen 10- oder 15-minütigen Einblick zu erhaschen.
Doch große Wagnisse gehen die traditionell risikoscheuen Anbieter nicht ein. Auch auf neue Hardware, aus der die Software-Entwickler neue Konzepte kitzeln könnten, warten Spieler wohl vergeblich. Sony dürfte die neue Generation seiner Konsole erst 2013 vorstellen, auch eine schlankere und billigere Version der Playstation 3 wird vermutlich erst nach der Messe präsentiert. In den Lagern stehen noch zu viele Geräte der jetzigen Version, heißt es in der Branche.
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Der Xbox-360-Hersteller Microsoft spart sich nach dem ersten Quartalsverlust der Firmengeschichte gleich den Stand in Köln - anzukündigen hat der Konzern derzeit ohnehin nichts. Nintendo wiederum hat mit der Wii U den anstehenden Nachfolger der Wii im Köcher, schwänzt aber ebenfalls die Messe. Immerhin werden an den Ständen von Ubisoft und Warner Titel für die Konsole zu sehen sein, etwa der Horror-Schocker „Zombie U“ und ein „Batman“-Abenteuer.
Präsenter denn je sind dagegen mobile Spiele: Erstmals widmet ihnen die Messe einen Schwerpunkt. Ein Smartphone haben schließlich die meisten der mehrheitlich unter 25-jährigen Besucher in der Tasche. Weitere Testmöglichkeiten – auch auf den mobilen Konsolen - gibt es an den Ständen der großen Anbieter. Mehr Platz bekommen auch Online- und Browser-Spiele, ein Trendthema der vergangenen Jahre. Sie machen den klassischen Konsolentiteln immer mehr Konkurrenz.
Trotz der Absagen – auch THQ und Sega fehlen – ist die Gamescom mit einer Fläche von rund 140 000 Quadratmetern und mehr als 400 Ausstellern größer denn je. „Die thematische Breite erlaubt uns, weiter zu wachsen“, sagt Franko Fischer, Sprecher der Koelnmesse.
Und es dürfte wieder brechend voll werden. Die Messe rechnet offiziell mit mehr als 250 000 Besuchern. Gut möglich, dass die Rekordmarke des vergangenen Jahres wieder erreicht wird. Damals strömten 275 000 Spielefans durch die aufgeheizten Hallen, am Samstag musste die Messe sogar zwischenzeitlich die Tore schließen. In diesem Jahr sind die Tickets für den besucherstärksten Tag von vornherein begrenzt und nahezu ausverkauft. Die Messe ist ein Event – mit Spielen, aber auch mit vielen Konzerten und Partys in ganz Köln.
Für die Spiele-Hersteller geht es nicht nur um die Gunst der Nutzer, sondern auch des Handels. „Für den Coregamer-Markt in Deutschland und Europa ist die Gamescom der Indikator, was die Leute cool finden“, sagt Jörg Müller-Lietzkow, Professor für Medienwissenschaft an der Universität Paderborn. Lara Croft kämpft nicht nur gegen Bösewichte, sondern auch um ihre Chancen im Weihnachtsgeschäft.
Aktuelle Branchenzahlen zeigen, wie stark die Konkurrenz für Konsole und PC durch die günstigen Smartphone- und Tablet-Games geworden ist. So fiel der Umsatz mit Konsolenspielen in Deutschland im ersten Halbjahr um sieben Prozent auf 300 Millionen Euro, wie der Branchenverband BIU am Mittwoch mitteilte. Bei Spielen für mobile Geräte schossen die Erlöse im Jahresvergleich hingegen um 40 Prozent auf 20,4 Millionen Euro hoch. Insgesamt legte der Branchenumsatz im ersten Halbjahr nur um ein Prozent auf 845 Millionen Euro zu.