Erst knackten die Hacker die US-Sicherheitsfirma Stratfor. Jetzt landeten die Daten im Internet. Und schon droht der nächste Angriff.
Washington. Nach ihrem Cyberangriff auf renommierte US-Sicherheitsberater hat die Hackerorganisation „Anonymus“ nach eigenen Angaben gewaltige Mengen Kundendaten ins Netz gestellt. Die lose organisierte Gruppe veröffentlichte in der Nacht zum Sonnabend Links, die zu 75.000 Namen, Adressen, Kreditkartennummern und Passwörtern von Kunden des Unternehmens Stratfor führen sollen. In der Mitteilung kündigt die Gruppe weitere Cyberattacken für die Silvesternacht an.
Zudem seien 860 000 Benutzernamen und E-Mail-Adressen von allen Personen aufgelistet, die sich je auf der Firmenseite registrieren ließen. 50 000 dieser Adressen endeten auf „.mil“ oder „.gov“ - Endungen, die in den USA von Militärpersonal und Regierungsbeamten verwendet werden. Mehrere Stunden nach der Erklärung waren die Inhalte, die sich unter den Links finden sollten, bereits gelöscht.
„Wir rufen alle verbündeten Schlachtschiffe, alle Armeen der Dunkelheit auf, diese Passwort-Listen und Kreditkarteninformationen zu nutzen und zu missbrauchen“, heißt es in der Mitteilung. Ziel sei „unheiliges Chaos über die Systeme und persönlichen E-Mail-Konten dieser reichen und mächtigen Unterdrücker zu bringen“.
Die Gruppe bezieht sich auch ausdrücklich auf den mutmaßlichen Wikileaks-Informanten Bradley Manning, der in Haft sitzt und dem die Militärjustiz den Prozess machen will. „Wollt ihr ihn noch immer lebenslang einsperren? Denkt ihr noch immer, wir machen nur Spaß? Das ist in Ordnung. Es sind genug Worte gefallen.“
Auf seiner Facebook-Seite bedauerte Stratfor in der Nacht zum Sonnabend, dass der Diebstahl möglich war. Das Unternehmen bestätigte darin, dass unter den Informationen Kreditkartenangaben von zahlenden Kunden und die E-Mail-Adressen von Personen sind, die Gratisinformationen erhielten. „Wir möchten unseren Kunden und Freunden versichern, dass es sich dabei nicht um eine neue Cyberattacke handelt, sondern um Informationen, die bei einem früheren Eindringen in das System gestohlen worden waren.“
Die Hackergruppe kündigte derweil an, schon in der Silvesternacht erneut zuzuschlagen. „Von Küste zu Küste“ werde man eine Reihe amerikanischer Sicherheits- und Justizbehörden ins Visier nehmen. Es werde „Proteste des Lärms“ vor Gefängnissen überall auf der Welt geben, „um Solidarität mit all jenen zu zeigen, die eingesperrt sind“.
Nach der Attacke gegen Stratfor – die Wortschöpfung steht für Strategic Forecasting (Strategische Vorhersagen) – berichteten Kunden über Überweisungen in ihrem Namen an wohltätige Organisationen. Zunächst hatte es Zweifel gegeben, ob tatsächlich Anonymus hinter der Attacke steckte oder Splittergruppen oder Trittbrettfahrer.
Die Anonymous-Bewegung setzt sich für den freien Datenfluss, Redefreiheit und gegen Zensur ein. Unter dem Decknamen starteten Aktivisten schon zahlreiche Angriffe auf Banken, Kreditaktenfirmen, oder auch auf staatliche Einrichtungen. Die Hacker-Vereinigung ist aber nur locker organisiert; im Prinzip kann jeder sich für sie ausgeben, ohne dass das Gegenteil bewiesen werden kann.