Die Datenbrille als Smartphone-Ersatz ist noch eine Zukunfts-Vision. Einen Schritt in diese Richtung macht Brother mit der “Airscouter“.
Berlin. Kürzlich hat Google seine Vision von einer Datenbrille vorgestellt, die das Smartphone überflüssig machen soll. Jetzt präsentiert der Druckerhersteller Brother seine Brille „Airscouter“. Mit einem entscheidenden Unterschied: Während Google bislang nur Gedankenspiele vorweisen kann, ist Brothers 106 Gramm schwere Brille seit Dienstag auf dem japanischen Markt. Sie kostet 200 000 Yen (umgerechnet 1877 Euro). Wann es sie in Europa geben wird, steht noch nicht fest.
Der von Google vorgestellten Vision ist der japanische Konzern damit ein Stück näher gekommen. Allerdings kann die Brille vieles noch nicht: Mit einem schwarzen Kasten vor dem linken Auge ist sie relativ klobig, außerdem ist sie nicht wind- und wasserfest und bei Sonnenlicht kaum zu gebrauchen. All das sind Gründe dafür, dass Brother seine Brille nur im industriellen Bereich einsetzen will und sich damit nicht an Endkunden richtet.
„Natürlich würde niemand mit solch einer Brille auf dem Kopf die Straße entlang gehen“, räumt Manager Richard Thomas. Eingesetzt werden soll der „Airscouter“ zum Beispiel in der Montage oder Produktion. Dort könnte auf dem Display eine Arbeitsanweisung angezeigt werden, während der Monteur beide Hände frei hat. Auch Anweisungen von einem Experten, der über eine Kamera und ein Headset verbunden ist, wären denkbar. Erster Abnehmer ist der japanische Elektronikkonzern NEC.
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Die Brille wird über ein Kabel mit der Datenquelle und einem Netzteil verbunden. „Wenn wir die Technologie drahtlos machen würden, wäre die Konsequenz, dass sie größer und schwerer würde“, erläutert Thomas. Die Brille kann an einen PC oder ein Smartphone angeschlossen werden, dessen Bildanzeige direkt vor das Auge des Nutzers projiziert wird.
Mit der Entwicklung des „Airscouter“ hat Brother vor rund sechs Jahren begonnen. Damals sollte die Projektion zunächst mit Lasern realisiert werden, nun funktioniert sie mit einer LED-Technik. „Viele Leute hatten Angst, einen Laser so nah neben ihrem Auge zu haben“, sagt Thomas.
Brother sieht sich mit seiner Brille schon einen ganzen Schritt weiter als Google. „Niemand weiß, ob Google diese Brille jemals herstellen wird. Das, was Google in seinem Video zeigt, ist momentan noch nicht erreichbar“, sagt Thomas.
In den USA wird es aber für möglich gehalten, dass die Google-Brille schon in einem Jahr Wirklichkeit wird – so hieß es etwa im Fachdienst „TechCrunch“. Ein Google-Sprecher in Hamburg sagte bei der Vorstellung des „Projects Glass“, zum Zeitpunkt einer Einführung könnten noch gar keine Angaben gemacht werden. Das Forschungslabor Google X arbeite an Zukunftsprojekten, aber immer mit Blick auf mögliche Anwendungen.
Ein Problem beim potenziellen Einsatz der Brille im Alltag ist die Ablenkungsgefahr. „Stellen Sie sich vor, Sie fahren Auto und plötzlich erscheint eine Nachricht“, sagt Thomas. Diese Fragen und Probleme müssten zunächst geklärt werden. Dennoch lebt auch bei Brother die Vision der „erweiterten Realität“ (Augmented Reality). Dabei bekommen die Nutzer in einer zusätzlichen Sichtebene zum Beispiel Informationen zu Objekten in ihrer Umgebung angezeigt.
„Vielleicht könnte ich, während ich mit Ihnen spreche, einige Informationen über Sie sehen. Zum Beispiel wie alt Sie sind oder was Ihre Hobbys sind“, sagt Thomas. Das Navigationsgerät beim Autofahren könnte direkt vor das Auge projiziert werden oder Informationen zu Sehenswürdigkeiten beim Rundgang durch die Stadt. „Die Möglichkeiten sind grenzenlos.“