Apple erneuert Notebooks und iPhone-Plattform - aber keine Spur des Fernsehers. Damit enttäuschte der Konzern die Hoffnungen vieler Fans.
San Francisco. Auf der jährlichen Konferenz für Entwickler in San Francisco war es nicht der neue Apple-Chef, der in Steve Jobs' Fußstapfen trat und die Menge begrüßte. Siri sprach die ersten Worte, Apples virtuelle Sprachassistentin. „Wie viele Entwickler braucht man, um eine Glühbirne zu wechseln?“, fragte sie die Menge in San Francisco. „Keine. Das ist Hardware.“ Ein Scherz für Software-Entwickler zum Beginn einer ungewöhnlich langen Präsentation. Der neue Chef Tim Cook und seine Manager zeigten eine Fülle von neuen Funktionen und einen komplett neuen Laptop.
Zu den aufsehenerregendsten Neuerungen gehört ein total überarbeiteter Kartendienst, der Teil des neuen Version des mobilen Betriebssystems iOS ist. Mit der App haben nun erstmals auch iPhone-Nutzer Schritt-für-Schritt-Navigation. Dazu können sie ausgewählte Städte in einer fotorealistischen 3D-Version erleben. Der kleine Schritt für die Nutzer ist ein großer für Apple und eine Niederlage für Konkurrent Google. Bisher hatte Apple mit dessen Daten gearbeitet, und ihm dementsprechend auch den Milliarden teuren Platz für Werbung überlassen. Damit soll nun Schluss sein.
Noch ist der Kampf aber noch nicht gewonnen. Google hat letzte Woche in einer Pressekonferenz angekündigt, dass sie auf allen Plattformen vertreten sein wollen und seine jahrelange Erfahrung in der Herstellung digitaler Karten betont. Tatsächlich fehlen auf Apples Kartendienst einige Funktionen, die Nutzer der Google-Karten gewohnt waren. Dazu gehören Informationen über den öffentlichen Verkehr. Hier greift Apple auf die Apps aus dem AppStore zurück - wie diese Integration im Detail aussieht, hat Apple-Manager Scott Forstall offen gelassen, als er die Neuerungen präsentierte. Für die lokale Suche arbeitet Apple mit einem Dienst namens Yelp zusammen. Wie der in den USA äußerst beliebte Dienst im Ausland abschneidet, muss sich zeigen. Für das Verkehrsaufkommen kombiniert Apple die Daten von allen iPhone- und iPad-Nutzern, um Staus zu erkennen.
Durch den Verkehr führt die Nutzer Apples Sprachassistentin Siri. In Autos von Mercedes, GM, BMW und einer Reihe anderer Hersteller soll sie bereits im nächsten Jahr über einen Knopf am Steuerrad erreichbar sein. „So können sie die Hände am Steuerrad, und die Augen auf der Straße behalten“, sagte Forstall bei der Präsentation. Doch Siri ist auch abseits der Straße smarter geworden. Die Assistentin wurde mit dem neuesten iPhone eingeführt. Sie kann unter anderem Erinnerungen speichern, SMS und E-Mails verschicken. Jetzt spricht Siri neue Sprachen – darunter französisch und italienisch für Schweizer Nutzer – und kann neu auf Sprachbefehl nicht nur Restaurants finden, sondern auch Bewertungen anzeigen und Tische reservieren.
Betriebssysteme von Laptops und Mobilgeräten gleichen sich mehr
Siri kann all dies nicht mehr nur auf dem iPhone, sondern nun auch auf der aktuellen Version des iPads. In einer abgeschwächten Form kommt Siri auch auf Laptops. Im neuen Betriebssystem „Mountain Lion“, was übersetzt Puma heißt, nennt Apple Siri zwar nicht bei Namen, doch die Technik ist eine ähnliche. Hier kann die Spracherkennungssoftware allerdings nur diktierte Texte abtippen - in allen Programmen, wie ein Apple-Manager bei der Präsentation betonte. Im Webbrowser beispielsweise muss man seinen Facebook- oder Twitter-Post nicht mehr selbst tippen, sondern kann ihn der Software einfach diktieren.
Allgemein rücken die mobilen Geräte und die Laptops von Apple näher zusammen dank der neuen Betriebssysteme. In beide Systemen sind soziale Netzwerke tief verflochten, neu auch Facebook, und in beide ist Apples Cloud-Service iCloud noch tiefer integriert worden. So synchronisiert der Dienst geöffnete Webseiten oder die aktuellste Version von Dokumenten in Sekundenschnelle.
Ein ganz neuer Laptop, aber kein Fernseher
Die Software war zwar der Star, doch Apple hat auch neue Hardware präsentiert. Die komplette Laptop-Familie wurde verbessert, mit dem schnelleren USB 3 und leistungsfähigeren Flash-Festplatten ausgestattet. Doch ein neues Gerät stahl allen die Show. Apple nennt es „die nächste Generation des MacBook Pro“, und weist damit darauf hin, dass alle anderen bereits bei Erscheinen veraltet sind. „Es ist dünner als mein Finger“, rief Marketingchef Phil Schiller. Wie zuvor bei den MacBook Airs verzichtet Apple auf ein optisches Laufwerk. „Und ja, es ist ein Retina-Display“, bestätigte Schiller kurz darauf. Über 5 Millionen Pixel erwecken den Eindruck, dass da gar keine Pixel mehr sind. Diese Displays gehören zu den Trümpfen in den Ärmeln des neuen iPhones und des iPads und wurden nun erstmals in einem Laptop verbaut.
Was sich Steve Jobs möglicherweise für sein berühmtes „Eines noch“ aufbewahrt hätte, fehlte: der Apple-Fernseher, der Gerüchten zufolge bald erscheinen soll. Kein Wort verloren die Apple-Manager dazu. Die anderen Produkte erscheinen alle noch dieses Jahr. Die neuen Laptops sind bereits ab sofort erhältlich, das neue Betriebssystem für Laptops und PCs folgt in einem Monat, und im Herbst erscheint das neue Betriebssystem für mobile Geräte, iOS 6.