Apple-Konzern verbannt Kartendienst der Konkurrenz von iPhones. Weitere Neuerungen bei Konferenz in San Francisco vorgestellt.
San Francisco. Auch acht Monate nach dem Tod von Apple-Mitgründer Steve Jobs geht der Kleinkrieg des US-Technologieunternehmens gegen den Konkurrenten Google weiter. Auf der jährlichen Konferenz für Entwickler in San Francisco kündigte Apple an, den Kartendienst von Google, Google Maps, von den meisten seiner iPhones und iPads zu verbannen, anstatt ihn wie bisher als integrierte Funktion anzubieten. Zudem soll es für Nutzer dieser Geräte künftig einfacher werden, mit ihren Freunden über Facebook anstatt das entsprechende soziale Online-Netzwerk von Google zu kommunizieren.
Es war am Montag (Ortszeit) nicht der neue Apple-Chef, der in Steve Jobs' Fußstapfen trat und die Menge begrüßte. Siri sprach die ersten Worte, Apples virtuelle Sprachassistentin. „Wie viele Entwickler braucht man, um eine Glühbirne zu wechseln?“, fragte sie die Menge in San Francisco. „Keine. Das ist Hardware.“ Ein Scherz für Software-Entwickler zum Beginn einer ungewöhnlich langen Präsentation. Der neue Chef Tim Cook und seine Manager zeigten eine Fülle von neuen Funktionen und einen komplett neuen Laptop.
Zu den aufsehenerregendsten Neuerungen gehört ein total überarbeiteter Kartendienst, der Teil des neuen Version des mobilen Betriebssystems iOS ist. Mit der App haben nun erstmals auch iPhone-Nutzer Schritt-für-Schritt-Navigation. Dazu können sie ausgewählte Städte in einer fotorealistischen 3D-Version erleben. Der kleine Schritt für die Nutzer ist ein großer für Apple und eine Niederlage für Konkurrent Google. Bisher hatte Apple mit dessen Daten gearbeitet und ihm dementsprechend auch den Milliarden teuren Platz für Werbung überlassen. Damit soll nun Schluss sein.
Noch ist der Kampf aber noch nicht gewonnen. Google hat letzte Woche in einer Pressekonferenz angekündigt, dass das Unternehmen auf allen Plattformen vertreten sein will und seine jahrelange Erfahrung in der Herstellung digitaler Karten betont. Tatsächlich fehlen auf Apples Kartendienst einige Funktionen, die Nutzer der Google-Karten gewohnt waren. Dazu gehören Informationen über den öffentlichen Verkehr. Hier greift Apple auf die Apps aus dem AppStore zurück - wie diese Integration im Detail aussieht, hat Apple-Manager Scott Forstall offen gelassen, als er die Neuerungen präsentierte. Für die lokale Suche arbeitet Apple mit einem Dienst namens Yelp zusammen.
Durch den Verkehr führt die Nutzer Apples Sprachassistentin Siri. In Autos von Mercedes, GM, BMW und einer Reihe anderer Hersteller soll sie bereits im nächsten Jahr über einen Knopf am Lenkrad erreichbar sein. „So können sie die Hände am Lenkrad und die Augen auf der Straße behalten“, sagte Forstall bei der Präsentation. Doch Siri ist auch abseits der Straße smarter geworden. Die Assistentin wurde mit dem neuesten iPhone eingeführt. Sie kann unter anderem Erinnerungen speichern, SMS und E-Mails verschicken. Jetzt spricht Siri neue Sprachen – darunter französisch und italienisch für Schweizer Nutzer – und kann neu auf Sprachbefehl nicht nur Restaurants finden, sondern auch Bewertungen anzeigen und Tische reservieren.
Siri kann all dies nicht mehr nur auf dem iPhone, sondern nun auch auf der aktuellen Version des iPads. In einer abgeschwächten Form kommt Siri auch auf Laptops. Im neuen Betriebssystem „Mountain Lion“, was übersetzt Puma heißt, nennt Apple Siri zwar nicht bei Namen, doch die Technik ist eine ähnliche. Hier kann die Spracherkennungssoftware allerdings nur diktierte Texte abtippen - in allen Programmen, wie ein Apple-Manager bei der Präsentation betonte. Im Webbrowser beispielsweise muss man seinen Facebook- oder Twitter-Post nicht mehr selbst tippen, sondern kann ihn der Software einfach diktieren.
Allgemein rücken die mobilen Geräte und die Laptops von Apple näher zusammen dank der neuen Betriebssysteme. In beide Systemen sind soziale Netzwerke tief verflochten, neu auch Facebook, und in beide ist Apples Cloud-Service iCloud noch tiefer integriert worden. So synchronisiert der Dienst geöffnete Websites oder die aktuellste Version von Dokumenten in Sekundenschnelle.
Die Software war zwar der Star, doch Apple hat auch neue Hardware präsentiert. Die komplette Laptop-Familie wurde verbessert, mit dem schnelleren USB 3 und leistungsfähigeren Flash-Festplatten ausgestattet. Doch ein neues Gerät stahl allen die Show. Apple nennt es „die nächste Generation des MacBook Pro“, und weist damit darauf hin, dass alle anderen bereits bei Erscheinen veraltet sind. „Es ist dünner als mein Finger“, rief Marketingchef Phil Schiller. Wie zuvor bei den MacBook Airs verzichtet Apple auf ein optisches Laufwerk. „Und ja, es ist ein Retina-Display“, bestätigte Schiller kurz darauf. Über fünf Millionen Pixel erwecken den Eindruck, dass da gar keine Pixel mehr sind. Das neue MacBook Pro soll um die 2.200 Dollar (rund 1.760 Euro) kosten.
Was sich Steve Jobs möglicherweise für sein berühmtes „Eines noch“ aufbewahrt hätte, fehlte: der Apple-Fernseher, der Gerüchten zufolge bald erscheinen soll. Kein Wort verloren die Apple-Manager dazu. Die anderen Produkte erscheinen alle noch dieses Jahr. Die neuen Laptops sind bereits ab sofort erhältlich, das neue Betriebssystem für Laptops und PCs folgt in einem Monat und im Herbst erscheint das neue Betriebssystem für mobile Geräte, iOS 6.
Diese Apple-Gerüchte haben sich bestätigt
Der Technologieriese Apple baut nicht nur sehr erfolgreiche Computer und Software, sondern hat sich in den vergangenen Jahren auch als Meister im Generieren von Aufregung profiliert. Bei der diesjährigen Entwicklerkonferenz in San Francisco hat sich der Großteil der vorab kursierenden Gerüchte als wahr erwiesen – bis auf eines. Dass es nicht wahr wurde, hat Apples Aktie ins Minus gedrückt.
Unwahr: Der Fernseher kommt
Es war das heißeste Gerücht im Vorfeld der Entwicklerkonferenz, doch es blieb unbestätigt: Kein Wort verloren die Apple-Manager zum Thema Fernsehen bei der Präsentation neuer Produkte. Dass das Gerücht damit stirbt, ist unwahrscheinlich. Seit Apples mittlerweile verstorbener Chef Steve Jobs einem Biografen einen solchen Fernseher angekündigt hat, hält sich das Gerücht hartnäckig. Dass es noch nicht wahr wurde, hat die Aktie von Apple nach der Präsentation um ein Prozent ins Minus rutschen lassen.
Wahr: Apples hauseigener Kartendienst
Die Standard-Karten-Anwendung im neuen Betriebssystem für iPhones und iPads kommt nicht mehr von Google, sondern von Apple selbst. Das Unternehmen hat mit Zukäufen und Partnerschaften einen eigenen Kartendienst entwickelt, der nun Premiere feiert. Der Dienst bietet fotorealistische 3D-Versionen von einigen Metropolen, Schritt-für-Schritt-Navigation und kann durch die Sprachassistentin Siri gesteuert werden.
Wahr: Hochauflösende Displays für das MacBook
Als teilweise wahr haben sich die Gerüchte herausgestellt, dass die neuen MacBooks mit den hochauflösenden Displays ausgestattet werden, die bereits auf die Smartphones und Tablets von Apple verbaut sind. Eine Version des Apple-Laptops, „die nächste Generation des MacBooks“, kommt tatsächlich mit einem sündhaft teuren Bildschirm, der über fünf Millionen Pixel hat.
Wahr: Facebook tief in Betriebssystem integriert
Wie im Vorjahr bereits den Kurznachrichtendienst Twitter wird nun auch das weltgrößte soziale Netzwerk Facebook tief in die Apple-Software integriert. Sowohl von mobilen Geräten wie auch von den Laptops und PCs können Nutzer nun Inhalte wie Fotos oder Webseiten aus fast jedem Winkel ihres Computers teilen. Bei Twitter hat das gut funktioniert, fast die Hälfte aller Fotos würden über ein iOS-Gerät geteilt, sagte ein Apple-Manager bei der Präsentation der neuen Funktion.
Wahr: „Bitte nicht stören“-Option
Im neuen mobilen Betriebssystem iOS 6 haben die Nutzer die Möglichkeit, Benachrichtigungen verstummen zu lassen. Der Schieberegler „Bitte nicht stören“ lässt das iPhone verstummen. Bei neuen Nachrichten oder Benachrichtigungen von Apps bleibt auch der Bildschirm schwarz. Nutzer können den Dienst anpassen, sodass beispielsweise bevorzugte Nummern Ausnahmen bilden, oder wiederholte Anrufe das iPhone dennoch klingeln lassen.
Wahr: Sprachassistentin Siri neu auch für das iPad
Viele haben es sich gewünscht, noch mehr haben nicht daran geglaubt. Doch die virtuelle Sprachassistentin Siri kann nun auch Befehle auf dem iPad ausführen und nicht nur mehr auf dem iPhone. Diese Neuerung steht nur Nutzern des neuesten iPads zur Verfügung.
Wahr: iCloud-Tabs für Browser Safari
Apples Internetspeicher-Dienst iCloud hat bereits 125 Millionen Nutzer, ließ ein Apple-Manager während der Präsentation wissen. Er kündigte an, dass der Service in den neuen Betriebssystemen für mobile Geräte und Laptops noch tiefer verflochten ist. So werden ausgewählte Dokumente und besuchte Internetseiten aller Apple-Geräte automatisch synchronisiert und sind online in „der Wolke“ gespeichert.
Mit Material von dapd