Unionspolitiker Kretschmer forderte mehr Kontrolle für Google und Co. Andere Parteien reagieren ablehnend. Bitkom warnt vor dem Plan.

Dresden/Berlin. Vor einer zu scharfen Kontrolle des Internetkonzerns Google hat der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) die Bundesregierung gewarnt. „Bevor man über eine Ausweitung der staatlichen Aufsicht im Internet nachdenkt, sollte abgewogen werden, ob der Schaden nicht größer ist als ein ungewisser Nutzen“, sagte Bitkom-Sprecher Maurice Shad am Freitag Handelsblatt Online. Der Verband reagiert damit auf einen Vorstoß des stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Michael Kretschmer (CDU). Der sächsische Abgeordnete hatte eine staatliche Kontrolle für Internetkonzerne wie Google ins Gespräch gebracht und dies mit einer immer größer werdenden Marktmacht Googles begründet.

Bitkom-Sprecher Shad lehnte eine weitere Regulierung ab: „Es gibt bereits zahlreiche staatliche Stellen, die Aufsichtsfunktionen für das Internet haben.“ Dazu zählten die Datenschutzbeauftragten, die nationalen und internationalen Wettbewerbsbehörden und nicht zuletzt die Sicherheitsbehörden.

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Der Vize-Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Michael Kretschmer, hatte schärfere Kontrollen für Internetkonzerne wie Google ins Gespräch gebracht. Aus der SPD wurde ihm darauf am Donnerstag Panikmache vorgeworfen. Die FDP warnte vor einem vorschnellen „Google-Gesetz“. Von der Linken wurde Kretschmers Kritik begrüßt, staatliche Kontrollen lehnte die Netzexpertin der Linksfraktion, Halina Wawzyniak, aber ab.

Kretschmer sagte, Googles Marktmacht werde immer größer. Die Tätigkeit des Konzerns sei vergleichbar mit der Bedeutung der Wasser- oder Energieversorgung. Für eine solche nichtstaatliche Grundversorgung müsse es „verlässliche Regeln“ geben, erklärte der CDU-Politiker im Interview der Nachrichtenagentur dapd in Dresden. Er ist in Sachsen auch Generalsekretär seiner Partei.

Je stärker die Marktmacht eines Unternehmens werde, umso mehr staatliche Kontrolle werde es geben müssen, sagte Kretschmer. „Es kann sein, dass wir in den nächsten Jahren an einen Punkt kommen, an dem eine staatliche Aufsicht notwendig wird.“ Eine solche Aufsicht müsse dann auch „das Recht bekommen, die Such-Algorithmen von Suchmaschinen wie Google anzusehen und darauf zu achten, dass sie nicht der Meinungsfreiheit und Demokratie zuwiderlaufen“, erläuterte Kretschmer.

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Aus der FDP kam eine Absage an Kretschmers Idee. Längst gebe es genügend Regelungen im Wettbewerbs- und Kartellrecht, um mit großen Konzernen wie Google umzugehen, sagte der FDP-Netzpolitiker Jimmy Schulz dapd. Ein neues „Google-Gesetz“ brauche es nicht. Gerade im Internet-Markt kämen immer wieder neue Spieler empor, vor Google habe etwa die Suchmaschine AltaVista das Netz beherrscht. Regulierungen seien ein Hemmnis für Innovationen, sagte Schulz.

Aus Sicht des SPD-Netzexperten Lars Klingbeil ist zwar ein besserer internationaler Rechtsrahmen nötig, um den Missbrauch von Marktmacht zu verhindern. Er wolle aber das Internet nicht so „durchregulieren“, dass die Politik darauf Einfluss nehmen könne, ob oder in welcher Reihenfolge Inhalte in Suchmaschinen auffindbar seien. Klingbeil forderte Google auf, freiwillig mehr Transparenz im Umgang mit Nutzerdaten zu zeigen.

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Die Linke Wawzyniak begrüßte Kretschmers kritische Sicht auf Google. Doch der Suchgigant sei nicht das einzige Problem. Im Internet gebe es viele Oligopole, also wenige Giganten, die den Markt bestimmter Angebote unter sich aufteilten. Eine staatliche Aufsicht bringe bei internationalen Konzernen gar nichts. Wawzyniak forderte eine Diskussion darüber, wie das „Gemeingut Internet“ wieder zurück in die Hände der Nutzer gelegt werden könne.

Aus der Piratenpartei kam höhnische Ablehnung für Kretschmers Überlegungen. Sprecher Aleks Lessmann sagte, die CDU beweise sich einmal mehr als „Partei der Kontrolle“. Statt immer nur mit dem Finger auf die Datensammelwut von Google und Facebook zu zeigen, sollten konservative Politiker sich mit der Datensammelwut des Staates auseinandersetzen, forderte Lessmann.

Mit Material von dpa/dapd