Berlin. Unser Autor geht seit mehr als einem Jahr mindestens 10.000 Schritte pro Tag. Jetzt zieht er Bilanz, welche Auswirkungen das hatte.

Wer gesund leben und ein hohes Alter erreichen möchte, kommt an einer gesunden Ernährung und ausreichender Bewegung nicht vorbei. Vor allem die sportliche Betätigung im Alltag ist immer wieder entscheidend. Lange Zeit geisterte vor allem eine Zahl durch den Raum: 10.000 Schritte am Tag muss man hinter sich bringen, um den eigenen Körper ausreichend zu auszulasten und das Risiko für schwere Erkrankungen zu senken.

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Diese Zahl wurde durch verschiedene Studien jetzt zwar widerlegt. Demnach reichen derzeit wohl bereits 4000 Schritte, um den Körper vor Übergewicht, Diabetes, Herzkreislauferkrankungen und Gelenkprobleme zu schützen. Auch deswegen habe ich den Selbstversuch gewagt und bin trotz dieser Studie ein Jahr lang täglich 10.000 Schritte gegangen. Kleiner Spoiler vorweg: Es hat sich gelohnt!

10.000 Schritte pro Tag: Wieso hab ich „den Schritt“ gewagt?

In den letzten Jahren bin ich etwas träge geworden. Sport habe ich nur selten getrieben und die Zeit lieber mit einem guten Buch auf der Couch verbracht. Doch irgendetwas fehlte. Also wollte ich wieder mehr Sport machen. Für einen Fußballverein fehlt mir die Zeit und die Bereitschaft, einen Großteil der Wochenenden verplanen zu müssen. Joggen kann ich auf den Tod nicht ausstehen und kann mich dazu einfach nicht motivieren.

Durch einen Zufall kam ich dann auf den Trichter der 10.000 Schritte. Während eines Urlaubs in den schottischen Highlands hatte ich jeden Tag große Wanderungen unternommen. Der Erfolg der jeweiligen Wanderung wurde auch in der absolvierten Schrittzahl gemessen, die am Abend in der entsprechenden App aufploppte. 18.000 Schritte auf der Insel Skye, 22.000 bei der Besteigung von Großbritanniens höchstem Berg, dem Ben Nevis, sogar 36.000 während einer sehr ausgiebigen Stadterkundung in Edinburgh.

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Am Ende kamen dann jeden Tag mindestens 10.000 Schritte zusammen. Diesen Drive nahm ich dann aus dem Urlaub mit und erfülle meinen Soll seitdem jeden Tag. Ausnahmen mache ich nur, wenn ich mit dem Fahrrad die etwas längere Strecke ins Büro fahre (hin und zurück etwa 17 Kilometer) und an insgesamt sieben Tagen, an denen ich krank im Bett lag.

Ferdinand Heimbach ist Redakteur in der Funke Zentralredaktion.
Ferdinand Heimbach ist Redakteur in der Funke Zentralredaktion. © privat | Ferdinand Heimbach

Zeiteinsatz: Über eine Stunde Gehen täglich

Um die 10.000 Schritte immer zu erreichen, ist einiges an Planung und Zeit nötig. Für tausend Schritte brauche ich etwa zehn Minuten, für die zehntausend dementsprechend eine Stunde und 40 Minuten. Wenn ich von zu Hause arbeite, erreiche ich meine Schrittzahl durch eine Runde zum Bäcker am Morgen und eine ausgiebige Tour zum und durch den botanischen Garten in Berlin.

An Bürotagen fahre ich wie bereits erwähnt mit dem Fahrrad. Trotz einer kleinen Runde in der Mittagspause und dem Besuch bei der Kaffeemaschine komme ich an diesen Tagen aber auf rund 8000 Schritte – zusätzlich zur Radtour. Der Kalorienverbrauch liegt dann jeweils bei etwa 350 bis 400. Das entspricht in etwa den Kalorien, die ich zum Frühstück zu mir nehme.

10.000 Schritte am Tag: So bleibe ich dabei

Die Motivation für die großen Spaziergänge nahm nach dem Urlaub drastisch ab. Ich musste mich wirklich zwingen. Zwar bin ich immer schon gerne spazieren gegangen, das auch jeden Tag, doch die große Runde frisst einfach eine Menge Zeit. Nach den ersten paar Spaziergängen bemerkte ich auch häufiger einen leichten Muskelkater in meinen Beinen, was die Runde am nächsten Tag noch schwieriger machte.

Erst als ich anfing, parallel Hörbücher zu hören, waren die Läufe kein Problem mehr. Ich geriet in einen meditativen Zustand, in dem ich gut abschalten kann. Mittlerweile werde ich unruhig, wenn ich mich nicht genügend bewegt habe. Ich brauche diese Auszeit am Tag, um meine Gedanken zu ordnen und einfach mal abzuschalten und den Kopf freizukriegen. Aus der anfänglichen Qual wurde Vergnügen und eine geliebte Angewohnheit.

Weiterer Vorteil: Da mich meine Runde jedes Mal durch den botanischen Garten führt, erlebe ich die Jahreszeiten deutlich intensiver und habe wirklich das Gefühl, mich mitten in der Natur zu befinden, was in der Großstadt leider gar nicht so einfach ist.

Fitness und Psyche: Wie mich die Schritte verändert haben

Das Spazierengehen hat mein allgemeines Körpergefühl gebessert. Ich komme nicht so schnell aus der Puste, kann bei Wanderungen weiter und höher gehen als je zu vor und bin auch psychisch belastbarer. Auf der Arbeit hatte ich vor allem in stressigen Situationen leichtes Schwindelgefühl, das sich seit den Spaziergängen verflüchtigt hat. In anstrengenden Situationen bin ich ausdauernder und grundsätzlich entspannter.

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Das Spazierengehen hat insgesamt nochmal zu einem Gewichtsverlust von etwa vier Kilo geführt, der sich allerdings erst nach ein paar Monaten eingestellte, als sich mein Körper an die neue „Dauerbelastung“ gewöhnt hatte.

Ein Jahr vorbei: Sollte ich weitermachen?

Nachdem ich jetzt ein Jahr mit den langen Spaziergängen durchgezogen habe, merke ich, dass ich nie wieder aufhören will. Mein Körper fordert diese Runden ein. Da ich noch keinen Tag ausgelassen habe, kann ich nicht sagen, wie sich der Verzicht auswirken würde. Ich merke jedoch, dass ich quengelig werde und etwas unruhig, wenn ich erst sehr spät loslaufe. Doch im Sinne der Gesundheit und meiner eigenen Zufriedenheit werde ich wohl bis ins hohe Alter jeden Tag große Runden drehen.