Berlin. Stars wie Taylor Swift haben Millionen treuer Fans. Doch was, wenn Bewunderung in Besessenheit umschlägt? Wann es gefährlich wird.

  • Für ihren Lieblings-Star sind manche Fans bereit, kuriose Dinge zu tun
  • Was mögliche Symptome für eine Star-Besessenheit sind.

Wenn sie die Bühne betritt, hört man es teils noch Kilometer entfernt. Seit vielen Monaten bringt Taylor Swift bis zu 96.000 Menschen auf einmal in den größten Stadien der Welt zum Kreischen und Toben. Im vergangenen Sommer haben die „Swifties“, so nennen die Fans der US-amerikanischen Sängerin, bei einem Konzert in Seattle so wild gefeiert, dass die Bodenerschütterungen einem kleinem Erdbeben glichen.

Wie viele andere Stars hat auch Taylor Swift Fans, die von ihrem Idol regelrecht besessen zu sein scheinen. In Buenos Aires haben einige ganze fünf Monate lang vor dem Stadion gecampt, um sich so die besten Plätze für das langersehnte Konzert zu sichern. Wie können Menschen so für jemanden brennen, den sie gar nicht persönlich kennen? Und wann wird es ungesund?

Die meisten Star-Fan-Beziehungen sind harmlos

„In 99 Prozent der Fälle ist es definitiv etwas Gutes, einen Lieblingsstar zu haben“, versichert Psychologe Dr. Martin Huppert, der 2005 das Buch „Die Star-Fan-Beziehung in der Popmusik: Forever Young?“ veröffentlich hat. Besonders bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen sieht er zahlreiche Vorteile darin, ein Idol zu haben, zu dem man aufschauen kann. „In diesem Alter zählt es zu den Hauptaufgaben, seine Identität zu finden. Dabei können Stars eine große Hilfe sein.“ Während es anfangs vor allem die Eltern waren, die ihren Kindern als Vorbild gedient haben, würden sich später immer mehr Menschen auch an Promis orientieren, die sie bewundern.

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Und das kann durchaus kurios aussehen. Ein Mann, der sich einer Beauty-OP unterzieht, um dem Tokio-Hotel-Frontmann Bill Kaulitz ähnlicher zu sehen, oder ein anderer, der sich 82 Mal das Gesicht von Schauspielerin Julia Roberts auf den eigenen Körper tätowieren lässt – auch wenn diese Begeisterung bei manchen Fans extreme Züge annimmt, sei alles völlig in Ordnung, „solang niemand darunter leidet“, betont der Psychologe.

Wenn die Begeisterung zum Zwang wird

Doch die zunächst harmlose Begeisterung kann auch zur Besessenheit werden, bei der sich ein Fan übermäßig für jedes kleinste Detail aus dem Leben der Berühmtheit interessiert und dabei sein eigenes Leben hintenanstellt. Forschende bezeichnen diese Suchtstörung als Celebrity Worship Syndrom.

Das zwanghafte Verfolgen des Lieblingsstars kann bei Betroffenen unter anderem zu dem Glauben führen, ihr Idol vollständig zu kennen. „Das ist auch eine Gefahr von Social Media. Hier können Promis ihren Fans schnell das Gefühl geben, ihnen ganz nah zu sein, und es entsteht eine parasoziale Beziehung, die eigentlich nur imaginär ist“, erklärt Huppert.

Star-Stalking: Experten vermuten hohe Dunkelziffer

Das könne in Einzelfällen zu einem regelrechten Liebeswahn führen, bei dem sich Betroffene einbilden, eine Beziehung mit der Berühmtheit zu führen. „Das kann dann auch für die Promis gefährlich werden, zum Beispiel wenn es in Richtung Stalking geht und Fans versuchen, ihr Idol im echten Leben zu treffen“, sagt der Psychologe.

Madonna,

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Steven Spielberg

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    , Rihanna, Mila Kunis, David Letterman: Die Liste der Stars, die schon von besessenen Fans heimgesucht wurden – zum Teil im eigenen Haus –, ist lang. Experten gehen außerdem von einer hohen Dunkelziffer aus, viele Betroffene würden lieber schweigen, um nicht noch mehr obsessive Fans zu inspirieren.

    Fanatische Fans: „Celebrity Worship Syndrom ist keine Krankheit“

    Aber wieso werden manche Menschen zu solchen fanatischen Fans? Für den Psychologen Martin Huppert ist klar: „Das Celebrity Worship Syndrom ist keine Krankheit. Es ist vielmehr ein Symptom für eine psychische Krankheit.“ Eine Besessenheit vom Lieblingspromi kann also ein Anzeichen einer psychischen Erkrankung sein. Am häufigsten werde das Syndrom mit Borderline und Depressionen in Verbindung gebracht, die wiederum durch ein Trauma, familiäre Probleme oder Einsamkeit ausgelöst werden können, erklärt Huppert.

    Den Lieblingsmusiker endlich live zu sehen, kann für viele Fans regelrecht überwältigend sein.
    Den Lieblingsmusiker endlich live zu sehen, kann für viele Fans regelrecht überwältigend sein. © dpa | Jonas Walzberg

    Doch woher weiß man, dass man selbst oder Angehörige betroffen sind? Wo ist die Grenze zwischen Fanatismus und harmloser Fan-Euphorie? „Die Grenze ist überschritten, sobald man die Umweltbewältigung nicht mehr hinbekommt. Wenn man sein soziales Umfeld und sich selbst vernachlässigt, sich auf nichts anderes mehr konzentrieren kann, weil alle Gedanken bei dem Star hängen bleiben. Ab diesem Punkt sollte man das Problem von einem Psychologen untersuchen lassen“, rät Huppert.

    Kreischende und weinende Fans auf einem Konzert findet Huppert dagegen unbedenklich. Dass man sich freut, wenn man sein Idol, zu dem man über Jahre eine emotionale Bindung aufgebaut hat, plötzlich im echten Leben sieht, sei völlig normal. „So eine Situation ist für viele Menschen ja einmalig. Da können die Emotionen ruhig mal kurz überkochen.“