Berlin/Essen. Im Urin von Kindern wurden Spuren des gefährlichen Weichmachers DnHexP nachgewiesen. Die Behörden haben eine Vermutung, wo er herkommt.

In Nordrhein-Westfalen wurde im Urin von Kita-Kindern ein Abbauprodukt des Weichmachers DnHexP entdeckt. Seitdem suchen Behörden und Toxikologen nach dessen Quelle. Eine Auswertung der Landesregierung kommt nun zu neuen Erkenntnissen. Demnach besteht ein klarer Zusammenhang zwischen den erhöhten Werten im Urin von Kindern und der Nutzung von Sonnenschutzmitteln.

Begründet wird der Zusammenhang unter anderem damit, dass Kinder, die nach Angaben ihrer Eltern Sonnencreme benutzt hatten, erhöhte Werte des besagten Abbauprodukts im Urin aufwiesen. Bei Kindern, die laut Eltern das Produkt nicht benutzten, wurden seltener erhöhte Werte festgestellt. Allerdings kommt der Bericht der Landesregierung auch zu dem Schluss, dass es eine weitere Quelle für das Abbauprodukt des Weichmachers geben müsse. Denn bei einem Viertel der Kinder, die laut Eltern keine Sonnenschutzmittel benutzt hatten, seien ebenfalls Werte oberhalb der Bestimmungsgrenze gefunden worden.

Eine Expertenkommission des Umweltbundesamtes soll am 22. März eine Bewertung der gesundheitlichen Risiken erarbeiten. Das NRW-Umweltministerium gibt in dem Bericht zunächst keine Einschätzung zu den gesundheitlichen Wirkungen der Belastungen ab. Es verweist jedoch auf eine erste, vorläufige Bewertung des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR).

Weichmacher in Sonnencreme: Behörde gibt erste Entwarnung

Bereits im Februar führte das BfR in einer vorläufigen Bewertung auf, dass verschiedene Quellen wie Sonnenschutzmittel und andere Verbraucherprodukte im Verdacht stünden, die Ursache für die erhöhten Werte zu sein. Im Verdacht stand schon damals ein bestimmter UV-Filter, „der DnHexP als Verunreinigung enthalten könnte“. Toxikologen und Behörden halten es für möglich, dass bei der Herstellung des UV-Filters DHHB der Weichmacher als Nebenprodukt entsteht und möglicherweise das Endprodukt belasten kann.

Allerdings gab das BfR Ende Februar eine erste Entwarnung bezüglich der gesundheitlichen Folgen: In der vorläufigen Einschätzung hieß es, dass es sehr unwahrscheinlich sei, dass es durch Sonnenschutzmittel, die einen potenziell mit DnHexP verunreinigten UV-Filter enthielten, zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen komme. DnHexP sei als Inhaltsstoff in kosmetischen Mitteln verboten, er könnte aber als Verunreinigung von Ausgangsstoffen in solche Produkte eingetragen werden. Mögliche Risiken seien zunächst eher zu hoch als zu niedrig eingeschätzt worden. Das NRW-Umweltministerium wie auch das Umweltbundesamt warnen Verbraucher davor, auf Sonnenschutzmittel zu verzichten.

Weichmacher können möglicherweise Fruchtbarkeit und ungeborene Kinder schädigen

Der nachgewiesene Weichmacher DnHexP zählt zu den sogenannten Phthalaten. Diese Stoffe wirken mit am stärksten auf das Hormonsystem des menschlichen Körpers. Tierversuche an Ratten haben gezeigt, dass die Substanz und auch sein Abbauprodukt MnHexP die männliche Fruchtbarkeit sowie ungeborene Kinder im Mutterleib schädigen können.

Der Weichmacher ist seit vielen Jahren in der EU stark beschränkt beziehungsweise verboten. Die EU-Behörden stuften DnHexP in die Kategorie der „besonders besorgniserregenden Stoffe“ (Substances of Very High Concern, SVHC) ein. Bei ihnen handelt es sich primär um Stoffe, die krebserzeugend, erbgutverändernd oder fortpflanzungsgefährdend sind. Seit 2019 darf der Stoff in der EU ohne Zulassung grundsätzlich nicht mehr verwendet werden. In der EU-Kosmetikverordnung ist die Substanz seit 2019 als „verbotener Stoff“ aufgeführt.

Diese Geschichte erschien zunächst bei der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung, die wie diese Redaktion zur FUNKE Mediengruppe gehört.

fmg