Essen. Einfach aufhören – viele Raucher versuchen das gar nicht. Dabei gibt es gute Gründe dafür. Wichtige Fragen auf dem Weg zum Verzicht.

Bilder kranker Lungen auf Zigarettenschachteln und steigende Preise (in Australien kostet ein Päckchen 20 Euro) – Raucher haben es immer schwerer, ihrem Laster zu frönen. Kein Wunder, dass ihre Zahl abnimmt. Dennoch raucht laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) ungefähr ein Drittel der Erwachsenen in Deutschland. Der Welt-Nichtrauchertag am 31. Mai hat diesmal zum Ziel, Tabakwerbung generell zu verbieten. Ob’s hilft? Ein Überblick über wichtige Fragen auf dem Weg zur letzten Kippe.

Leben alle gleich gefährlich, auch wenn sie nur wenige Zigaretten rauchen?

„Ich will zwar nicht abstreiten, dass weniger rauchen auch weniger gefährlich ist. Allerdings ist das die Ausrede, die es oft schwer macht, aufzuhören“, sagt Dr. Collin Blume, Internist, Hausarzt und Psychotherapeut aus Düsseldorf. Er bietet seit zwölf Jahren eine Verhaltenstherapie nach den Prinzipien des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) an, mit der man sich das Rauchen abgewöhnen kann. Blume führt die Risiken auf: Neben Lungen-, Brust- und Nierenkrebs sind dies Tumore der Bauchspeicheldrüse, ganz zu schweigen von dem gängigen hohen Blutdruck.

Der Grund: Die Lunge verteilt die Giftstoffe (fast 4800 verschiedene Substanzen laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung) im gesamten Körper. Fazit: Es gibt fast kein Organsystem, das nicht betroffen ist. Pfeife und Zigarre verursachen zwar weniger Lungenkrebs, dafür mehr Zungen-, Lippen- und Mundbodenkarzinome. Blume: „Ein zunehmendes Problem ist die Shisha – durch den kühlen, süßen Rauch, der tief inhaliert wird, wird die Wasserpfeife oft zum Einstieg für Jugendliche.“ Der Tabak wird bei niedrigen Temperaturen verschwelt. „Dabei entstehen aus dem zugesetzten Zucker und Sirup krebserzeugende und schleimhautreizende Stoffe“, warnt die BZgA. Zu den langfristigen Folgen von E-Zigaretten will sich das Bundesinstitut nicht äußern, da diese noch nicht so lange auf dem Markt seien. Doch schon nach einigen Zügen beobachte man schädliche Effekte wie ausgeprägte Einengungen der Atemwege.

Warum ist es so schwer, sich das Rauchen abzugewöhnen?

Es macht kurzzeitig glücklich – und diesen Effekt merkt sich das Gehirn fatalerweise. Internist Blume: „Nikotin wirkt direkt auf das Belohnungszen­trum in Gehirn ein, in welchem das Glückshormon Dopamin ausgeschüttet wird. Das bedeutet, man kann mithilfe einer Zigarette Müdigkeit bekämpfen, aber auch entspannen.“ Das Nervengift mildert zudem Hungergefühle, Angstgefühle, Stress, Unruhe und Aggressionen.

Wie findet man den individuellen richtigen Weg?

„Das Gehirn macht eine Rechnung auf: Was verliere ich und was gewinne ich?“, erklärt Collin Blume. Deshalb fällt die Entwöhnung nach seiner Erfahrung am leichtesten, wenn Vorteile immer wieder in den Vordergrund rücken. Zum Beispiel: Ich freue mich, besser zu riechen, eine bessere Gesundheit zu haben und meine Umgebung (bei Schwangeren: das werdende Kind) zu schützen. „Nikotinabhängigkeit ist vor allem eine psychische Sache, und wenn man zu seinem persönlichen Weg an gute Gründe glaubt, kann es auch funktionieren“, sagt der Internist.

Die Wege dahin sind zahl- und nicht immer erfolgreich: Akupunktur, Hypnose, Fußreflexzonenmassage oder Entspannungstechniken. Die beste Wirksamkeit wird von Krankenkassen wie der AOK verhaltensbezogenen Maßnahmen, teils kombiniert mit Medikamenten, zugeschrieben. Erfolge der kognitiven Verhaltenstherapie sind laut BZgA durch Studien belegt – dabei hilft ein Therapeut wie ein Coach beim Fußball, dass sich eine Gruppe zum Aufhören motiviert. Wichtig dabei: der Schlusspunkt. Collin Blume: „Das Rauchen langsam ,auszuschleichen‘ funktioniert nicht, man muss den Moment festlegen, an dem die letzte Zigarette geraucht wird.“

Können Kaugummis, Sprays oder Tabletten beim Durchalten helfen?

Nikotinpflaster, -kaugummis oder seit Kurzem auch Sprays versorgen den Körper mit dem puren Nikotin. Allerdings bleibt er von den größtenteils giftigen Zusatzstoffen der Zigarette verschont. Das Nikotin befriedigt die Sucht und macht es möglich, das Rauchen in klassischen Situationen zu vermeiden: beim Telefonieren, nach dem Essen, zum Glas Wein. Die Hoffnung dabei: Merkt der ehemalige Raucher, dass ein Tag ohne Zigaretten viel ungestörter abläuft, kann er die Nikotinzufuhr langsam geringer dosieren und seine Sucht so loswerden. Über einen Zeitraum von rund acht Wochen gelten die Nikotinprodukte als erfolgreich. Ändert man gleichzeitig sein Verhalten ganz bewusst, kann der Rauchstopp gelingen – das zeigen wissenschaftliche Studien.

Eine weitere Möglichkeit ist die „Antiraucherpille“ Champix. Experte Blume: „Das ist ein partieller Nikotinagonist. Das heißt, er blockiert im Gehirn die Andockstellen für das Nikotin, reizt diese aber auch etwas, sodass es keinen Spaß macht zu rauchen.“ Entscheidend ist es nach seiner Erfahrung, nach dem Absetzen der Versuchung zu widerstehen. Das gilt natürlich für alle Rauch-Stopp-Verfahren – allerdings hat man bei der Verhaltenstherapie die Möglichkeit, sich in der Gruppe gegenseitig zu unterstützen.

Kann man Krankheiten verhindern, wenn man nicht mehr raucht?

Ja, da sind sich alle Experten einig. Und die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung nennt Zahlen: Schon nach zwölf Stunden werden alle Organe wieder besser mit Sauerstoff versorgt, die körperliche Leistungsfähigkeit steigt.

Nach einigen Jahren Verzicht sinkt auch das Risiko für die meisten Krebsarten deutlich. Nach einer Dekade hat der Ex-Raucher laut dem Deutschen Krebsforschungszentrum nur noch ein halb so hohes Risiko für Lungenkrebs, als wenn er weitergeraucht hätte. Bis das Niveau eines Nichtrauchers erreicht ist, dauere es aber zwanzig bis dreißig Jahre. Aber schon nach einem Jahr sinkt das Risiko für eine Erkrankung von Herz und Gefäßen auf die Hälfte der Gefährdung eines Rauchenden. Collin Blume: „Das funktioniert auch noch mit 60 Jahren.“