Bio-Nahrungsmittel sind laut einer Studie nicht so gut wie viele dachten. Experten im Südwesten haben aber Zweifel an den Ergebnissen der US-Forscher.
Stuttgart. Bio-Lebensmittel sind nur wenig gesünder als konventionelles Essen? Mit großer Skepsis haben Experten im Südwesten auf eine überraschende Studie aus den USA reagiert. Angezweifelt werden nicht nur Definition und Methodik der Analyse, auch fehlten Untersuchungen zu Langzeitfolgen, hieß es. Die umfangreiche Auswertung von 223 Untersuchungen an der Universität Stanford hatte keine deutlichen Nachweise dafür gefunden, dass biologische Lebensmittel nährstoffreicher sind oder ein geringeres Gesundheitsrisiko bergen.
Im Stuttgarter Agrarministerium verwies man auf das jährliche Öko-Monitoring: „Dabei wurden auch tausende Proben auf Pestizid-Rückstände untersucht, mit dem Ergebnis, dass die Rückstände auf Öko-Lebensmitteln 180-fach niedriger sind“, sagte Sprecher Ulrich Arzberger. Neben der Frage nach Vitamin- und Proteingehalt geht es vielen Verbrauchern auch darum: Ist die Produktion nachhaltig und umweltfreundlich? Ist das Nahrungsmittel gentechnisch erzeugt? Enthält es Zusatzstoffe?
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„Wenn Sie zwei Gläser Milch haben, und den Verbraucher fragen: Welche Milch wollen Sie trinken, die konventionell erzeugte oder die Biomilch mit 100 mal weniger Rückständen von Pflanzenschutzmitteln - dann klärt sich vieles“, sagte der Agrarexperte des Naturschutzbundes Nabu, Matthias Strobl. Eine reine Konzentration auf die Inhaltsstoffe lasse vieles unter den Tisch fallen – etwa die Umweltbelastung. „Bio-Lebensmittel haben natürlich deutliche Vorteile für den Naturschutz und die Biodiversität.“
Hans Konrad Biesalski, Ernährungswissenschaftler an der Universität Hohenheim in Stuttgart, vertraut selbst auf Bioprodukte: „Ich kaufe Bioobst und -gemüse, wann immer ich es bekomme“, sagt er. „Bio ist vielleicht langfristig gesünder: wegen der Rückstände, wegen geringerer Umweltschäden, und weil wir mit Bioprodukten einen achtsameren Umgang mit Lebensmitteln lernen.“ Es stelle sich dann die Frage, wie man „gesund“ definiere. Die US-Analyse werfe viele Studien mit unterschiedlichen Ansätzen in einen Topf.
Auch Baden-Württembergs BUND-Geschäftsführer Berthold Frieß hat Zweifel an der Aussagekraft der US-Analyse: „Da alle Lebensmittel in einen Korb geworfen wurden, werden die Ergebnisse deutlich nivelliert“, betont Frieß. „Wir haben bei Probekäufen eindeutig Antibiotika-resistente Keime auf konventionell produziertem Hähnchenfleisch nachgewiesen. Solche Ergebnisse tauchen bei einer solchen Analyse gar nicht mehr auf.“
Der Geschäftsführer des Bioland-Verbandes Baden-Württemberg, Christian Eichert, verweist auf die Unvollständigkeit der analysierten Daten: „Bisher gibt es keine Studie, die kombinierte Effekte von Rückständen oder Multiresistenzen erforscht. Auch mögliche Langzeitfolgen sind hier noch nicht ausreichend untersucht.“
Für die im Fachblatt „Annals of Internal Medicine“ erschienene Analyse sichteten die Wissenschaftler tausende Studien und wählten
223 Untersuchungen aus, die entweder den Nährstoffgehalt oder die Belastung mit Bakterien, Pilzen oder Pestiziden verglichen. 17 Studien betrachteten außerdem Gruppen, die sich biologisch oder herkömmlich ernährten. (dpa)