Adipöse Menschen legen sich immer häufiger unters Messer, um ihr Gewicht in den Griff zu bekommen. Eingriffe mit Magenband & Co. erreichen Rekord.

Hamburg. Stark übergewichtige Menschen legen sich immer häufiger unters Messer, weil sie ihr Gewicht nicht unter Kontrolle bekommen. Die Zahl der Magenoperationen hat im vergangenen Jahr bei der DAK-Gesundheit einen neuen Höchststand erreicht, sagte ein Sprecher in Hamburg. "Seit 2008 stiegen die Eingriffe in der sogenannten Adipositas-Chirurgie um 60 Prozent an." Vor allem Frauen würden operiert.

Bundesweit wurden im Jahr 2011 bei der Kasse 647 Operationen mit Magenband, Magenballon oder Magenverkleinerung abgerechnet. 2008 waren es noch 406 Fälle. "Allein von 2010 auf 2011 gab es einen weiteren Anstieg um sieben Prozent, der sich auch in diesem Jahr fortsetzt", hieß es. Im ersten Quartal 2012 seien bereits 193 Eingriffe gemeldet worden. Die Gesamtkosten für die Behandlung der "XXL-Patienten" kletterten nach Angaben der Kasse von 2008 bis 2011 um 115 Prozent und liegen nun bei 4,4 Millionen Euro.

In Hamburg und Berlin lägen die Quoten der behandelten fettleibigen Patienten weit über dem Bundesdurchschnitt, berichtete der Sprecher – das gehe aus der Krankenhausstatistik hervor. Gründe dafür konnte er jedoch nicht nennen.

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"Die seit Jahren steigenden Zahlen von Operationen bei Patienten mit Adipositas sind ein deutliches Warnsignal", sagte Peter Rowohlt von der DAK-Gesundheit. "Es stellt sich die Frage, ob alle Betroffenen frühzeitig und umfassend über mögliche Alternativen und lebenslange Konsequenzen aufgeklärt wurden." So müssten Lebensstil und Ernährung nach dem Eingriff radikal umgestellt werden. Eine bessere Zusammenarbeit von Klinikärzten, Psychologen und Ernährungsberatern könnte viele OPs verhindern, glaubt Rowohlt.

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Bevor ein solcher Eingriff überhaupt in Frage kommt, müssten andere Methoden wie Ernährungs-, Bewegungs- oder Verhaltenstherapien gescheitert sein. Außerdem müssten die Patienten mehr als fünf Jahre lang einen Body Mass Index (BMI) über 40 haben. Der BMI setzt das Körpergewicht ins Verhältnis zur Körpergröße. "Bei einer 1,70 Meter großen Frau würde dies zum Beispiel ein Gewicht von 117 Kilogramm bedeuten." Bei chronischen Begleiterkrankungen wie Diabetes oder Wirbelsäulenbeschwerden kommt eine OP auch bei geringerem BMI in Betracht.

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In Deutschland bringen nach dem aktuellen Gesundheitssurvey für Erwachsene des Berliner Robert Koch-Instituts zwei Drittel der Männer und mehr als die Hälfte aller Frauen mit einem BMI von über 25 zu viele Kilos auf die Waage. Ein BMI von 25 gilt laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) als Grenze zum Übergewicht. Ein Viertel der Befragten ist mit einem BMI über 30 krankhaft fettleibig (adipös). Einige Wissenschaftler kritisieren den BMI allerdings als zu vereinfachend.