Der Missbrauch von Drogen wie Cannabis und Kokain ist rückläufig. Über das Internet werden zunehmend neue, synthetische Drogen verbreitet.

Berlin/Lissabon. Synthetische Drogen breiten sich in Europa aus. Im vergangenen Jahr seien 41 neue Substanzen auf dem Markt registriert worden, im Jahr zuvor seien es 24 gewesen, heißt es in dem am Dienstag in Berlin und Lissabon vorgestellten Bericht der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EBDD). Klassische Drogen wie Cannabis, Kokain oder Heroin befinden sich demgegenüber offenbar auf dem Rückmarsch.

Zu den synthetischen Drogen zählen auch die „Legal Highs“ - Substanzen, die von der Drogengesetzgebung noch nicht erfasst sind. Sie werden größtenteils über Online-Shops vertrieben. Bei deutschsprachigen Online-Angeboten stieß die EBDD auf 26, wie Tim Pfeiffer-Gerschel von der Beobachtungsstelle in Deutschland. (DBDD) sagte. Er sprach von einem Katz-und-Maus-Spiel: Werde ein Shop geschlossen, eröffne woanders der nächste. Identifizierten die Behörden eine Substanz, sei diese in der „Szene“ oft schon wieder out.

Als „Legal Highs“ werden zahlreiche synthetisch hergestellte oder aus Pflanzen gewonnene Substanzen, zum Beispiel als „Herbal Highs“, Badesalz oder Partypillen vertrieben. Sie wurden häufig eigens dazu entwickelt, bestehende Drogenkontrollen zu umgehen. Denn beispielsweise nach dem deutschen Betäubungsmittelgesetz muss jede molekulare Variante eines Wirkstoffes einzeln aufgenommen werden. Das kann bis zu einem Jahr dauern. Solange fallen die Substanzen lediglich unter das Arzneimittelgesetz.

Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Mechthild Dyckmans, sagte, man arbeite daran, Gruppen zusammenzustellen und diese komplett in das Gesetz aufzunehmen. Sie betonte, dass neue und unbekannte Substanzen manchmal schädlicher seien als bekannte Rauschmittel. Pfeiffer-Gerschel erklärte, im laufenden Jahr erwarte man, mehr als 41 neue Substanzen zu identifizieren.

Er wies darauf hin, dass die meisten Todesfälle im Zusammenhang mit illegalen Drogen immer noch auf auf Heroin zurückzuführen seien. Europaweit nähmen etwa 1,3 Millionen Menschen regelmäßig Opiate, in Deutschland gehe man von etwa 150.000 Opiat-Konsumenten aus. Von den 1.237 Drogentoten in der Bundesrepublik im Jahr 2010 stünden etwa 850 mit Heroin in Verbindung. Auf Europa bezogen – hier gab es 2010 rund 7.600 Todesopfer im Zusammenhang mit Rauschgift – seien die Zahlen ähnlich.

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Leicht rückläufig ist in der Bundesrepublik der Cannabis-Konsum zumindest bei Jugendlichen. Fünf Prozent der Zwölf- bis Siebzehnjährigen konsumierten einer Erhebung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zufolge in den vergangenen zwölf Monaten Cannabis. 2004 waren es noch 10,1 Prozent. Bei jungen Menschen im Alter zwischen 18 und 25 Jahren waren es in der aktuellen Befragung wie auch 2004 12,7 Prozent. „Cannabis ist keine ungefährliche Droge“, sagte Dyckmans.

Auch europaweit geht der Cannabis-Verbrauch zurück. Dennoch ist es immer noch die am meisten konsumierte Droge. Dem EBDD-Bericht zufolge hat jeder Fünfte EU-Bürger im Alter von 15 bis 64 Jahren schon einmal Cannabis probiert, davon neun Millionen im Monat vor der Befragung.

Einen Rückgang gibt es ebenfalls bei Kokain. Die Droge habe offenbar „ihren Höhepunkt in Europa überschritten“, sagte Pfeiffer-Gerschel. Erstmals sei auch in Ländern wie Spanien, Großbritannien oder Italien eine rückläufige Tendenz gemessen worden. Mögliche Gründe seien der hohe Preis der Droge – pro Gramm 50 bis 80 Euro – oder ein veränderter Lebensstil.