US-Wissenschaftler legen Studie über Angehörige von Demenzpatienten vor
Wer an einer Demenz leidet, braucht oft rund um die Uhr Betreuung - eine Aufgabe, die auch für die Pflegenden oft eine große Belastung ist. Jetzt haben US-Forscher der Utah State University in Logan festgestellt, dass Menschen, die einen an Alzheimer erkrankten Ehepartner pflegen, ein größeres Risiko haben, selbst eine solche Demenz zu erleiden. Möglicherweise sei erhöhter Stress ein Risikofaktor, berichten sie im "Journal of the American Geriatrics Society". Die Wissenschaftler hatten 1221 verheiratete Paare im Alter von 65 Jahren und älter über einen Zeitraum von 15 Jahren hinweg beobachtet. Diese lebten im ländlichen Norden des US-Bundesstaates Utah. Während dieser Zeit erkrankten 255 Menschen der Gruppe an Demenz.
Dabei zeigte sich: Wenn einer der Ehepartner Alzheimer oder ähnliche Demenzen bekam, war das Risiko des pflegenden Partners, ebenfalls dement zu werden, sechsfach höher. Bei der Analyse der Geschlechter zeigte sich, das Männer ein höheres Risiko tragen als Frauen. Männer mit einer dementen Partnerin hatten ein fast zwölfmal so hohes Demenzrisiko wie Männer, deren Partnerin keine Demenz hatte. Bei den Frauen mit dementen Partnern war das Risiko, selbst zu erkranken, um das Vierfache erhöht.
Einen dementen Menschen zu pflegen bedeute mehr Stress und persönlichen Verzicht als das Versorgen eines körperlich behinderten Patienten, erklärte Norton. Zudem sei es bereits eine schwere seelische Belastung, die Persönlichkeit des Lebenspartners schwinden zu sehen. Wie schmerzhaft ein solcher Verlust ist, beschreibt die Frau des Kulturhistorikers und Schriftstellers Walter Jens, Inge Jens, in ihrem Buch "Unvollständige Erinnerungen" (2009). Über die Krankheit ihres dementen Mannes heißt es unter anderem: "Ich sehe seinem Entschwinden zu."
"Der chronische und oft starke Stress, der mit der Pflege einhergeht, könnte ein substanzielles Risiko für die Entwicklung von Demenz beim Pflegenden sein", schreibt das US-Forscherteam in seiner Analyse. Denkbar sei aber auch ein Einfluss des gemeinsamen Umfeldes. Welche Rolle diese beiden Faktoren bei der Entstehung der Demenz spielen, müsse in weiteren Studien geklärt werden.
Bereits im vergangenen Jahr war eine schwedische Studie des Stockholmer Karolinska Instituts zu dem Schluss gekommen, dass Stress und äußere Lebensbedingungen das Demenzrisiko beeinflussen. Danach hatten sozial aktive, aber ruhige Menschen im Vergleich zu sozial isolierten und leicht zu stressenden Menschen ein um 50 Prozent verringertes Risiko, an einer Demenz zu erkranken. "Unsere Studienergebnisse legen nahe, dass eine ruhige und kontaktfreudige Persönlichkeit in Kombination mit einem sozial aktiven Leben das Risiko einer Erkrankung noch weiter senken kann", sagte Studienleiterin Hui-Xin Wang.
Einen weiteren Hinweis darauf, dass psychische Belastungen das Demenzrisiko erhöhen, liefert eine Studie der Universität in Seattle: Dort stellten Wissenschaftler fest, dass ältere Diabetiker, die unter Depressionen leiden, ein fast doppelt so hohes Demenzrisiko haben wie psychisch gesunde Diabetiker. Sie untersuchten knapp 4000 Diabetiker über fünf Jahre. 455 der Diabetiker hatten zu Beginn eine Depression. Von ihnen erkrankten 36 Patienten im Verlauf der Studie an einer Demenz, das sind 7,9 Prozent. Dagegen wurden nur 4,8 Prozent der Diabetiker ohne Depression demenzkrank.