Genblockaden in Muskelzellen können durch Bewegung gelöst werden. Deshalb sinkt durch Sport das Risiko für verschiedene Krankheiten.

Cambridge. Dass Sport gesund ist, hat sich mittlerweile rumgesprochen. Dass Bewegung aber sogar Genblockaden lösen kann, das haben Forscher erst jetzt heraus gefunden. Schon eine kurze Zeit Sport verändert unser Erbgut: Die intensive Bewegung löst blockierende Anlagerungen an der DNA der Muskelzellen. Dadurch können mehr Gene abgelesen werden als vorher, wie ein internationales Forscherteam bei Tests an 14 Frauen und Männern vor und nach dem Sport herausgefunden hat. Zwar halte der Effekt nicht dauerhaft an, er könne aber erklären, warum regelmäßiger Sport das Risiko für Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und andere Krankheiten senke, berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin „Cell Metabolism“.

Welche Gene unseres Erbguts in den einzelnen Zellen aktiv sind, hängt unter anderem davon ab, wo am DNA-Molekül blockierende Anhänge sitzen. Diese kleinen Kohlenwasserstoffgruppen versperren der Zellmaschinerie den Weg und verhindern so, dass das Gen abgelesen werden kann. Bisher nahmen Wissenschaftler an, dass das Muster dieser Anhänge in erwachsenen Zellen relativ stabil ist und kaum von kurzzeitigen Umwelteinflüssen verändert werden kann.

„Unser Ergebnis liefert nun Belege dafür, dass diese Muster im Genom weitaus veränderlicher sind als bisher angenommen“, schreiben Romain Barrés von der Universität Kopenhagen und seine Kollegen. Bereits eine kurze Phase intensiver Muskelbewegung reiche aus, um zahlreiche Genblockaden verschwinden zu lassen.

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Die Reaktion des Erbguts auf das Muskeltraining erfolgte überraschend schnell: Die Forscher hatten das Verschwinden einiger DNA-Anhänge schon in Muskelzellproben entdeckt, die den Versuchsteilnehmern sofort nach Ende des Trainings entnommen worden waren. Weitere Anhänge waren in der nächsten Probe verschwunden, drei Stunden nach Trainingsende.

„Unsere Muskeln passen sich an das an, was wir tun – und dies ist einer der Mechanismen, die dies möglich machen“, sagt Studienleiterin Juleen Zierath vom Karolinska Institutet im schwedischen Stockholm. Die Veränderungen an der DNA der Muskelzellen seien der erste Schritt in einer genetischen Umprogrammierung, die den Muskel stärker und ausdauernder mache. Das Sporttraining entfernte vor allem die DNA-Anhänge, die zuvor Gene des Stoffwechsels blockierten.

Interessanterweise habe man den gleichen Effekt beobachtet, wenn isolierte Muskelzellen in einer Petrischale mit Koffein in Berührung kamen, sagen die Forscher. „Offenbar imitiert das anregend wirkende Koffein den Effekt der sporttypischen Muskelkontraktionen“, vermutet Zierath. Das allerdings bedeute nicht, dass man zukünftig statt zu trainieren einfach nur eine Tasse Kaffee trinken müsse.

An der Studie nahmen 14 junge Frauen und Männer teil, die zwar absolut gesund, aber eher unsportlich waren. Ihnen entnahmen die Forscher jeweils eine kleine Zellprobe aus der Seite des Oberschenkelmuskels. Anschließend trainierten die Teilnehmer auf einem Fahrrad-Ergometer mit 80 Prozent Maximalleistung, bis sie 400 Kilokalorien verbrannt hatten – je nach Leistung dauert dies normalerweise zwischen einer halben und einer Stunde. Sofort nach Trainingsende sowie drei Stunden später entnahmen die Forscher dann erneut eine Muskelzellprobe.