Hamburg. Wer auf schnelles Wachstum hofft, sollte sich für Chinaschilf entscheiden. Die Pflanze ist pflegeleicht.
Meine Frau Anke ist eine praktisch denkende Frau. „Warum pflanzt du nicht einfach einen Mammutbaum? Den wolltest du doch immer schon“, fragte sie und deutete auf unsere kleine Remise. So nennen wir, etwas großspurig, ein Häuschen mit zwei kleinen Räumen, also Geräteschuppen und Mini-Werkstatt mit angeschlossener Garage. An der Süd-Ost-Seite hatte bis vor wenigen Wochen noch eine prächtige Linde gestanden - bis eine Gewitterbö sie fällte. Die Reste sind nun entsorgt und mit ihnen der Goldregen (Laburnum), den die Linde beim Sturz gleich mit unter sich begraben hatte. Wie auch zwei kleine Rhododendren.
Sieht schrecklich leer aus die Stelle. Furchtbar kahl bis auf den Feuerdorn, den ich als Hochstamm gezogen hatte. Jetzt habe ich ihm schon mal eine Kugelkrone geschnitten.
Pflanzpläne hatte ich schon viele. Praktisch jeden Tag einen neuen, alle wieder verworfen. Aber einen Mammutbaum? Als wir vor 20 Jahren mit der Anlage unseres kleinen Mühlenparks im Wendland begonnen hatten, war ich in Gartencentern immer wieder um einen Sequoiadendron giganteum geschlichen. In seiner Heimat Kalifornien werden die Riesen über 100 Meter hoch, in Europa etwa 50 – aber dafür brauchen sie Jahrhunderte. Ein etwa drei Meter hoher Mammutbaum hätte damals etwa 2000 Euro gekostet – und wäre heute kaum zehn Meter groß.
Bis der groß ist, bin ich vielleicht tot
„Bin ich Pop-Titan?“, hatte ich mich gefragt. Bin ich Dieter Bohlen, der sich vor etwa 30 Jahren zum Einzug in seine Villa einen Garten anlegen ließ, der so aussehen sollte, als ob es ihn schon zehn, zwanzig Jahre geben würde? Mein Ziel war, mit 50, dass unser Mühlenpark mit der Rente aussehen würde, als ob es ihn schon 20 oder 25 Jahre geben würde. Bohlen soll damals, dem Vernehmen nach, dafür gut 100.000 DM gezahlt haben. Nach heutiger Kaufkraft wäre das mindestens das Doppelte in Euro. Meine Linde hat 100 Mark gekostet – und war, als ich in Rente ging, schon zehn Meter hoch.
Also jetzt, mit 70, noch einmal einen Mammutbaum pflanzen. Nur zwei Meter groß kostet der gerne auch noch 1000 Euro. Weil er so langsam wächst. Bis der halbwegs groß ist, bin ich vielleicht längst tot. So was will Anke natürlich überhaupt nicht hören. „Denk an den wunderbaren Comic von Charles M. Schulz“, sagte sie, in dem Charlie Brown mit Snoopy am Ufer eines Flusses sitze. „Eines Tages werden wir alle sterben“, sagt Charly, und sein Hund erwidert: „Das ist wahr – aber an allen anderen Tagen tun wir das nicht.“
Miscanthus ist eine ausdauernde Pflanzenart
Der Hund hat recht – und ich will nicht klagen. Ich werde natürlich nicht erleben, dass alles, was ich noch pflanze, eines Tages richtig groß sein wird. Aber an allen anderen Tagen werde ich sie wachsen sehen. Sogar schnell wachsen sehen – wie etwa bestimmte Züchtungen von Chinaschilf, die bei uns auch unter dem Namen Elefantengras bekannt sind.
Miscanthus ist eine ausdauernde Pflanzenart aus der Familie der Süßgräser, die aus Asien stammt und es erst seit gut 100 Jahren in Europa gibt. Die schönsten Züchtungen stammen von Ernst Pagels (1913–2007), neben seinem Vorbild Karl Foerster (1874–1970) eine der Ikonen der deutschen Staudenzüchter. Es gibt Dutzende von Züchtungen – von Zwerg- bis Riesenformen. Manche Namen lesen sich wie die Inventarliste eines Zoos.
Das Chinaschilf „Giraffe“ (botanisch: Miscanthus sinensis „Giraffe“) wird bis zu 2,5 Meter hoch, bildet einen Horst von 100 bis 150 Zentimetern, breitet sich nicht unterirdisch aus und braucht daher keine Rhizomsperre. Es gibt die Sorten „Flamingo“, „Silberspinne“ und das Zebragras (Miscanthus sinensis „Zeberinus“) . Optisch besonders interessant durch seine gelblichen Querstreifen auf den Halmen.
Ich weiß noch nicht, für welche Züchtung ich mich entscheide. Hat auch noch Zeit, weil die beste Pflanzzeit für Chinaschilf das Frühjahr ist. Alle bevorzugen einen ausreichend großen Platz an der Sonne, damit sie im Herbst ihre schönen Ähren entwickeln können. Der Boden sollte durchlässig sein, weil Chinaschilf keine Staunässe mag. Feuchtigkeit schon, längere Trockenzeiten verträgt keine Sorte. Ansonsten sind sie pflegeleicht und winterhart. Im Frühjahr werden die meisten Sorten bodennah abgeschnitten. Bis zum Sommer wachsen sie dann wieder nach. Ihre volle Größe und Breite erreichen sie je nach Sorte zwischen zwei und fünf Jahren. Ich bin da eher skeptisch und lege ein, zwei Jahre drauf. Das ist wie bei den Werksgaben beim Benzinverbrauch, die quasi unter Laborbedingungen gemessen werden. Im Alltagsbetrieb ist das auch immer ein bisschen mehr. Weiß man doch.
Bis zum nächsten Wochenende, herzlichst Ihr Karl Günther Barth