Weihnachten mit dem NDR Chor und der NDR Bigband darf schon mal lauter sein
So mancher Mitmensch wird schon wieder die Zeit fürchten, in der an jedem freien Platz in der Stadt ein Weihnachtsmarkt aufgebaut ist. Hektoliterweise wird Punsch ausgeschenkt, dazu laufen als Hintergrundmusik CDs mit süßlich-verkitschten Weihnachtsliedern, gesungen von namenlosen Kinderchören.
Auch Bing Crosbys "(I'm Dreaming Of A) White Christmas" wird wieder tausendfach ertönen, doch den Rang des beliebtesten und meistgespielten Weihnachtsliedes hat der Amerikaner längst an George Michael und Andrew Ridgeley verloren. Die brachten im Dezember 1984 mit ihrem Duo Wham! den Song "Last Christmas" heraus, in dem es eigentlich gar nicht um Weihnachten geht, sondern um gebrochene Herzen. Doch die auf Druck der Plattenfirma hingeschluderte Nummer - Barry Manilow verklagte Wham! wegen zu großer Ähnlichkeit zu seinem Song "Can't Smile Without You" - verkauft sich immer noch und führt die Top Ten der Weihnachtsmarkt-Charts an.
Dass man mit Weihnachtsliedern auch anders umgehen kann, wollen die NDR Bigband und der NDR Chor unter der Leitung von Philipp Ahmann am 20. Dezember auf Kampnagel zeigen. "Take Two" heißt der Abend in Anspielung auf die berühmte Nummer "Take Five", die der Saxofonist Paul Desmond 1959 für das Dave Brubeck Quartet geschrieben hat und die zu einem Evergreen des Jazz geworden ist. Die mit "two" gemeinten Ensembles haben bereits 2001 zum ersten Mal erfolgreich miteinander musiziert. Damals führten sie Duke Ellingtons "Sacred Concerts" zusammen mit der Sängerin Etta Cameron als Solistin auf. Seitdem treten die NDR Bigband und der NDR Chor regelmäßig gemeinsam auf. Als nächstes gemeinsames Projekt werden die beiden Ensembles ein Programm für den Evangelischen Kirchentag erarbeiten, der 2013 in Hamburg stattfindet.
Für das diesjährige Weihnachtskonzert haben die Sänger und Musiker es sich alles andere als einfach gemacht. Es geht nicht darum, Gassenhauer aus den Weihnachtsgottesdiensten in ein Jazz-Arrangement zu verpacken. Der Komponist und Pianist Florian Ross hat weitgehend unbekannte englische Carols - die Bezeichnung für Weihnachtslieder im angelsächsischen Raum - für Chor und Bigband arrangiert. Außerdem hat Ross ein Werk nach einer Vorlage des britischen Komponisten und Shakespeare-Zeitgenossen William Byrd eingerichtet. Nicht nur die stilistische Bandbreite wird spannend zu erleben sein, sondern auch, wie sich volltönender Gesang, schmetternde Bläser und die im Jazz üblichen Improvisationen miteinander verbinden.
Doch auch die leisen Töne werden nicht fehlen, schließlich tritt der Chor auch a cappella in Erscheinung. Ohne Begleitung der NDR Bigband bringt er ein Stück des zeitgenössischen Komponisten John Tavener zu Gehör, zwei Werke von Benjamin Britten sowie ein weihnachtliches Stück nach dem Vorbild der amerikanischen Gospeltruppe Take 6. "Stille Nacht, heilige Nacht", das beliebteste Weihnachtslied in den Gottesdiensten zu Weihnachten, führen Bigband und Chor als ein Jazz-Arrangement auf.
Schon Bach hat sein Weihnachtsoratorium mit Pauken und Trompeten ausgestattet, Händel klotzte ebenso bei den "Hallelujah"-Chören in seinem "Messiah". Weihnachten ist schließlich ein Feiertag, da darf es schon mal laut und voluminös zugehen. Interessant wäre, wenn Bigband und Chor sich mit all ihrer Wucht und ihrer gestalterischen Kraft an einer Neufassung von "Last Christmas" versuchen würden. Vielleicht würde die sanft säuselnde Melodie von Wham! dann aus unseren Köpfen verschwinden.
Weihnachtskonzert 20.12., 20.00, Kampnagel. Karten zu 21,30 Karten unter T. 0180/178 79 80 (bundesweit zum Ortstarif, max. 42 Cent pro Minute aus Mobilfunknetzen) oder www.ndrticketshop.de