Der erste Eindruck bestätigt meine Erwartungen: Sein Blick ist eisig, als Reemtsma-Entführer Thomas Drach ins Gericht geführt wird. Ich denke noch: Der wird sich hüten, auch nur einen Ton zu sagen. Doch was dann folgt, ist Verbal-Amok - die bizarre Gerichtsshow eines Schwerverbrechers, von dem manche behaupten, er sei ein kriminelles Genie.
Mitte Oktober muss sich Drach, 2001 zu 14 Jahren Haft verurteilt, erneut vor Gericht verantworten, weil er versucht haben soll, über einen ehemaligen Knastkumpanen seinen Bruder Lutz zu erpressen. Drach glaubte offenbar, sein Bruder habe die 15, 3 Millionen Euro Lösegeld aus der Entführung durchgebracht. Vom Genialischen ist Drach indes so weit entfernt wie von einem Leben in Freiheit. Ich bin erstaunt und entsetzt, wie der Mann auftritt: wütend, unberechenbar, derbe. Er bedroht Gefängniswärter, er verhöhnt die Justiz - und behauptet, sein Bruder schulde ihm 30 Millionen Euro Schmerzensgeld. Am Ende hat Drach Glück, weil ihm eine Sicherungsverwahrung erspart bleibt. Und Pech, weil er weitere 15 Monate Haft verbüßen muss.