Serkan Kaya ist angehender Gleisbauer. Die Ausbildung wird gut bezahlt

Etwa 600 000 Menschen fahren jeden Tag mit der Hamburger U-Bahn. Dass sie dabei sicher fahren, liegt auch an Menschen wie Serkan Kaya. Sie sorgen dafür, dass die Gleise intakt und sicher sind.

Hätte Serkan Kaya seine Arbeitszeiten selbst bestimmen dürfen, dann hätte er lieber vergangene Nacht gearbeitet. Jetzt ist es acht am Morgen, und die Sonne strahlt am blauen Himmel über den U-Bahn-Gleisen am Berliner Tor - was in diesem Sommer nicht allzu oft vorgekommen ist. Bepackt mit allerlei Gerät, klettert der 21-Jährige zusammen mit seinen Kollegen aus der Kolonne das Gerüst neben den Schienen herunter. Serkan ist im dritten Jahr seiner Ausbildung zum Gleisbauer bei der Hamburger Hochbahn.

Heute wollen er und seine beiden Kollegen Hakan Dag, 30, und René Tim, 24, einen Teil der Schienen auswechseln. Der U-Bahn-Verkehr ist dafür ausgesetzt, Ersatzbusse bringen die Berufspendler an ihr Ziel, damit die Kolonne, der auch Ausbildungsmeister Hans Jürgen Schlage und Oberrottenführer Jörn Evers angehören, in Ruhe auf den Gleisen arbeiten kann.

Wenn die Schicht wie heute am frühen Morgen beginnt, dann versammeln sich zunächst alle um 6.45 Uhr in einer der zwei Abteilungen der Hamburger Hochbahn. Entweder an der Saarlandstraße - von dort aus werden alle Gleisanlagen im Westen Hamburgs betreut - oder an der Dehnheide. Dort laufen die Fäden für die Gleise in der anderen Hälfte der Stadt zusammen. "Hier steht die gesamte Ausrüstung, hier werden die Geräte gewartet und gesäubert und die Pläne für die Schicht gemacht", sagt Serkan. Dann fahren alle zur Baustelle.

Heute lösen Serkan und seine Kollegen zunächst mit einem sogenannten Trennjäger die Schrauben und Spannklemmen vom Gleis, bevor sie den Schotter entfernen und die Schiene schließlich zerschneiden. "Wir trennen immer je 15 Meter ab, und die werden dann mit einem Umsatzbock herausgehoben", sagt Serkan. Danach setzen sie die neue Schiene ein, füllen den Schotter wieder auf und ziehen die Schrauben und Spannklemmen fest.

"Natürlich macht man das nicht gleich am ersten Tag alles selbst, man tastet sich langsam heran an den Job", sagt Serkan. Im ersten Lehrjahr habe er fast nur Berufsschule gehabt und Tief- und Oberbau gelernt. Die Ausbildung ist sehr vielfältig: Serkan: "Unsere Ausbilder sagen immer, dass wir sogar unser eigenes Haus bauen könnten."

Dass die Kolonne wie heute tagsüber arbeitet, kommt selten vor. In der Regel beginnen die Männer um 22 Uhr und haben um halb sieben Feierabend. "Nachts ist Betriebspause, da fahren eben keine U-Bahnen, und nur dann kann man in Ruhe auf den Gleisen arbeiten", sagt Serkan. Sobald die letzte U-Bahn über die Gleise gerauscht ist, beginnt für ihn die Arbeit: Schrauben und Federringe an den Gleisen nachziehen, die Stromschienenanlagen warten - und die Stopfarbeiten. "Für die Gleisbauer in Hamburg geht es weniger um den Bau neuer Gleisanlagen als um Wartung, Instandhaltung und Kompletterneuerung", sagt Jörn Evers, der Oberrottenführer. So heißen im Gleisbau die Vorarbeiter.

Weil es wie auf jeder Baustelle schon mal laut werden kann, tragen Serkan und seine Kollegen in der Kolonne Gehörschutz. "Man gewöhnt sich an den Geräuschpegel", sagt Serkan, während auf dem Nachbargleis eine S-Bahn vorbeirauscht. Heute herrschen auf den Gleisen verhältnismäßig gute Bedingungen, aber das ist nicht immer so. Zum Beispiel gibt es nicht immer ein Gerüst, an dem die Kolonne einfach herunterklettern kann. Dann müssen die Gleisbauer nachts auch schon mal eine sechs oder sieben Meter hohe Böschung herunterklettern.

Vier Lehrlinge bildet die Hamburger Hochbahn in jedem Jahr aus, jeweils zwei pro Abteilung. Gefragt sind von denen vor allem Teamfähigkeit und ein guter Realschulabschluss. "Und man sollte schon anpacken können und kräftig sein, denn die Geräte sind nicht leicht", sagt Ausbildungsmeister Hans Jürgen Schlage. "Gleisbauer ist ein körperlich anstrengender Beruf."

Serkan Kaya, der nach seinem Realschulabschluss in Billstedt erst einmal gejobbt hat und gerne zum Krafttraining ins Fitnessstudio geht, wollte immer in einem großen Hamburger Unternehmen arbeiten, am liebsten im Hafen oder eben bei der Hochbahn. "Ich finde es gut, schon während der Ausbildung viel Geld zu verdienen", sagt Serkan. Und gut bezahlt ist die Ausbildung bei der Hamburger Hochbahn tatsächlich: 751 Euro verdient ein Auszubildender zum Gleisbauer im ersten Lehrjahr, 846 Euro sind es im dritten.

Auch Übernahme- und Aufstiegschancen sind gut: "Wer sich gut anstellt, kann davon ausgehen, dass er auch übernommen wird", sagt Ausbildungsmeister Schlage. Vom Facharbeiter steigt man auf der Karriereleiter erst zum Hilfsrottenführer, später zum Rottenführer auf, danach kann man eine Ausbildung zum Meister anschließen.

Mittlerweile ist es Mittag, die Sonne brennt vom Himmel, Serkan und seine Kollegen kommen langsam ins Schwitzen. Noch vier Stunden, dann ist es 16 Uhr und alle haben Feierabend. Und warum hätte Serkan Kaya nun trotzdem gerne in der Nacht gearbeitet? "Ganz einfach, dann hätte ich den ganzen Nachmittag frei und könnte das Wetter genießen", sagt er lachend. "Die vielen Nachtschichten sind eben der Vorteil an meinem Job."