Sie spielte in seinem Leben eine Hauptrolle: Altbürgermeister Henning Voscherau über Heidi Kabel
Unsere Heidi ist eingeschlafen. Alle wahren Hamburger Familien trauern um sie. Heidi Kabel war gelungen, was nur ganz Großen der Bühne gegeben ist: Ihr Publikum hatte sie ins Herz geschlossen - ein für allemal. Heidi Kabel war mehr als eine populäre Volksschauspielerin, sie war eine ganz natürliche große Menschendarstellerin. Wer ihr zuschaute und zuhörte, wusste: Sie ist eine von uns geblieben, der Ruhm ist ihr nicht zu Kopf gestiegen.
Im ganzen deutschen Sprachraum war Heidi Kabel Hamburg - klar, offen, spröde, verlässlich, herzlich, zugleich handfest und burschikos mit dem Herzen auf dem rechten Fleck. Immer durch und durch vernünftig. Nie wird es eine bessere Botschafterin unserer Hamburger Wesensart, unserer Kultur und unserer norddeutschen Sprache geben. Als ein Stück Hamburg ist Heidi Kabel unersetzlich. Aber die Trauer über ihren Tod geht über diese öffentliche Rolle weit hinaus. Sie ist ganz persönlich. Ihr Publikum liebte sie und wird Heidi Kabel nie vergessen. Mir wird sie ganz besonders fehlen.
An eine Zeit meines Lebens ohne Heidi Kabel kann ich mich gar nicht erinnern. Sie war schon immer da. Ihr Mann Hans Mahler und sie gratulierten meinen Eltern zu meiner Geburt. Kindheitserinnerungen an sie habe ich spätestens, seit ich fünf oder sechs war. Mit ihren Kindern Jan, Heiko und Heidi haben mein Vetter, mein Bruder und ich in den Ferien gespielt - unbeschwerte gemeinsame Erinnerungen beider Familien aus einer für unsere Eltern schweren Zeit. In den fast zehn Jahren meiner Bürgermeisterzeit waren Heidi Kabels Zuspruch, ihre öffentlichen Äußerungen und sogar gemeinsame Shanty-Auftritte unschätzbar für mich.
Alle Hamburger fühlten: Das ist echt, das kommt von Herzen, das tut sie nicht für den Politiker, sondern für den Menschen, dem sie vertraut, für Henning. Das Vertrauen einer solchen großen Frau überträgt sich. So hat sie mir das Amt, ein schönes, aber kein leichtes Amt, viele Jahre tragen helfen. Auch dafür werde ich ihr immer dankbar sein. Vor allem aber: Das Stück meines Lebens, in dem sie eine Hauptrolle spielte, bleibt in meinem Herzen.
Über 70 Jahre stand Heidi Kabel auf der Bühne. Zu ihrem 60. Bühnenjubiläum im Ohnsorg-Theater spielte sie "Manda Voss ward 106". Damals haben wir beide ausgerechnet, das wäre 2020. Nun ist der Vorhang schon in ihrem 96. Lebensjahr gefallen. Sie schaut ihrem Publikum von oben zu und denkt wohl gerade: gut so.
Sie ist jetzt erlöst. Slop god, Heidi.