Soziale Netzwerke helfen jungen Eltern, sich auf die Arbeit zu konzentrieren

Andreas Swensson gehört zu den fünf Prozent der rund zwei Millionen Studierenden in Deutschland, die sich im Studium nicht nur um Noten und Credit Points sorgen, sondern auch um das Wohlergehen des eigenen Nachwuchses. Der 25-jährige angehende Diplom-Ingenieur studiert an der TU Hamburg-Harburg und ist seit Oktober 2009 Vater eines Sohnes.

"Meine Frau und ich nehmen jeweils abwechselnd ein Urlaubssemester, sodass sich jeweils einer um das Kind kümmern kann", sagt Swensson. Möglich wird dies dadurch, dass Studierende in Urlaubssemestern statt BAföG Arbeitslosengeld II beantragen können. "Anders wäre dieses Betreuungsszenario für uns nicht zu finanzieren", sagt Swensson. Die Doppelbelastung von Familie und Studium meistert er bislang ohne Probleme. Er und seine Frau befinden sich beide in der Regelstudienzeit, und nebenbei bleibt auch noch Zeit für Gremienarbeit.

So hat Swensson vor Kurzem die Unieltern-AG ParentING zum Austausch von Studierenden mit Kind an der TU gegründet. Ob ihm hierfür auch Zeit bleiben würde, wenn er alleinerziehend wäre? - "Ich glaube nicht, als Alleinerziehender braucht man sehr viel Unterstützung, um überhaupt das Studium hier zu schaffen", sagt Swennson, "bei uns in der Unieltern AG gibt es derzeit auch keine Alleinerziehenden."

Mit sieben Prozent, so lauten die Angaben der 19. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerkes, ist die Zahl der Alleinerziehenden unter den Studierenden mit Kind auch verschwindend gering. Dennoch gibt es sie: Die 30-jährige Janke Reuschel zum Beispiel steht kurz vor ihrem Bachelorabschluss in Sozialökonomie an der Universität Hamburg. Nebenbei ist sie nicht nur Mutter einer vierjährigen Tochter, sondern auch noch studentische Hilfskraft am Institut für Friedensforschung.

Dementsprechend straff organisiert ist ihr Tag. "Ich bin eigentlich den ganzen Tag nur am organisieren", gibt Reuschel zu. "So schließt zum Beispiel die Kita, in die ich meine Tochter gebe, bereits um 16 Uhr. Ich muss aber bis 17 Uhr arbeiten. Deshalb muss ich jeden Tag jemanden finden, der meine Tochter abholt." Eine Viertelstunde länger auf der Arbeit zu bleiben werde somit oftmals schon zu einem Problem für die junge Frau.

Entsprechend ihrer besonderen Situation sollten Alleinerziehende sich bei der Jobsuche auch nur auf solche Stellen bewerben, bei denen in der Arbeitszeit ein ausreichendes Betreuungsangebot zur Verfügung steht. "Bei längeren Arbeitszeiten, Schichtdiensten und Wochenendarbeit ist es schwerer, Betreuungsangebote zu finden, die entsprechend flexibel sind und auch besondere Arbeitszeiten, etwa in der Gastronomie, abdecken", sagt Karin Istel von In Via Hamburg, einem Fachverband der Caritas. Dieser hat sich darauf spezialisiert, junge Menschen und Erwachsene in besonderen Situationen auf ihrem Weg in die berufliche und persönliche Selbstständigkeit zu unterstützen.

Helfen kann außerdem ein gut funktionierendes und gepflegtes soziales Netzwerk, empfiehlt Istel. So könnten Freunde oder Verwandte von Zeit zu Zeit einspringen und auf den Nachwuchs aufpassen oder zum Beispiel Einkäufe erledigen. "Das ersetzt zwar keine Partnerschaft, erleichtert den Betroffenen aber den Alltag", sagt Istel. Janke Reuschel wechselt sich zum Beispiel bei der Betreuung ihrer Tochter mit einer Freundin ab.

Zu den Betreuungspersonen sollten die Betroffenen dabei vollkommenes Vertrauen haben. "Das Kind jemandem zu überlassen ist schließlich ein großer Schritt. Der Arbeitgeber merkt aber sofort, wenn man gedanklich nicht bei der Sache ist", sagt Gudula Lerchbaumer. Die Betriebswirtin ist alleinerziehende Mutter und moderiert im Internet-Businessportal Xing eine Gruppe, in der sich berufstätige Alleinerziehende über Sorgen und Probleme austauschen.

Des Weiteren sollten Alleinerziehende bei der Jobsuche auch eine erhöhte Frustrationstoleranz aufweisen. "Ich habe sehr viele Absagen bekommen, weil die Arbeitgeber Bedenken hatten, dass ich zeitlich nicht flexibel genug bin", sagt Reuschel. Gleichzeitig kann die Lebenssituation aber auch ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber anderen Bewerbern sein, mit dem man bei der Jobsuche punkten kann. "Schließlich stellen Alleinerziehende jeden Tag Organisationstalent und Verantwortungsbewusstsein sowie ein hohes Maß an Belastbarkeit unter Beweis. Das sind alles Soft-Skills, die für Arbeitgeber wichtig sind", sagt Karin Istel.

"Das hängt natürlich aber auch vom Personaler ab, dem man beim Vorstellungsgespräch gegenübersitzt", gibt Swensson zu Bedenken. "Ich würde aber auf keinen Fall verschweigen, dass ich alleinerziehend bin", sagt Reuschel, "so weiß der Arbeitgeber von Anfang an, worauf er sich einlässt, und ich kann im Zweifel vielleicht sogar mit mehr Entgegenkommen rechnen."