Der NDR-Mann denkt gern an die Zeit zurück. Er machte das Foto des Jahres und musste eine Nacht im Rathaus bleiben.

Norderstedt. Die Themen, erinnert sich Carlo von Tiedemann, lagen damals nicht gerade auf der Straße. Es war schon ein hartes Stück Arbeit, eine Zeitung zu füllen. Aber der beliebte TV- und Radiomoderator war ein findiger Lokalreporter: Carl-Ferdinand von Tiedemann war ein Pionier der Norderstedter Zeitung. Er gehörte von 1969 bis 1971 zur ersten Redaktionstruppe der Regionalausgabe des Hamburger Abendblattes. "An diese Zeit denke ich immer noch gerne zurück", sagt die NDR-Ikone mit der markant-nonchalanten Stimme.

Der Redaktionsalltag 1969 begann mit frischen und noch warmen Brötchen, die jeden Morgen aus der Bäckerei direkt nebenan geholt wurden. Die erste Redaktion der Norderstedter Zeitung war im Herzen Garstedts, an der Ochsenzoller Straße, angesiedelt. Aber zweimal in der Woche eine vier- oder sechsseitige Ausgabe zu füllen, war für die fünf Redakteure keine Kleinigkeit, erinnert sich Carlo von Tiedemann, der zuvor beim Axel Springer Verlag eine Ausbildung als Verlagskaufmann absolviert und bei der Zeitung in Cuxhaven als Volontär das Journalistenhandwerk gelernt hatte. "Eines Tages hat uns der Chefredakteur nach Norderstedt abkommandiert, wo wir die Zeitung aus dem Boden stampfen sollten."

Carlo und seine Kollegen machten sich mit Elan an die Arbeit, knüpften Kontakte und "rissen" Geschichten auf. Dabei gelang dem heute 65 Jahre alten Reporter das "Foto des Jahres": Er hatte zufällig die Kamera im Anschlag, als es auf der Baustelle es Herold-Centers eine Explosion gab (siehe Seite 10). "Es sah schlimmer aus, als es tatsächlich war, aber das Foto war sensationell", erinnert er sich. Das Bild sei dann von fast allen großen Zeitungen in Deutschland abgedruckt worden, von Tiedemann stand als Fotograf darunter.

Das Verhältnis zum ersten Norderstedter Bürgermeister Horst Embacher empfand Carlo von Tiedemann als beinahe familiär. Dieser enge Kontakt führte dann auch dazu, dass es bei Pressekonferenzen gelegentlich auch mal einen Schnaps gab. Besonders "feucht" muss es nach einer Pressekonferenz kurz nach Gründung der Stadt Norderstedt zugegangen sein. Carlo von Tiedemann - und vermutlich einige andere Teilnehmer der Konferenz - waren irgendwann nicht mehr ganz Herr ihrer Sinne. Im Überschwang der Feierlaune verließen Journalisten, Politiker und Beamte das Rathaus am Harksheider Markt, vergaßen aber einen aus ihrer Mitte: Carlo wurde im Rathaus eingeschlossen und saß dort eine ganze Nacht lang wie eine Maus in der Falle. "Ich bin eingeschlafen und irgendwann nachts aufgewacht, als alles abgeschlossen war." Erst die Putzfrau befreite ihn aus seiner misslichen Lage. Damals war das natürlich eine peinliche Geschichte, die sich nicht bis zur Chefredaktion herumsprechen durfte, aber heute erzählt Carlo von Tiedemann gerne aus diesem Teil seines Journalistenlebens.

Von der Norderstedter Zeitung ging es zum NDR, wo er durch eine Reportage über das Verkehrsstudio aufgefallen war. Sein Cousin Heinrich von Tiedemann war dort als Zeitfunkchef bereits ein bekannter Mann. Zu seinen einstigen Kollegen bei der Norderstedter Zeitung hielt er noch über Jahre Kontakt, aber von den alten Artikeln besitzt er heute keinen einzigen mehr. "Dafür war ich nie der Typ." In Norderstedt hält sich Carlo von Tiedemann auch heute noch oft auf: Am Glashütter Markt besucht er regelmäßig ein Fitness-Studio.