Keine neuen E-Mobile, dafür feiern Plug-in-Hybride auf der Pariser Autoshow ihren Durchbruch. Vor allem deutsche Hersteller geben mit Strom Gas
Frankreichs Hauptstadt im goldenen Oktober, an der Seine ist Cabriowetter. Wer den Pariser Autosalon besuchen will, braucht erst einmal Geduld und gute Nerven. Dicht an dicht schieben sich Blechkolonnen meterweise vorwärts, dazwischen wuseln Motorroller. Oft herrscht minutenlang Stillstand. Dauerhupen und Motorenlärm eifern mit der Sirene eines eingekeilten Rettungswagens um die akustische Vorherrschaft. Die Musik der Millionenmetropole ist garniert mit dem Duft ihrer Rückstände. Nur ganz selten ist da ein Elektroauto zwischen Stoßstangen gefangen. In den Messehallen am Porte de Versailles ist das nicht anders. Das reine E-Auto ohne Unterstützung eines klassischen Verbrennungsmotors macht eine Denkpause, auf den Ständen ist nichts wirklich Neues zu sehen.
Natürlich drehen sich die Tesla- Boliden, BMW i3, der Renault Zoe und andere wohlbekannte Exemplare dieser stromernden Exemplare im Scheinwerferlicht. Die Bühne gehört dagegen den Hybridmodellen, vor allem denen mit dem Zusatz Plug-in. Deren Batterien können auch an der Steckdose wieder aufgeladen werden können. Da die Akkus recht potent sich, kann je nach Modell bis zu 50 Kilometer weit rein elektrisch gefahren werden, bevor der Benzinmotor wieder an die Arbeit muss. Ausgerechnet die deutschen Hersteller, jahrelang als „schläfrig“ gescholten, geben jetzt in Paris den Ton an. Daimler-Chef Dieter Zetsche kündigt eine „Plug-in-Offensive“ an, sein VW-Kollege Martin Winterkorn stößt ins gleiche Horn. Plug-in wird in Paris vor allem auf gut Deutsch buchstabiert.
So nutzte Volkswagen die Weltpremiere des Passat, um den GTE gleich mit zu präsentieren. Wie schon beim kleineren Golf wird ein 1,4-Liter-Benziner mit einem Elektromotor kombiniert, die zusammen 218 PS leisten. 50Kilometer rein elektrisches Fahren sind möglich. Der Normverbrauch sinkt auf unter zwei Liter auf 100 Kilometer, der CO2-Ausstoß auf 45 Gramm. Den Preis des immerhin bis zu 220 km/h schnellen Öko-Passat will VW erst beim Marktstart im nächsten Jahr nennen. Ein Schnäppchen wird er sicher nicht.
Das gilt schon gar nicht für ein ähnliches Modell aus dem VW-Konzern. Porsches Cayenne S E-Hybrid gibt sich beim E-Motor mit nur 70 kW/95 PS bescheiden, koppelt ihn aber mit einem 245 kW/333 PS starken Dreiliter-Benziner mit Kompressor. Spitze 243 km/h, theoretischer Normverbrauch 3,4 Liter auf 100 Kilometer. Aber: Blitzsauberes, rein elektrisches Fahren ist bald vorbei – je nach Fahrweise bei 18 bis 26 Kilometern, dann steigt der Durst des Edel-SUV wieder in übliche Porsche-Regionen. Preis: 82.087 Euro.
Die Technik ist schon aus der Limousine Panamera bekannt. Bei beiden Modellen soll trotz der neuen Technik der Spaß an Leistung im Übermaß nicht zu kurz kommen. Und die wenig praxisgerechte EU-Verbrauchsnorm spielt den Ingenieuren mit Traumwerten in die Karten. Spätestens wenn die Stadtgrenze erreicht ist, ist es vorbei mit der einstelligen Pracht. Die vielen Pferde verlangen ihr explosives Futter.
Stippvisite auf dem Mercedes-Areal, hier steht die Plug-in-Variante der S-Klasse im Mittelpunkt. Wie beim Cayenne steckt ein Dreiliter-Sechszylinder (245 kW/333 PS) unter der Haube. Sein elektrisches Pendant kommt auf 116 PS. Gut 30 Kilometer weit rollt der Riese mit dem Stern ohne Abgase. Dann muss der Akku entweder am Stromnetz oder vom Benzinmotor wieder mit Kraft versorgt werden. Normverbrauch: 2,8 Liter auf 100 Kilometer – natürlich in der Praxis nicht erreichbar, aber bei verhaltener Fahrweise kann diese S-Klasse durchaus mit Mittelklasse-Verbrauch bewegt werden. Zehn Modelle mit Stecker sollen dem Flaggschiff folgen: C- und E-Klasse sind die nächsten Pfeile im Köcher. Später folgen dann die SUV.
Ein hochbeiniges SUV wird auch der erste BMW (nach dem sportlichen i8) mit Plug-in-Hybrid sein. Der so gerüstete X5 kommt im nächsten Jahr, hat eine Gesamtleistung von 400 PS, soll nach Norm 3,8 Liter auf 100 Kilometer verbrauchen und ebenfalls gut 30Kilometer weit elektrisch fahren können. Auch die Münchner wollen nach und nach andere Modelle mit Stecker anbieten.
In der SUV-Gilde haben auch Schweden und Japaner Neues zu bieten. Der Volvo XC 90 Plug-in vertraut auf einen 236 kW/320 PS starken Benziner an der Vorderachse, der sich mit einem E-Motor (59 kW/80 PS) an der Hinterachse den Antrieb teilt. 2,7 Liter auf 100 Kilometer stehen im Datenblatt, 76.705 Euro in der Preisliste. Mitsubishi platziert drei Herzen auf zwei Achsen. Der Outlander PHEV setzt auf moderate 89 kW/121 Benzin-PS und zwei Elektrotriebwerke mit jeweils 60kW/82 PS am Heck. Die abgasfreie Reichweite liegt bei etwa 50 Kilometern. Das Besondere: Der Verbrennermotor ist in erster Linie für das Aufladen des Akku zuständig, das aber auch an der Steckdose möglich ist.
Eine Paris-Neuheit soll nicht unterschlagen werden: Auch die Audi-Tochter Lamborghini kann mit einem Plug-in-Hybrid aufwarten: Ein 5,2-Liter-Zehnzylinder ergänzt sich mit zwei E-Motoren auf gewaltige 910 PS, rennt 320 km/h und soll 4,1 Liter/100 Kilometer konsumieren. Serienstart 2017, der Preis ist ebenso unbekannt wie der tatsächliche Durst des Allradlers.