Stichtag ist der 30. November: Bis dahin müssen sich Autofahrer entscheiden, ob sie ihre Kfz-Versicherung behalten oder wechseln wollen.
Henstedt-Ulzburg/Leipzig. Zu Beginn dieses Jahres haben erste Autoversicherer die neue Rabattstaffel eingeführt. 2013 dürften fast alle Unternehmen nachziehen. Bei der neuen Staffelung sinkt die obere Prämiengrenze teilweise deutlich. Außerdem ist für langjähriges unfallfreies Fahren nicht mehr wie bisher bei einem Beitragssatz von 30 Prozent Schluss. Wer davon profitieren möchte, muss seine bestehende Kfz-Versicherung bis zum 30. November kündigen.
„Das Rad wird nicht neu erfunden: Die Leistungen bleiben etwa gleich, einige Beitragssätze ändern sich, nur Führerscheinneulinge haben Vorteile“, fasst Bianka Bobell die im nächsten Jahr zu erwartenden Änderungen zusammen. In der Tendenz gebe es keine Beitragsminimierung, sondern eher eine leichte Steigerung, stellt die Beraterin beim Bund der Versicherten fest.
Andrea Heyer von der Verbraucherzentrale Sachsen rät, sich von der neuen Rabattstaffel nicht blenden zu lassen: „Zum Beispiel bedeuten halbierte Prozentsätze nicht gleich eine halbierte Prämie. Außerdem können sich auch die Bedingungen geändert haben, zum Beispiel bezogen auf den sogenannten Rabattretter. Wenn der bei einem Versicherungswechsel entfällt, kann das im Falle eines Unfalls zusätzliche Prämien in Höhe von mehreren hundert Euro bedeuten.“
Dass die Regelung, nach der sich Versicherte nach 25 Jahren unfallfreier Fahrt einen Crash ohne Auswirkungen auf die Prämienhöhe leisten konnten, in Zukunft wohl bei allen Versicherungen wegfalle, nennt Bobell „sehr bedauerlich“. Deshalb sei manchen Autofahrern auch von einem Wechsel abzuraten: „Das Vertragswerk bei Abschluss gilt weiter“, der Rabattretter kann also gerettet werden. Wenn jemand allerdings beim gleichen Unternehmen etwa von Voll- auf Teilkasko wechsle, gelte das gesamte neue Vertragswerk.
„Wenn man vergleicht, wird man immer jemand finden, der ein paar Euro billiger ist“, stellt Katrin Rüter de Escobar fest. Das Verhalten einer Versicherung im Schadensfall sei aber mindestens ebenso wichtig, betont die Expertin vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft. Sie rät, bei Freunden, Kollegen und Bekannten nachzufragen, die schon Unfälle hatten. „Das Wichtigste ist doch, dass alles schnell, einfach und zu meiner Zufriedenheit abgewickelt wird. Denn was Autofahren wirklich teuer macht, ist bestimmt nicht die Versicherung“, verteidigt Rüter ihre Branche. Benzin und Wartung schlügen viel stärker zu Buche. Und auch wenn die Versicherungstarife leicht gestiegen seien, lägen sie immer noch auf dem Niveau der 80er Jahre.
Auch Bobell warnt davor, sich nur an der Prämie zu orientieren: „Billig kann auch bedeuten, nach einem Unfall den ein oder anderen Schaden selber zahlen zu müssen.“ So komme es im ländlichen Raum häufiger zu Unfällen mit Tieren. „Bei manchen Anbietern sind aber nur Zusammenstöße mit Haarwild, aber nicht mit einem Hund versichert“, erläutert die Beraterin. „Und wenn ein Marder am Kabel knabbert und das Auto später einen Motorschaden hat, wird das teuer.“
Wie viel Geld sich durch den Kfz-Versicherungswechsel wirklich sparen lässt, ist unter den Experten strittig: Werbungen, die Einsparungen bis zu 500 Euro versprächen, bezeichnet Rüter de Escobar als „totalen Quatsch“. Da werde mit Extrembeispielen der teuersten Autos in den teuersten Regionen gearbeitet. „Normalerweise spart man niedrige zweistellige Beträge, nicht mehr.“
Dieser Einschätzung widerspricht Andrea Heyer von der Verbraucherzentrale Sachsen. „Wer sich schon viele Jahre nicht um seine Kfz-Versicherung gekümmert hat, hat vermutlich ein hohes Einsparpotenzial im dreistelligen Bereich. Langjährige Bestandskunden sollten aktiv werden und sich nach günstigeren Tarifen umschauen, denn sie werden von den Versicherern in der Regel ’vergessen’.“ Auch Fahranfänger, die noch mit hohen Prämien belastet werden, und Fahrer, die einen Unfall hatten, sollten in den nächsten Wochen Vergleichsangebote einholen, rät die Referatsleiterin Finanzdienstleistungen.
Wem das Studieren von Tabellen und Angeboten zu viel wird, für den hat Heyer noch einen nicht ganz uneigennützigen Rat: „Wir empfehlen einen individuellen, anbieterunabhängigen Vergleich, der die Versicherungsbedingungen berücksichtigt und anhand dessen gesehen werden kann, wie viel Euro Einsparung möglich sind“, sagt sie. „Einige Verbraucherzentralen bieten einen solchen Vergleich in Kooperation mit der Stiftung Warentest an, bei uns in Sachsen kostet er 16 Euro.“