BMW führt neue Assistenzsysteme ein, die mehr über die Straße wissen als der Fahrer und ihn unterstützen
Gerhard Kurz weiß, was Autokäufer frustriert: "Wenn der vom Unternehmen richtig ermittelte Durchschnittsverbrauch im ganz normalen Fahrbetrieb nicht erreicht wird, dann ärgert sich der Fahrer natürlich." Der Leiter Efficient Dynamics bei BMW weiß aber auch, dass er an den Normen für alle Hersteller nicht viel ändern kann. Diese Verbrauchswerte, etwa der Drittelmix, werden auf genormten Testständen erfahren - und das ohne Kurven, Kreisverkehr, plötzlich auftauchende Fußgänger oder Tempolimits hinter einer Kuppe. Zudem fahren die Autos auf den Testständen so, wie sich das der typische Motoren- oder Getriebeentwickler wünscht. Immer im richtigen Gang, sensibel mit dem Gasfuß und weit vorausschauend. Also anders als der zuweilen gestresste Fahrer.
Mehr Effizienz bei gleichbleibender oder besserer Dynamik - das ist die Aufgabe von zwei neuen Assistenzsystemen: der Eco-Pro-Modus und das vorausschauende Getriebe. Wir sind beide Assistenten bereits gefahren. Der Siebener-BMW wird Eco-Pro noch in diesem Jahr bekommen, das Getriebe folgt dann 2013.
Im Eco-Pro-Betrieb holt sich das System über das Navigationsgerät ständig Informationen über den weiteren Verlauf der Strecke und schaut dabei bis zu zwei Kilometer weit voraus: auch hinter Kurven oder Kuppen. So kann der Assistent dem Fahrer über eine blaue Anzeige im Tacho rechtzeitig Aufforderungen wie diese schicken: "Fuß vom Gas nehmen, Tempolimit voraus." Hält sich der Lenker daran, gleitet er mit der Restgeschwindigkeit in Richtung des entsprechenden Straßenschildes und erreicht die vorgeschriebene Geschwindigkeit zum exakt richtigen Zeitpunkt.
Der Verbrauch bis dahin ist annähernd null. Und im Hybriden lädt auf einer Bergabstrecke sogar die Batterie wieder. Das funktioniert in der Praxis gut, wenn der Fahrer das Symbol mit dem kleinen blauen Fuß auf dem Gaspedal denn beachtet, sobald es auf der Anzeige zu sehen ist. Besser wäre es, die Anzeige würde auffälliger sein, wie beispielsweise der Eco-Modus bei Honda, wo ein grünes Laufband um den Tacho aufblendet. Und ideal wäre es, wenn die Anzeige im Head-Up-Display über der Motorhaube schweben würde. Der Fahrer soll ja gerade vorausschauend sparen.
Ein direkter Spareingriff übrigens ist bei BMW bisher nicht geplant. Technisch wäre es aber kein Problem, dem Fahrer dann Sparsamkeit aufzuzwingen, wenn sparsames Dahinsegeln besser ist. Doch das widerspricht der BMW-Philosophie vom aktiven Fahrer. Abwarten, welcher andere Hersteller so einen aktiven Spareingriff als Erster bringt. Ein bisschen Diktatur führen die Münchner dagegen beim zweiten Sparassistenten ein: Das vorausschauende Achtgang-Getriebe wird künftig abhängig vom gewählten Fahrmodus - ökonomisch, komfortabel oder sportlich - ebenfalls die Strecke vor dem Fahrer beobachten.
Und anders als Eco-Pro greift der Getriebeassistent direkt dementsprechend in den Schaltvorgang ein. Sieht er also eine scharfe Kurve voraus, dann schaltet der Assistent frühzeitig herunter, hält den Gang in der Kurve, schaltet effizient wieder hoch. Im Fahrbetrieb begeistert das.
Beim Sportprogramm schaltet der ZF-Automat so knackig und frühzeitig herunter, wie der Fahrer das wohl nur auf seiner Hausstrecke ähnlich exakt könnte. Im Eco-Modus kuppelt das Fahrzeug oft von selbst für verblüffend lange Zeit aus und "segelt in eine Kurve hinein", wie Entwickler Jürgen Fernsemer das zutreffend beschreibt. Bis zu 25 Prozent Treibstoff lässt sich laut BMW mit den aufpreisfreien Assistenzsystemen sparen. Nur ein Schwachpunkt bleibt noch: Wenn sich der Fahrer nicht an die Eco-Empfehlungen hält und sich von PS und Drehmoment zum klassischen Heizen über die Landstraße verleiten lässt, dann wird aus "Dynamics" wohl auch künftig nicht "efficient".