Mit Blick auf die Spritpreise werben Tüftler und Firmen auch für unkonventionelle Mittel, die den Verbrauch senken sollen. Aber helfen sie auch?
Losheim am See/Bielefeld. Ohrkerzen und Wünschelruten - für sein Wohlbefinden setzt der Mensch oft auf unkonventionelle Methoden. Warum sollte das am Steuer anders sein? Um den Benzinverbrauch zu senken, funktioniert das Prinzip Hoffnung offenbar prima. Man ist zu Experimenten bereit. Jedenfalls finden sich in Fachzeitschriften, im Internet und in Regalen des Zubehörhandels auch andersartige Produkte, die den Verbrauch senken und die Leistung erhöhen sollen.
„Einige Ansätze lassen sich tatsächlich wissenschaftlich erklären und herleiten“, sagt Thomas Schuster von der Sachverständigenorganisation KÜS in Losheim am See. Er mahnt allerdings zur Skepsis: „Wenn solche Maßnahmen ohne Risiken und Nebenwirkungen durchgängig einen positiven Effekt hätten, wären sie wahrscheinlich längst ab Werk eingebaut.“
Besonders populär ist das Chiptuning der Motorelektronik, das laut Schuster auf dem Ausnutzen mechanischer und thermischer Reserven im Antrieb beruht. Viele Tuner beherrschen die Methode und geben Anschlussgarantien. „Aber es gibt auch schwarze Schafe.“ Manchmal müsse mit einer Verschlechterung der Abgaswerte, mehr Spritdurst und auch schweren Motorschäden gerechnet werden.
Stickstoff statt Luft im Reifen ist ein anderer Winkelzug: Mancher Servicebetrieb verspricht dadurch mehr Fahrkomfort und weniger Spritdurst. Für Aufpreise im niedrigen zweistelligen Euro-Bereich soll das Gas für einen beständigen Druck bei unterschiedlichen Temperaturen sorgen, weil Stickstoff sich bei Wärme nicht so sehr ausdehnt. Außerdem soll das Reifengas die Federung verbessern und das Abrollgeräusch mindern. Durch den geringen Abrollwiderstand sinke auch der Verbrauch. Tester des ADAC in München geben darauf allerdings wenig. Die bei Flugzeugen und Spezialfahrzeugen sinnvolle Lösung bringe dem Autofahrer bei den im Pkw üblichen Reifendrücken keinen nennenswerten Vorteil, so die Experten.
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Mehr Wirkungsgrad verspricht die Firma Kamann-Autosport aus Bielefeld durch ihren Powerbooster: Das mindestens 219 Euro teure Gerät wird vor dem Luftfilterkasten oder dem Luftmengenmesser montiert und verdichtet die Ansaugluft des Motors. Es lässt sich nach Angaben des Unternehmens bei fast allen Autos montieren. Durch mehr Luft im Motor werde die Verbrennung optimiert, die Leistung steige. Je nach Leistungsstufe bis zu 15 kW/20 PS im unteren und mittleren Drehzahlbereich seien möglich, sagt Firmenchef Christian Kamann. Mit diesem Trick gehöre das gefürchtete Turboloch von aufgeladenen Motoren der Vergangenheit an – das Drehmoment werde schlicht früher aufgebaut. Zugleich soll der Verbrauch um bis zu zehn Prozent sinken.
KÜS-Experte Schuster sieht bei solchen Systemen eine nicht unerhebliche Hürde: Eine Leistungssteigerung durch einen elektronisch geregelten Lader sei grundsätzlich zwar möglich. Jedoch benötige man für eine Veränderung in diesem Bereich immer eine Teilegenehmigung. Werden ungeprüfte Teile verwendet, muss der Fahrzeugumbau von einem Sachverständigen abgenommen werden – was Zusatzkosten verursacht.
Weit verbreitet sind auch Additive für Kraftstoffe und Motoröle. Die gibt es nicht nur an der Tankstelle in besonders teuren Treibstoffsorten wie Shell V-Power oder Aral Ultimate. Man kann sie auch separat kaufen. Zum Beispiel bei der Firma Mathy in Soltau. Dort gibt es verschiedene Zusätze für Benzin und Diesel, die das Kraftstoffsystem des Fahrzeugs reinigen, Ablagerungen abbauen und so Verschleiß vorbeugen und Effizienz erhöhen sollen.
Nach demselben Prinzip hat das Unternehmen einen Zusatz für das Motoröl entwickelt, das ebenfalls dem Verschleiß vorbeugen und den Motor reinigen soll. Dieses Produkt sei eine Art Anti-Aging-Programm für den Motor, erläutert der Vertriebsmanager Olaf Dobrowolski. Es bringe die ursprüngliche Effizienz des Antriebs zurück und ermögliche einen harmonischeren Lauf. Auch Vertragswerkstätten haben schon auf die Mathy-Additive zurückgegriffen – pro Anwendung zu 15 bis 50 Euro.
Zur Verbrauchssenkung taugen solche Zusätze laut KÜS-Experte Schuster aber nicht: „Eine wirkliche Verbesserung in den angepriesenen Bereichen konnte in unabhängigen Tests bisher noch nicht nachgewiesen werden.“ Handelsübliche Qualitätsöle seien deshalb völlig ausreichend.
Direkt beim Kraftstoff setzt die Firma MagnaFuel aus Königsbrunn an. Das Unternehmen verkauft über seine Internetseite für 51 Euro plus Versand zwei Magneten, die an die Kraftstoffleitung geknipst werden können. Sie sollen den Sprit magnetisch ionisieren und die Molekülstrukturen besser sortieren. So werde die Verbrennung optimiert, es gebe weniger Ablagerungen im Motor, die Emissionen gingen zurück, der Verbrauch sinke. Um wie viel? MagnaFuel macht hierzu keine genauen Angaben.
Solche Werte anzugeben, könnte auch schwierig werden, meint KÜS-Experte Schuster: „Eine Verbrauchsersparnis ist bei solchen Systemen weder messbar, berechenbar noch technisch erklärbar“, sagt der Fachmann. Wer genau hinsieht, entdeckt auch einen bedeutungsschwangeren Hinweis auf der MagnaFuel-Internetseite: „Die Aussagen sind nicht wissenschaftlich gesichert und die Wirkungen nicht in jedem Anwendungsfall zu erwarten.“
Vorsicht mit Zulassung und Garantie
Vermeintliche Zaubermittel können nicht nur unnütz Geld kosten, warnt Thomas Schuster von der Sachverständigenvereinigung KÜS in Losheim am See. „Sondern man muss bei Kauf und Einbau immer auch auf die Zulassung und die Garantie achten.“ Wer Zubehör einbaut, das keinen Segen der Zulassungsbehörden hat, riskiert sein Prüfsiegel. Und wer gegen die Vorgaben des Herstellers verstößt oder Wartungsintervalle verpasst, bleibt in einem Schadensfall unter Umständen auf seinen Kosten sitzen.