Berlin. Nicht nur Säuglinge sollten gegen Pneumokokken geimpft sein. Eine Expertin erklärt, warum ein neues Vakzin jetzt noch besser schützt.

Erkrankungen durch Pneumokokken gehören zu den häufigsten bakteriellen Atemwegsinfekten weltweit. Oft lösen die Erreger eine Lungenentzündung aus. „Auch in Deutschland gibt es viele Krankenhauseinweisungen und Todesfälle“ erklärt das Robert Koch-Institut (RKI). Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt deshalb Säuglingen, Menschen über 60, Vorerkrankten und Immungeschwächten eine Impfung. Seit September verspricht ein neues Vakzin einen noch besseren Schutz.

„Neben Lungenentzündungen können Pneumokokken vor allem bei Kindern auch Erkrankungen wie Mittelohrentzündung oder Meningitis verursachen oder bei Übertritt in den Blutstrom eine Sepsis“, sagt Prof. Susanne Herold, Lungen- und Infektionsforscherin am Universitätsklinikum Gießen und Marburg. Bei zwei bis zehn Prozent der mit einer lokalen Infektion ins Krankenhaus eingewiesenen Menschen verläuft diese tödlich, bei Sepsis sind die Raten höher. Bei etwa 15 Prozent kommt es laut RKI zu bleibenden Schäden. Besonders Babys und Kleinkinder sind gefährdet, aber auch Menschen über 60. „Ab 60 steigt das Risiko pro Lebensdekade signifikant an“, sagt Susanne Herold.

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Nach Angaben des RKI müssen im Schnitt etwa 5500 Menschen pro Jahr in Deutschland mit einem schweren Verlauf der Infektion im Krankenhaus behandelt werden. Aus Daten des Statistischen Bundesamtes geht hervor, dass von 2010 bis 2021 durchschnittlich 130 Personen jährlich an einer durch Pneumokokken verursachten Lungen-, Hirnhautentzündung oder Sepsis gestorben sind. „Die meisten Verstorbenen waren über 60 Jahre alt“, so das RKI.

Lungenentzündungen: Impfempfehlung auch für bestimmte Berufsgruppen

Pneumokokken können durch Tröpfchen in der Luft von Mensch zu Mensch übertragen werden. Oft sind die Erreger bereits in der Mund- und Rachenschleimhaut vorhanden, ohne dass sie eine Krankheit verursachen oder Symptome hervorrufen. „Man spricht dann von Kolonisation“, sagt Herold. In bestimmten Situationen, beispielsweise bei einem geschwächten Immunsystem, könne die Kolonisation dann eine Infektion auslösen.

Die Stiko empfiehlt eine Impfung von Babys ab einem Alter von zwei bis elf Monaten, von Menschen über 60, Personen mit chronischen Herz-, Kreislauf- oder Lungenerkrankungen, mit bestimmten neurologischen Krankheiten, von Diabetikerinnen und Diabetikern sowie Menschen mit schwachem oder unterdrücktem Immunsystem. Auch Männer und Frauen mit beruflichen Tätigkeiten wie Schweißen und Trennen von Metallen, die mit Metall- und Schweißrauchen in Kontakt kommen, sollten geimpft sein.

Seit September empfiehlt die Stiko für den Standardschutz der Über-60-Jährigen sowie für Menschen über 18 mit Grunderkrankung oder Berufsrisiko einen neuen

Nachfrage nach Corona-Impfung in dieser Impfsaison noch zögerlich
Impfstoff

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    Babys und Kleinkinder unter zwei Jahren hingegen sollten laut Stiko weiterhin ausschließlich mit den älteren Totimpfstoffen PCV10, PCV13 oder PCV15 geimpft werden, mit drei Einzeldosen im Alter von zwei, vier und elf bis 14 Monaten. Für Frühgeborene wird eine zusätzlich Impfdosis im dritten Lebensmonat empfohlen.

    Dass die Krankheitslast in Deutschland trotz des von den Krankenkassen bezahIten Impfprogramms gegen Pneumokokken hoch bleibt, wie das RKI berichtet, dürfte vor allem damit zusammenhängen, dass die Angebote wenig genutzt werden - vor allem von älteren Menschen. Für 2022 lag die Impfquote der 60- bis 74-Jährigen laut RKI deutschlandweit bei nur 23,3 Prozent.

    „Man kann durch eine Impfung die Schwere der Erkrankung wirklich sehr, sehr gut reduzieren“, sagt Susanne Herold. Der neue Impfstoff sei den alten in verschiedener Hinsicht überleben. „Man weiß, dass durch PCV 20 die Antikörper-Antwort besser ist und länger andauert als nach einer Impfung mit dem Polysaccharid-Impfstoff PPSV 23. Der Immunschutz fällt also stärker aus“, so Herold. Wichtig auch: „Mit der Impfung kann auch die Kolonisation der Schleimhaut und damit auch die Weitergabe der Erreger an andere verhindert werden.“

    Impfung: Auffrischung erst nach einigen Jahren

    Im Vergleich zu dem für Über-60-Jahre ebenfalls empfohlenen Corona- und Grippe-Schutz hat die Pneumokokken-Impfung den Vorteil eines länger anhaltenden Schutzes. Personen, die in der Vergangenheit bereits geimpft worden sind, brauchen nicht etwa jährlich, sondern erst nach sechs Jahren eine Auffrischung, dann ebenfalls mit dem neuen Vakzin PCV 20. Bei einem ausgeprägten Immundefekt könne die Auffrischung laut Stiko bereits im Mindestabstand von einem Jahr erfolgen.

    Für gesunde Kinder, die bereits als Baby eine Grundimmunisierung erhalten haben, wird eine Wiederholungsimpfung nicht empfohlen. Nach dem Alter von zwei bis zu einem Alter von 60 Jahren sei das Risiko für einen schweren Verlauf sehr gering.