Berlin. Warum werden wir im Winter so oft krank? Forschende liefern nun erstmals eine detaillierte Antwort: Das Problem liegt in der Nase.
- Warum erkrankt man im Winter schneller an Grippe oder an einer Erkältung?
- Was machen niedrigere Temperaturen und kalte Luft mit unseren Abwehrkräften?
- Eine Studie erklärt, was im Körper passiert
Mit den kalten Temperaturen beginnt für viele auch die Viren- und Erkältungszeit. Warum wir im Winter allerdings anfälliger für Corona, Influenza und Co. sind, konnte lange niemand konkret beantworten. Bis jetzt.
Forschenden der Universität Boston im US-amerikanischen Bundesstaat Massachusetts ist im Juni 2022 ein sogenannter "wissenschaftlicher Durchbruch" gelungen: Erstmals gibt es eine Erklärung dafür, dass wir im Winter so oft krank und verschnupft sind.
Atemwegserkrankungen wie Erkältungen, die Grippe oder eben Covid-19 sind das ganze Jahr über unterwegs. Warum aber scheint in der kalten Jahreszeit fast jede Person früher oder später krank zu werden? Die Antwort liegt mitten in unserem Gesicht.
Grippe & Erkältung: Warum werden wir im Winter krank?
Denn bei niedrigen Temperaturen baut die Abwehr in der Nase ab: Das Forschungsteam fand in einer Studie heraus, dass schon bei Temperaturen um fünf Grad Celsius in den Nasenlöchern fast die Hälfte der darin enthaltenen Abwehrzellen abstirbt. Auf den Nasenschleimhäuten sitzen die wichtigen IgA-Antikörper, die Viren und Bakterien schon vor dem Eintritt in den Körper abwehren sollen.
"Kalte Luft führt zu einer höheren Viren-Infektionsrate, weil mit einer kleinen Veränderung der Temperaturen ungefähr die Hälfte der Immunabwehr stirbt", erklärt Benjamin Bleier, Rhinologe und Co-Autor der Studie.
Doch um den Effekt der kalten Luft vollständig zu verstehen, muss man sich die Funktionsweise der Nasenabwehr genauer anschauen: Gelangt ein Virus oder eine Bakterie in die Nase, reagiert die vordere Partie der Nasenlöcher als Erstes – noch vor dem hinteren Teil des Organs. Die Zellen in der Nase bilden dann Millionen kleiner Membranen, die bei der Abwehr unterstützen: die extrazellulären Vesikel (EV).
Krank im Winter: Warum die Nase wie ein Hornissennest arbeitet
"Die EVs können sich nicht wie die Zellen teilen, sondern sind wie Mini-Versionen der Zellen, die nur dafür da sind, die Viren zu killen", erklärt Bleier. Inhaliert eine Person ein Virus, haftet das Virus nicht an den normalen Zellen, sondern an den Zellkopien, also den EVs. Die schwemmen das Virus dann aus dem Körper hinaus: Die Nase läuft.
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"Dieser Teil des Immunsystems funktioniert im Gegensatz zu allen anderen Teilen erst außerhalb des Körpers", so Bleier. Er vergleicht den Prozess mit einem Hornissennest: Bedroht ein Eindringling das Nest, reagiert sofort der ganze Schwarm, um ihn draußen zu halten. Nur: Genau wie Hornissen kommen die EVs nicht besonders gut mit niedrigen Temperaturen klar.
In der Studie mit vier Teilnehmenden stellte sich heraus, dass der EV-Gehalt in deren Nasen bei Kälte um 42 Prozent sank. Die Details des Experiments veröffentlichte das Forschungsteam am Dienstag gemeinsam mit der Studie im "Journal of Allergy and Clinical Immunology".
Erkältungszeit: So schützen Sie sich vor Krankheiten im Winter
Wenn Kälte zu einer verminderten Abwehr führt, müssten höhere Temperaturen also folglich davor schützen, im Winter übermäßig krank zu werden. Tatsächlich kamen auch Bleier und sein Team auf diese Idee. Nur: Eine Socke auf der Nase muss es dann doch nicht gleich sein.
Die Pandemie habe uns genau das richtige Werkzeug für dieses Problem gegeben, erklärt Bleier: "Masken helfen nicht nur dabei, die Viren abzuhalten, sondern wirken auch wie ein Pulli für die Nase", so der Rhinologe. Das Gesicht braucht im Winter eben auch etwas mehr Zuneigung als gewöhnlich.