Berlin. Mehr Bildschirmfläche, Ladetempo und Bruchsicherheit - sonst bleibt vieles beim Alten. Die neue Apple Watch Series 7 im Praxistest.
Ein größerer Bildschirm, widerstandsfähiger gegen Staub und Stürze und ein flotteres Tempo beim Aufladen: Das sind die nennenswerten Neuerungen der Apple Watch Series 7, die ab diesem Freitag in den Handel kommt. Damit hat Apple seiner hauseigenen Smartwatch in diesem Jahr neben neuen Farben und weiteren kleinen Anpassungen eher eine minimale Auffrischungskur spendiert.
Dafür bleibt der Einstiegspreis der smarten Uhr stabil. Was hat sich getan im Vergleich zum letztjährigen Modell, was hat der iPhone-Konzern im Ersteindruck gut umgesetzt und was enttäuscht? Das verrät unser Schnelltest nach knapp zwei Tagen mit der Apple Watch Series 7 in der Praxis.
Apple Watch Series 7 im Schnelltest: Was hat sich getan?
An drei Stellschrauben will Apple nach eigener Aussage in diesem Jahr besonders gedreht haben: Das Display der Apple Watch soll größer und heller ausfallen. Staub, Schläge oder Stürze sollen der Uhr noch weniger anhaben können. Und der Akku - die Achillesferse der meisten Smartwaches - ist zwar der gleiche wie im Vorgänger, soll aber deutlich schneller wieder laden, wenn der Akku zur Neige geht.
Preislich geht es wie im Vorjahr ab 429 Euro los, wenn man sich die Begleituhr zum iPhone zulegen oder von einem älteren Modell auf die Series 7 umsteigen möchte. Welchen Mehrwert bringen die Neuerungen wirklich und rechtfertigt der Preis einen Kauf oder Umstieg?
Zwei Dinge fallen als erstes ins Auge, wenn man die Series 7 auspackt und den Vorgänger kennt: Das Gehäuse des Einstiegsmodells ist zwar weiterhin aus Aluminium (Modellvarianten aus Edelstahl oder Titan kosten mehrere Hundert Euro Aufpreis). Aber der Rahmen besitzt jetzt eine Metalloptik. Das Testmodell in „Mitternachtsblau“ - ein sehr dunkles Blau mit Hang zu Schwarz - schimmert leicht. Das sieht bei den anderen vier verfügbaren Farbvarianten des Basisgeräts (Grün, „Polarstern“-Weiß, Rot und Blau) auf Bildern noch auffälliger aus. Die drehbare Krone und der Knopf an der Seite sind geblieben.
Watch 7 mit mehr Bildschirm und schnellerem Ladetempo
Die zweite Auffälligkeit ist die minimal gewachsene Anzeige. 45 statt zuvor 44 Millimeter misst das größere der beiden Series-7-Modelle. Wer dünnere Handgelenke hat oder es lieber mag, kann auch zum kleineren Modell greifen, das ist von 40 auf 41 Millimeter gewachsen. Der Grund: Apple will der Watch nun mehr Bildschirmfläche einräumen - und das sieht man.
Das abgerundete Display ist zum Vorgänger nochmals dezent stärker gerundet, vor allem aber laut Hersteller 20 Prozent größer. So bekommen Inhalte wie Ziffernblätter, Apps oder Fotos nun mehr Platz und gehen sichtbar bis an den Rand, der wiederum etwas dünner ist. Das fällt besonders im Vergleich zur älteren Modellen wie der Watch Series 3 (50 Prozent mehr Bildschirmfläche) auf.
Die angenehme Folge: Auf Ziffernblättern und in Menüs sind mehr Elemente, Symbole und Textzeilen gleichzeitig zu sehen. Das Navigieren per App mit größerem Kartenausschnitt ist komfortabler. Knopf-Schaltflächen wie im Taschenrechner oder Wecker lassen sich auch mit breiteren Fingern leichter treffen. Auf Nachrichten lässt es sich leichter antworten.
Den Platz nutzt Apple zudem, um für alle möglichen Eingabefelder wie in Chat-Apps erstmals eine vollwertige Tastatur anzubieten. Dort tippt man auf einzelne Tasten oder wischt per „Swype“-Funktion von Buchstabe zu Buchstabe. Oder man tippt auf Wortvorschläge, was geht noch schneller. Wichtig: Zum Testzeitpunkt gab es die Tastatur noch nicht deutscher Sprachversion, die könnte noch folgen. Die Spracheingabe über das Mikrofon der Uhr klappte weiterhin hervorragend.
Exklusiv für die Series 7 stellt Apple zwei frische Ziffernblätter zur Verfügung, die eigens für das nun größere Display kreiert wurden: Kontur und Modular Duo. Einige Ziffernblätter des Vorgängers nutzen den Platz ebenso besser aus. Das bietet mehr Abwechslung für die Anzeige, die nun auch heller ausfällt. Das betrifft allerdings nur Innenräume, wo der Bildschirm laut Hersteller bis zu 70 Prozent heller strahlen soll. Und zwar dann, wenn man das Handgelenk unten hat und bei gedimmter Anzeige nur mal aus dem Augenwinkel die Uhrzeit prüfen will. Draußen ändert sich die Spitzenhelligkeit nicht, bei Tageslicht lässt sich die Series 7 aber genauso gut ablesen wie der Vorgänger.
Series 7 hält bei Sport und Außeneinsätzen mehr aus
Stichwort draußen: Trägt man die Apple Watch gern beim Sport, Wandern oder am Strand, ist die Uhr schnell mal Steinchen, Staub oder Stößen ausgesetzt. Daher hat Apple die Watch Series 7 nach eigenen Angaben jetzt noch widerstandsfähiger gebaut. Sie ist als erste der Serie offiziell nach IP6X staubgeschützt und weiterhin nach WR50 gerüstet gegen eindringendes Wasser.
Heißt: Am Strand und beim Schwimmen im Süßwasser oder Pool kann man die Uhr guten Gewissens tragen - bei Regen und unter der Dusche sowieso. Zum Schutz gegen Stöße und Kratzer wurde das Deckglas bruchsicherer entwickelt und ist nach innen auch etwas dicker, was man nicht sieht.
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Für die dritte Neuerung, das flottere Ladetempo, legt der Hersteller seiner Uhr nun ein neues Ladekabel zum induktiven Laden in die Schachtel. Das hat am anderen Ende der magnetischen Ladeschale nun neu einen USB-C-Stecker, der bald für alle Geräte EU-weit kommen könnte. Unabhängig vom Netzstecker, der erneut nicht beiliegt, lädt der Akku nun etwa um ein Drittel schneller. Im Praxistest füllte sich der Akku in 53 Minuten von 25 auf 100 Prozent wieder auf. Apple will so ermöglichen, dass Besitzerinnen und Besitzer vor dem Schlafengehen den Akku nochmal mit nur 8 Minuten laden für 8 Stunden Schlafaufzeichnung befüllen können. Das ist realistisch, wie der Schnelltest zeigte.
Vergleich mit Vorgänger: Bei der Watch Series 7 bleibt vieles beim Alten
Das war es dann aber auch mit nennenswerten Neuerungen. Vieles wurde gar nicht angefasst, darunter bekannte Schwachstellen:
Der unveränderte Akku hält weiterhin bei normaler Nutzung höchstens einen Tag. Bei intensiver Nutzung und längeren Sporteinheiten mit eingeschaltetem GPS sogar nur bis zum Abend - hier herrscht Luft nach oben. Mit Stromspar-Einstellungen und reduzierter Nutzung lässt sich die Laufzeit natürlich verlängern. Die Bedienung ist durchgehend flüssig, doch der Prozessorchip gleicht praktisch dem im Vorgänger.
Verzichtet hat Apple auch auf zusätzliche Sensoren für die Messung von Bewegungen oder Gesundheitswerten. Die Möglichkeiten bei der Schlafüberwachung sind weiterhin nicht ganz so umfangreich im Vergleich zur Android-Konkurrenz. Alle sonstigen Messungen wie die Blutsauerstoffsättigung, EKG oder optische Herzfrequenzmessung wurden vom Vorgänger übernommen.
Streckenaufzeichnung per GPS und Pulsmessung am Handgelenk funktionieren genauso tadellos wie beim Vorgänger. Bei einem längeren Testlauf im Freien lieferte die Series 7 nahezu deckungsgleiche Werte wie ein parallel getragenes GPS-Modell eines großen Laufuhr-Spezialisten. Im Oktober soll zudem Apples neuer Abo-Dienst Fitness+ auch in Deutschland starten, der die Watch-Modelle (auch die Vorgänger) für Hobbysportler attraktiv machen will. Gerüchten zufolge soll Apple wie auch einige Android-Hersteller bereits sinnvolle Sensoren wie die zur Blutzuckermessung planen, aber noch nicht für ausgereift halten.
Wünschenswert wären zudem mehr angepasste Apps bekannter Drittanbieter: Twitter, Instagram oder Whatsapp etwa sucht man auf der Apple Watch als vollwertige Anwendung weiter vergeblich. Schlussendlich ist auch der jetzige Designschritt hin zum minimal größeren Display lobenswert, fällt aber auf den ersten Blick nur Kennern auf und im Alltag kaum ins Gewicht.
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Fazit: Für wen lohnt sich die Apple Watch Series 7?
Die drei wichtigsten Neuerungen der Apple Watch Series 7 sind für sich genommen eher kleine Fortschritte. Viele dürften mehr erwartet haben, Spielraum wäre vorhanden. Dafür ist der Preis nicht gestiegen. Die gerade veröffentlichte neue Oberfläche WatchOS 8 bringt zwar eine ganze Reihe sinnvoller Funktionen auf die Uhr. Aber in den Genuss des Updates kommen ebenso Besitzer der Vorgängergeräte.
Diese haben unterm Strich auch wenig Grund zum Umstieg. Dennoch: iPhone-Besitzer und -besitzerinnen (nur sie können die Uhr nutzen), die bereit sind, mindestens 430 Euro für die Begleituhr auszugeben, bekommen erneut eine hervorragende Smartwatch, die zudem robust genug für sportliche Aktivitäten drinnen und draußen ist.
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Tipp: Wer auf ein paar Funktionen und Sensoren verzichten kann, der kann für weniger Geld zur Apple Watch SE aus dem Vorjahr (ab rund 300 Euro) oder zur älteren Series Watch 3 (ab rund 220 Euro) greifen. Beide behält Apple im Sortiment. Bei anderen Händlern findet man mit etwas Ersparnis auch noch die direkten Vorgänger Series 6 und 5. Die sind immer noch ein toller Kompromiss - angesichts der nur geringen Neuerungen.
Stärken
- sehr hell
- sehr flüssige Bedienung
- Ladetempo erhöht
- Schutz gegen Staub, Wasser und Schläge
- Einstiegspreis stabil
- bisherige Armbänder weiter verwendbar
Schwächen
- Design weitgehend unverändert
- keine neuen Gesundheits- und Bewegungssensoren
- Prozessor-Chip gleich schnell
- mehreren beliebten Apps fehlt eine angepasste Version
- Inhalte ganz am Rand können reflektieren
Apple Watch Series 7: Farben, Preise und Verfügbarkeit
- Einsteigermodell in 5 Aluminium-Farben: Mitternacht (Blau-Schwarz), Polarstern (Creme-Weiß), Grün, Blau, Product Red (Rot)
- Preise: ab 429 Euro (41 mm, Wi-Fi-Version Aluminium-Gehäuse) / 45 mm-Version ab 459 Euro
- Ab sofort im Handel erhältlich