Berlin. Wenn der Nachwuchs online teure Waren bestellt oder In-App-Käufe tätigt, kann es teuer werden. Doch müssen Eltern das am Ende zahlen?

Spiele, Musik oder Videos aus dem Netz können Kinder – und deren Eltern – viel Geld kosten. Für sogenannte In-App-Käufe, die vermeintliche Gratisspiele spannender und erfolgversprechender machen, haben junge Leute schon vierstellige Euro-Beträge ausgegeben. Da ist gut zu wissen: Die Eltern können der Bezahlung in vielen Fällen widersprechen – wegen der Minderjährigkeit der Kinder.

Laut Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) sind Kinder bis zum vollendeten siebten Lebensjahr „geschäftsunfähig“ und danach, zwischen 7 und 17 Jahren, nur „beschränkt geschäftsfähig“. Das bedeutet: Verträge mit ihnen werden in der Regel erst dann wirksam, wenn sie die vorherige Einwilligung oder nachträgliche Genehmigung der Eltern haben. Das gilt unabhängig davon, ob die jungen Surfer mit dem eigenen Smartphone, dem der Eltern oder etwa einem Familien-Tablet im Internet bestellen.

Online-Käufe: ohne Genehmigung, keine Zahlungspflicht

„Genehmigen die Eltern den Online-Kauf nicht, trifft sie grundsätzlich auch keine Zahlungspflicht“, sagt daher Julia Rehberg von der Verbraucherzentrale Hamburg. Mit dem Risiko, kein Geld für ihre Onlinedienste zu bekommen, müssten Unternehmen leben, die ihr Angebot vorwiegend an Minderjährige richten, so die Juristin.

Aber Vorsicht: Im Einzelfall können die Eltern doch auf Schwierigkeiten stoßen, wenn sie die Bestellung der Kinder nicht bezahlen oder bereits abgebuchtes Geld zurückfordern möchten.

Wann Eltern doch zahlen müssen

Einwand Taschengeld: Häufig verweisen die Anbieter auf den sogenannten Taschengeld-Paragrafen (§ 110 BGB). Demnach dürfen auch Minderjährige ausnahmsweise Verträge abschließen – aber nur unter einer Bedingung: „Die Eltern haben dem Kind das Geld zur freien Verfügung gegeben, es handelt sich um eine kleinere Summe und die Leistung wird sofort bewirkt“, erklärt der auf IT-Recht spezialisierte Anwalt Christian Solmecke.

Beispiele: Erwirbt das Kind eine Guthabenkarte für Online-Käufe von seinem Taschengeld, um damit kleinere Bestellungen direkt zu bezahlen, gehe das in Ordnung, sagt Rehberg. Verzockt es aber – wie kürzlich geschehen – mehr als 2500 Euro für Zusatzinhalte beim Online-Spielen, „fällt das sicher nicht unter den Taschengeld-Paragrafen“, sagt Alexander Wahl vom Europäischen Verbraucherzentrum (EVZ), das den Fall bearbeitet hat.

In-App-Käufe in Handyspielen können für Eltern teuer werden.
In-App-Käufe in Handyspielen können für Eltern teuer werden. © WAZ FotoPool | Foto: Kerstin Bögeholz

Was ist wenn Kinder Abos abschließen?

Mit ihrem Taschengeld dürfen Kinder nur Dienste bestellen, die ihnen sofort zur Verfügung gestellt werden und die sie gleich ganz bezahlen. Das schließe Verträge mit längerfristiger Bindung aus, also etwa Abonnements für Musikstreaming-Portale und Geschäfte mit Ratenzahlungen, so die Rechtsexperten.

Schwierig wird das Reklamieren für Eltern aber, wenn sie auf erste Rechnungen oder Geldabbuchungen nicht reagieren. „Sie sollten dem Vertragsschluss schnell widersprechen und außerdem sicherstellen, dass das Kind nicht noch mal unerlaubt bestellen kann. Sonst wird der Anbieter einwenden, dass ihre Zustimmung offenbar doch vorliege“, erläutert Verbraucherschützer Wahl.

Beispiel: Das Kind bezahlt seine Bestellung am Familien-Tablet mit den dort hinterlegten, nicht passwortgesicherten Kreditkartendaten der Eltern. Geschieht das zum ersten Mal, ohne dass die Eltern das hätten bemerken müssen, gilt der Vertrag „grundsätzlich nicht für sie“, sagt Rechtsanwalt Solmecke. Anders sehe es aus, wenn das Kind bereits mehrfach mit den Kartendaten unerlaubt einkaufte und die Eltern nichts unternahmen.

Wie sollten die Eltern bei In-App-Käufen reagieren?

Um einen Vertrag zu bestreiten, also die Genehmigung zu verweigern, müssen sich die Eltern an den Anbieter des digitalen Dienstes als Vertragspartner wenden, erklärt Anwalt Solmecke. Beim jeweiligen Zahlungsdienst sollten sie zusätzlich aktiv werden und eventuell gezahltes Geld so schnell wie möglich zurückbuchen lassen.

Tipp: Zahlreiche Onlinedienste werden über die Mobilfunkrechnung beglichen, darunter Spiele-Apps und In-App-Käufe. Einen kostenlosen Musterbrief, mit dem Eltern das Geld vom Provider zurückfordern können, stellt die Verbraucherzentrale Hamburg bereit. Die Verbraucherzentralen der Bundesländer bieten auch persönliche Beratungen an. Das EVZ hilft bei Problemen mit Spiele-Anbietern aus dem EU-Ausland und aus Drittländern.

Wie kann ich Online-Käufe verhindern?

Am sichersten ist es, wenn die Eltern von Anfang an in Online-Konten (zum Beispiel App-Shops) keine Bezahldaten speichern oder sie mit einem Passwort versehen. Das beugt Bestellungen der Kinder unter Einsatz der Kreditkarte, der Bankkarte oder Zahlungsdiensten wie etwa Paypal vor.

Um auch Abbuchungen über die Handy-Rechnung vorzubeugen, empfehlen sie eine sogenannte Drittanbietersperre fürs Smartphone des Kindes und auch das der Eltern, wenn das Kind Zugriff darauf hat. Als Drittanbieter werden Internetfirmen bezeichnet, die das Geld für ihre Dienste über den Mobilfunk-Provider einziehen. Die Provider sind gesetzlich verpflichtet, die Sperre auf Wunsch des Kunden kostenlos einzurichten.

Als weitere Maßnahme raten die Verbraucherzentralen dazu, die Endgeräte so einzustellen, dass In-App-Käufe bei Online-Spielen gar nicht möglich sind. Die Bestellfunktion lässt sich entweder deaktivieren oder an ein Passwort knüpfen.

Infos dazu bietet das vom Bund geförderte Medienportal „Schau hin!“. Eine Alternative besonders bei kleinen Kindern ist eine Prepaidkarte fürs Handy: Das geladene Guthaben deckelt die Ausgaben automatisch.

Wann kann ich das Widerrufsrecht beim Online-Shopping nutzen?

Bestellen sich Kinder heimlich Elektronikgeräte, Kleidung oder andere physische Güter im Internet, gelten dieselben Regeln wie für Online-Dienstleistungen. Eltern können sich auch auf das 14-tägige Widerrufsrecht stützen und die bestellte Ware an den Shop zurückschicken.

„Für die meisten wird das der einfachere Weg sein“, meint Verbraucherschützer Wahl. Das setze jedoch voraus, dass die Eltern von der Lieferung innerhalb der 14-Tage-Frist etwas mitbekommen. Das Widerrufsrecht gilt zudem nicht für alle Waren. Ausgeschlossen sind etwa individuell bedruckte Kleidung sowie CDs nach Entsiegelung.