Berlin. Fleischersatzprodukte sollen Tierleid beenden und die Gesundheit fördern. Eine Studie hat nun untersucht, ob sie auch das Klima schonen.

Sie sehen aus wie Fleisch, brutzeln ebenso appetitlich in der Pfanne und ähneln dem Original selbst in seiner Konsistenz. Doch statt tierischer Bestandteile bilden Seitan, Soja, Getreide oder gar Erbsen deren Grundlage: Über die Regale von Discountern wie Supermärkten haben pflanzenbasierte Fleischersatzprodukte ihren Weg aus der Nische und auf die Teller deutscher Verbraucherinnen und Verbraucher gefunden.

Fleischlose Frikadellen, gemüsebasierte Patties oder veganer Schinken Spicker überzeugen längst nicht mehr nur Vegetarier und Veganer, sondern sind insbesondere bei so genannten Flexetariern beliebt. Also Menschen, die sich weitgehend vegetarisch ernähren, gelegentlich aber auch Fleisch verzehren.

Und so kommt es, dass Fleischalternativen laut Lebensmittelzeitung seit 2008 ein stetiges Umsatzplus von jährlich rund 30 Prozent verzeichnen.

Fleischverzicht der Gesundheit und Umwelt zuliebe

Während die Einen aus ethischen Gründen darauf verzichten, tierische Produkte zu essen, steigt nunmehr auch die Zahl derer, die ihrer Gesundheit oder der Umwelt zuliebe auf vegane oder vegetarische Alternativen umsteigen. Das belegen die Ergebnisse des „Ernährungsreports 2020“, einer forsa-Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL).

37 Prozent der Befragten gaben demnach an, vegane und vegetarische Alternativen zu tierischen Produkten zu kaufen, weil sie diese für gesund halten. 41 Prozent wiederum greifen zu Fleisch-, Fischersatzprodukten oder pflanzlichen Milchalternativen, weil sie Umwelt und Klima schonen möchten. Lesen Sie mehr: Diese veganen Burger sind laut „Öko-Test“ schlecht

Studie: Wer verarbeitetes Fleisch ist, stirbt früher

Fleisch zu ersetzen, da sind sich Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Umweltschutz mittlerweile einig, ist durchaus sinnvoll. Schließlich verzehren die Deutschen jährlich rund 60 Kilogramm Fleisch pro Kopf. Und damit weit mehr als die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt. Diese rät nämlich zu 600 Gramm pro Woche, also etwa 31 Kilogramm pro Jahr.

Denn: Obwohl Fleisch gut verfügbares Eisen, Selen und Zink enthält, fasst es ebenso gesättigte Fettsäuren, Cholesterin und Purine, die sich negativ auf Fettstoffwechsel, Harnsäurewerte und auch Körpergewicht auswirken können. 2015 stufte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) rotes Fleisch gar als „wahrscheinlich krebserregend“ ein. Mehr lesen: So vernetzen sich Krebskranke digital

Zwar betonten Forscherinnen und Forscher wiederholt, dass die aktuelle Studienlage eine solch drastische Schlussfolgerung nicht hergebe. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Harvard fanden aber bereits 2012 heraus: Wer viel verarbeitetes Fleisch isst, stirbt früher.

Fast 17 Prozent der Studienteilnehmenden hätten ihren durch eine Herz-Kreislauf- oder Krebserkrankung verursachten Tod verhindern können, hätten sie den Konsum von rotem, verarbeitetem Fleisch reduziert.

Fleischproduktion belastet Umwelt und Klima enorm

Darüber hinaus fallen dem Fleisch-Appetit der Menschheit kostbare Ressourcen zum Opfer, während er außerdem das Klima mit Treibhausgasen belastet. So werden allein hierzulande aktuell rund 11,4 Millionen Rinder gehalten. Methan, das die Tiere in ihren Mägen produzieren, wirkt als Treibhausgas 25-mal stärker als Kohlendioxid.

Weltweit, so berichtet es die UN-Landwirtschaftsorganisation FAO, stammen 14,5 Prozent der Treibhausgasemissionen aus der Tierhaltung. Allen voran von Kühen, die für die Milch- und Fleischproduktion gehalten werden. Der Anteil der Viehhaltung an der weltweiten Klimaerwärmung ist damit größer als der des Transportsektors. Hinzu kommt, dass die Fleischproduktion enorme Mengen Wasser verschlingt – allein bis zu 15.400 Liter pro Kilogramm Rind.

Umweltbundesamt untersucht Ökobilanz von Fleischersatz

Das Leid von Schlachttieren beenden, die Gesundheit von Konsumentinnen und Konsumenten verbessern und nicht zuletzt Klima und Umwelt schonen: Wenn diese Gründe schon nicht für einen kompletten Verzicht sprechen, so doch zumindest für eine Reduktion unseres Fleischkonsums.

Veggie-Burger und -Wurst sollen sie Konsumentinnen und Konsumenten erleichtern. Umstieg statt Komplettaufgabe. Doch wie viel besser ist die Ökobilanz pflanzlicher Ersatzprodukte im Vergleich zu konventionellem Fleisch tatsächlich?

„Fleisch der Zukunft“ heißt ein kürzlich publizierter Trendbericht des Umweltbundesamtes (UBA), der sich unter anderem dieser Frage widmet. Seine Autorinnen und Autoren haben die Umweltwirkungen von pflanzlichen Fleischersatzprodukten, essbaren Insekten und In-Vitro-Fleisch, also solches, das im Labor gezüchtet wird, untersucht.

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    Umweltwirkung von Laborfleisch ist bislang kaum abzuschätzen

    Das Ergebnis: Im Vergleich zu herkömmlichem Fleisch hätten alternative Produkte demnach größtenteils eine bessere Ökobilanz. Im Vergleich zu Rindfleisch beispielsweise entstünden bei der Produktion pflanzlicher Alternativen mehr als 90 Prozent weniger Treibhausgase.

    Auch Wasser- und Flächenverbrauch seien um ein Vielfaches geringer. Etwas schlechter als pflanzenbasierte Fleischersatzprodukte schnitten hingegen solche auf Insektenbasis ab, während die Umweltwirkungen von Laborfleisch bislang schwer abzuschätzen seien.

    Laut UBA-Bericht werden bei der Produktion eines Kilogramms Fleischersatz auf Sojabasis gerade einmal 2,8 Kilogramm Treibhausgase ausgestoßen, während Schweinefleisch mit 4,1 Kilogramm, Geflügel mit 4,3 Kilogramm und Rindfleisch mit 30,5 Kilogramm deutlich schlechter abschneiden.

    Soja ist umweltfreundlicher als Seitan

    Doch auch unter den pflanzenbasierten Fleischersatzprodukten gäbe es Unterschiede: Betrachte man die CO2-Emissionen bei der Produktion, belaste Soja, das auch die Grundlage von Tofu bildet, das Klima weniger als Seitan.

    Bei der Herstellung des Weizenproteins würden durchschnittlich rund 50 Prozent mehr Treibhausgase freigesetzt, wie das Sustainable European Research Institute herausfand. Nichtsdestotrotz sei die Herstellung von Seitan umweltschonender als die von so genanntem Quorn, also fermentierten Pilzzellen.

    Vegane Produkte sind noch ein wenig besser als vegetarische

    Dass es für Umwelt und Klima förderlich ist, weniger Fleisch zu essen bestätigen überdies auch andere wissenschaftlichen Studien, sagte Umwelternährungsexperte Florian Antony vom Öko-Institut in Freiburg dieser Redaktion. Mittels Literaturanalyse hat der Forscher untersucht, was die Wissenschaft bislang zur Umweltwirkung von Fleischersatzprodukten herausgefunden hat.

    Seine Ergebnisse decken sich mit denen des UBA. Dass pflanzliche Alternativen besser als konventionelles Fleisch abschneiden, läge auch daran, dass Pflanzenproteine direkt genutzt werden – ohne zuvor als Futtermittel einen Umweg über Tiere machen zu müssen. Und: „Vegane Varianten sind noch mal deutlich besser als vegetarische, zum Beispiel auf Ei-Basis“, so Antony. Nutri-Score: So funktioniert die neue Lebensmittelampel