Berlin. Das Coronavirus ist in Europa angekommen. Bisher kam Deutschland glimpflich davon. Doch was passiert, wenn der große Ausbruch kommt?

Das Coronavirus hat Europa erreicht. Besonders in Italien greift die Lungenkrankheit um sich, die Zahl der Infizierten und Toten steigt weiter an. In den betroffenen Regionen des Mittelmeerstaates sind einzelne Dörfer abgeriegelt, im Mittleren Osten haben einige Länder gar ihre Grenzen geschlossen.

Welche Gefahr stellt die Ausbreitung des Coronavirus für Deutschland dar? Wie bereiten sich hierzulande Politik, Behörden und medizinische Einrichtungen auf den Erreger vor?

Wir erklären, welche Maßnahmen bei einem Ausbruch in Deutschland ergriffen werden und wie eine Infektionswelle verhindert werden soll.

Wie groß ist die Ansteckungsgefahr in Deutschland?

Das Europäische Zentrum für Krankheitsprävention und -kontrolle (ECDC) hat das Risiko, dass ein ähnliches Ausbreitungsmuster wie in Italien auch in anderen europäischen Ländern auftritt, als moderat bis hoch eingestuft. Einmal eingeschleppt, könne sich das Coronavirus nach Einschätzung der Behörde schnell ausbreiten.

In Deutschland stellt vor allem der Reiseverkehr von und nach Italien eine Gefahr dar. Einige Experten nehmen an, dass es bereits weitere Infektionsketten in Europa – und auch in Deutschland – geben könnte. Christian Drosten, Direktor des Instituts Virologe an der Charité Berlin, sagte dazu: „Irgendwann wird es wahrscheinlich dazu kommen, dass unbemerkte Infektionen plötzlich bemerkt werden.“

Es gab bereits einige Fälle, in denen Infizierte zunächst negativ auf das Coronavirus getestet wurden und auch keine Symptome zeigten. Vier britische Rückkehrer vom Kreuzfahrtschiff „Diamond Princess“ wurden beispielsweise vor ihrem Abflug in ihr Heimatland negativ getestet, bei einer Kontrolle nach der Landung jedoch positiv.

Noch ist der Ansteckungsweg nicht einwandfrei geklärt. Klar ist, dass der Erreger über Tröpfcheninfektion – also beim Husten oder Sprechen – verbreitet werden kann. Möglicherweise verbreitet sich das Virus aber auch über das Verdauungssystem und zumindest einige Tage über Oberflächen.

Was wären die Folgen eines Ausbruch des Coronavirus in Deutschland?

Ein Ausbruch in Deutschland könnte vor allem volle Wartebereiche und Arztpraxen, belegte Intensivbetten und vollkommen überlastete Gesundheitsämter bedeuten, so Virologe Christian Drosten. Heyo Kroemer, Vorstandschef der Charité, betonte bereits Mitte Februar, dass man sich intensiv auf eine mögliche Infektionswelle vorbereite.

Christian Drosten, Direktor des Instituts für Virologie an der Charité in Berlin, befürchtet, dass es in Europa viele noch nicht erkannte Infektionen mit dem Coronavirus geben könnte.
Christian Drosten, Direktor des Instituts für Virologie an der Charité in Berlin, befürchtet, dass es in Europa viele noch nicht erkannte Infektionen mit dem Coronavirus geben könnte. © dpa | Christophe Gateau

Generell wolle man ein Zusammenfallen der derzeitigen Grippewelle und einem Ausbruch des Coronavirus vermeiden. Daher sei es in Deutschland Ziel, eine mögliche Infektionswelle hinauszuzögern, wie das Robert-Koch-Institut verlauten ließ. „Die Zahl der Infektionen sollte über eine möglichst lange Zeit ausgedehnt werden“, erklärte Drosten.

Könnten bei einer Infektionswelle auch deutsche Städte abgeriegelt werden?

In China und Italien wurden einige Städte, Dörfer und Gemeinden abgeriegelt, um ein weiteres Ausbreiten des Coronavirus einzudämmen. Dieses Szenario sei in Deutschland nicht nötig, wie Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, gegenüber dem „Tagesspiegel“ sagte.

Landsberg erklärte, dass Deutschland generell sehr gut auf Epidemien und Pandemien vorbereitet sei. Dies zeige auch das Vorgehen bei den Infektionsfällen in Bayern. Gerade in Großstädten sei eine komplette Abriegelung zudem logistisch extrem schwierig.

Es werde vielmehr auf präventive Maßnahmen und ein frühzeitiges Erkennen von Infektionen gesetzt. Dies sei in deutschen Städten auch einfacher als in den chinesischen Millionen-Städten wie Wuhan, in der das Virus ausgebrochen war.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn schließt weitere Schutzmaßnahmen derzeit nicht aus, verweist jedoch auch auf die Verhältnismäßigkeit zur jeweiligen Lage. Laut Spahn gibt es zwischen der Absage von Großveranstaltungen, der Schließung von Einrichtungen wie Schulen oder Kitas „bis hin zum Abriegeln ganzer Städte“ zahlreiche Zwischenstufen.

Plant die Bundesregierung eine Schließung der Grenzen und/oder Reiseverbote?

Bisher gibt es seitens der Bundesregierung keine Pläne, die Grenzen wegen der Ausbreitung des Coronavirus in Italien zu schließen. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums versicherte in Berufung auf das Robert-Koch-Institut, dass eine anhaltende Viruszirkulation in Deutschland kein denkbares Szenario sei. Diese Einschätzung könne sich aber ändern.

Auch der Reiseverkehr nach Italien ist bisher nicht eingeschränkt. Die Lufthansa verkündete, es gebe bisher keine Änderungen oder Streichungen im Flugplan der Airline. Ein Sprecher der Fluggesellschaft erklärte, dass man die Lage sehr genau beobachte.

Anders sieht es bei Flügen nach China aus. Noch bis zum Ende des Winterflugplanes am 28. März fliegt die Lufthansa keine Ziele auf dem chinesischen Festland an. Hongkong wird weiterhin angeflogen, jedoch ist der Flugplan stark reduziert.

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