Berlin. Seit Anfang des Jahres gilt ein höherer Mindestlohn. Doch der Chef des Angestellten ignoriert das. Ein Anwalt weiß, was zu tun ist.
Rechtsanwalt Jacob Schmitz arbeitet in der Berliner Kanzlei Prof. Dr. Streich & Partner. Hier beantwortet er Leserfragen.
Eigentlich liegt der Mindestlohn ja seit Januar bei 9,19 Euro. Mein Arbeitgeber hat mir aber das gesamte erste Quartal über weiterhin den alten Satz von 8,84 Euro gezahlt. Erst jetzt im April hat er erhöht. Kann ich für die drei Monate noch eine Nachzahlung fordern und wenn ja: Wie gehe ich das an?
Das sagt der Anwalt: Ja, Sie können für die drei Monate eine Nachzahlung fordern. Dies geht selbst dann, wenn eine Ausschluss- beziehungsweise Verfallsfrist vorsieht, dass alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis vorher verfallen.
Grundsätzlich würde eine solche Ausschlussfrist dazu führen, dass Ihr Nachzahlungsanspruch nicht mehr besteht.
Klausel kann unwirksam sein
Solche Ausschlussfristen gelten jedoch nicht für Zahlungsansprüche nach dem Mindestlohngesetz. Sie führen, wenn in einer arbeitsvertraglich geregelten Ausschlussfrist die Ansprüche nach dem Mindestlohn nicht ausgenommen werden, regelmäßig zur Unwirksamkeit dieser arbeitsvertraglichen Klausel.
Für den gesetzlichen Mindestlohn gilt deshalb die allgemeine dreijährige Verjährungsfrist des Bürgerlichen Gesetzbuches. Deshalb hätten Sie also maximal bis zum Ablauf dieser Frist Zeit, Ihren Anspruch gerichtlich geltend zu machen.
So gehen Sie am besten vor
Fordern Sie Ihren Arbeitgeber zunächst schriftlich unter Fristsetzung, zum Beispiel zwei Wochen, auf, rückwirkend für die drei Monate den Mindestlohn abzurechnen und die Differenz der noch ausstehenden Vergütung an Sie auszuzahlen.
Sinnvoll ist, in dem Schreiben gleichzeitig anzukündigen, dass Sie für den Fall, dass innerhalb der Frist keine Zahlung bei Ihnen eingeht, anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen werden.
Notfalls auch Gerichtsweg gehen
Und dies würde ich dann auch tatsächlich machen. Meine Empfehlung wäre, den Anspruch noch einmal anwaltlich außergerichtlich geltend zu machen. Sollte dies – wider Erwarten – Ihren Arbeitgeber weiterhin nicht dazu bringen, die Zahlung vorzunehmen, so müssten Sie gemeinsam mit Ihrem Anwalt den Gerichtsweg beschreiten.
Das müssen Sie tun, wenn Sie nach der Unterschrift eine bessere Stelle gefunden haben und Ihren Arbeitsvertrag vor dem ersten Tag kündigen wollen.