Hamburg. Im Winter haben Schönheitskorrekturen Hochkonjunktur. Doch welche Methode hält wirklich jung, und was ist rausgeschmissenes Geld?
So ein Mini-Staubsauger auf dem Gesicht, das sieht schon lustig aus. Soll natürlich nicht lustig sein, aber irgendwie hat man die ganze Zeit das Vertreter-Zitat aus dem Loriot-Sketch im Kopf: „Es saugt und bläst der Heinzelmann, wo Mutti sonst nur blasen kann.“ Doch genug der Scherze, das Thema ist todernst: Unsterblichkeit. Wir alle würden am liebsten für immer jung bleiben, doch solange Zeitmaschinen nur in Filmen funktionieren, bleibt dieser Wunsch Utopie. Doch jung aussehen, das könnte inzwischen jeder. Der medizinisch-kosmetische Fortschritt macht es möglich.
HydraFacial nennt sich beispielsweise das Staubsauger-Verfahren, bei dem abgestorbene Hautzellen und Unreinheiten aus den Poren gezogen und anschließend Antioxidantien und Vitamine in die Haut eingeschleust werden. Frisch sieht man danach aus, wie nach einem Spaziergang am Sylter Weststrand. Kostet allerdings deutlich mehr als die Kurtaxe dort, ca. 160 Euro für 45 Minuten. Hält aber auch länger, behauptet Dr. Philipp M. Buck von Goldbek Medical in Winterhude. Der Facharzt für Dermatologie betrachtet Behandlungen wie das HydraFacial als ein Investment in die persönliche Gesundheit: Was ich mir jetzt leiste, kann ich später an Reparaturkosten sparen. „Eitelkeit bedeutet auch eine Fürsorge gegenüber seinem Körper“, findet Buck.
Immer mehr Männer wollen frisch aussehen
Der 46-Jährige sieht selbstverständlich jünger aus. Wenn nicht er, wer dann? Und wer bislang dachte, diese Geschichte richte sich nur an Frauen, der sollte wissen, dass fast 50 Prozent seiner Patienten inzwischen männlich sind. „Das Gesicht ist unsere Visitenkarte, das wissen inzwischen auch Männer. Zahlreiche Studien haben bewiesen, dass einem ein frisches, gesundes Aussehen Vorteile im Beruf verschafft,“ sagt Buck.
Jetzt im Herbst ist sein Wartezimmer so voll wie nie, denn die dunklen Monate sind ideal für kleine Schönheitskorrekturen. Kein UV-Licht kann das Ergebnis schmälern, und falls nötig, versteckt man sich für eine gewisse Zeit zu Hause. Denn während man nach sogenannten „Lunch-Time-Treatments“ wie HydraFacials oder Fruchtsäure-Peelings sofort wieder alltagstauglich ist, gibt es Verfahren, die tagelange Spuren hinterlassen.
Blutungen stoßen Heilungsprozess an
Beim Medical Needling beispielsweise wird ein Roller, an dem viele kleine Nadeln befestigt sind, mit sanftem Druck über die Haut gerollt. Die Nadeln dringen durch die Epidermis und verursachen kleine Verletzungen. Aber tut das denn nicht weh? Ohne Betäubungscreme ganz bestimmt! Und wird man dabei bluten? Allerdings! Doch genau diese kleinen Blutungen stoßen den Heilungsprozess an und stimulieren die körpereigene Kollagen- und Elastinproduktion. Das Bindegewebe verdichtet sich, die Haut wird weicher und straffer.
Es mag einem seltsam vorkommen, die Haut zu stressen, um sie zu verjüngen, aber nach diesem Prinzip funktionieren die meisten erfolgreichen Anti-Aging-Methoden. „Mit dem kontrolliert gesetzten Defekt wecken wir die Haut auf und bringen sie dazu, sich selbst wieder zu erneuern. Das macht sie sonst leider nicht“, sagt Dr. Kathi Turnbull, Fachärztin für Dermatologie, Venerologie und Allergologie. Die Haut bliebe also faul, würden wir sie nicht ab und an schocken.
Wasser-Gasgemisch mit 720 Stundenkilometern
Gut geeignet scheint dafür auch der sogenannte Jet Peel. Das Gerät funktioniert wie ein Hochdruckreiniger und brummt ähnlich laut. Bei der Behandlung werden dem Patienten deshalb Kopfhörer empfohlen. Sobald er sie trägt, schießen kleine Düsen ein Wasser-Gasgemisch mit einer Geschwindigkeit von 720 Stundenkilometern auf sein Gesicht. Die Haut wird massiert, tiefengereinigt und aufnahmefähig für die Substanzen, die anschließend aufgebracht werden, allen voran Hyaluronsäure.
Diesen Begriff müssen Sie sich merken, wenn Sie in Diskussionen zum Thema Haut mithalten wollen. Der Stoff, aus dem die Träume sind. Als Bestandteil unzähliger Produkte und Verfahren kann Hyaluron als Allround-Mittel zur Faltenunterspritzung oder Hautauffrischung verstanden werden. Wenn Hyaluronsäure durch die Jet-Peel-Technologie in die Dermis gebracht wird, entspannt sich die mimische Muskulatur und Falten werden auf natürliche Weise geglättet. Eine Behandlung kostet um die 200 Euro, für einen Langzeiteffekt sollte man aber mindestens vier, besser sechs Sitzungen einplanen.
Wichtige Regel
Zu viel? „Das Preisniveau entspricht dem Effektivitätsniveau,“ erklärt Turnbull. In ihrer Praxis, der Dermatologie in Eppendorf, verfügt sie über einen ganzen Maschinenapparat, der unserer äußeren Jugendlichkeit dient. Neben dem bereits erwähnten Jet Peel sind Laser im Einsatz, die die Bildung von Kollagen stimulieren.
Die Ärztin nennt eine zweite wichtige Regel bei den Methoden zur Hautverbesserung: „Effektivität und Nebenwirkungen korrelieren.“ Das heißt, je weniger Falten ich anschließend habe, desto mehr Tage für die Regeneration muss ich einplanen (im Fachjargon „Down time“ genannt). Nach manchen Säurepeelings kann man sich häuten wie eine Schlange, und Needlings führen manchmal zu Krustenbildungen. Allein die Vorstellung erscheint abschreckend. Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Röteste im ganzen Land?
So krasse Verfahren haben es in unserer Stadt schwer. Die Hamburger sind konservativ. Klar, wussten wir schon, aber sie sind es auch in Bezug auf ihre Hautpflege. In anderen Großstädten, allen voran München, werden neue Produkte oder Geräte viel eher ausprobiert, da sitzt der Geldbeutel lockerer, da sind die Leute wagemutiger. Die Hamburger hingegen wollen effektive Schönheit und Natürlichkeit. Nichts ist schlimmer, als überführt zu werden: Ha! Du hast da doch was machen lassen! In Hollywood gibt man damit an, welchen Arzt und welche teure Behandlung man sich geleistet hat, hierzulande steht dem Bekenntnis das Understatement entgegen. Insofern wird von Hautärzten in Norddeutschland die Quadratur des Kreises verlangt: Lass mich jünger aussehen, ohne dass es auffällt.
„Wasch mich, ohne dass ich nass werde“, beschreibt diese Herausforderung eine Hautärztin aus dem Westen der Stadt. Sie möchte anonym bleiben, damit sie offen sprechen kann über ihre Berufsgruppe. Im Vergleich zu anderen Ärzten sind Patienten mit Hautärzten relativ oft unzufrieden. Die Erklärung dafür ist wie immer Geld. Ein Zahnarzt beispielsweise hat ganz andere Umsatzmargen als ein Hautarzt. „Bei uns funktioniert alles über Masse“, sagt die Ärztin, die selbst 180 Patienten am Tag durch ihre Praxis schleust. Da bleibt wenig Zeit für den Einzelnen.
Teure Cremes der reinste Schwindel
Dennoch sei das Geld bei einem guten Hautarzt immer noch besser investiert als bei Douglas. Wie auch die anderen Dermatologen hält sie 100 Euro teure Cremes für den reinsten Schwindel. Würden sie wirklich so wirken wie versprochen, gäbe es nur noch faltenfreie Gesichter. Dann auf jeden Fall lieber vom Fachmann Botox oder Hyaluron spritzen lassen: „Niemand muss heute mehr aussehen wie Angela Merkel. Wobei selbst die etwas hat machen lassen, schauen Sie sich ältere Fotos an. Hätte sie nur früher damit begonnen.“
Die biologische Hautalterung beginnt bei Frauen zwischen 25 und 30 Jahren, bei Männern ab dem 35. Lebensjahr. Sichtbar werden die Veränderungen erst etwas später. „Mit 40 trennt sich die Spreu vom Weizen,“ sagt Lena Ostermann, Kosmetikerin bei Goldbek Medical. Da verrät das Gesicht, wie gut es in den Jahrzehnten zuvor gepflegt wurde, und ob es mit Nikotin oder Sonne malträtiert wurde. Manchem kommt dann sein Spiegelbild plötzlich viel älter vor als er sich eigentlich fühlt. „Wenn das Äußere nicht mehr zum Inneren passt, spätestens dann muss man etwas tun, am besten aber lange vorher“, sagt Ostermeier.
Manchmal hilft nur noch die Spritze
Sie selbst ist großer Fan einer Behandlung namens Kleresca. Nach Deutschland kam dieses Lichttherapieverfahren vor zwei Jahren aus Australien. Wegen der hohen UV-Strahlung im Land forschen die Australier seit jeher sehr intensiv, was die Hautstruktur von Gesicht, Hals und Dekolleté verbessern und präventiv schützen kann.
Bei Kleresca wird ein Gel auf die betroffenen Partien aufgetragen und neun Minuten mit einer hoch intensiven LED-Lampe bestrahlt. Schnell und schmerzfrei. „Danach fühle ich mich total energiegeladen, wie nach einem langen Urlaub, und ich sehe auch so aus“, erklärt Lena Ostermann, die natürlich alles testet, was sie ihren Kunden anbietet. Kleresca funktioniere wie eine Art Alterungsbremse, feine Linien verschwinden. Sind die Falten jedoch schon zu tief, dann hilft nur noch die Spritze. Die Nasolabialfalte und die sogenannten „Marionettenfalten“ an den Mundwinkeln werden durch Füllmaterialien wie Hyaluronsäureprodukte verbessert. Zornesfalten, Stirnfalten und Krähenfüße um die Augen wiederum lassen sich durch den Einsatz von Botulinumtoxin deutlich reduzieren.
Männer mögen es einfach
„Botox würde ich niemals machen!“, sagt Uta Dinglinger, die sich als Heilpraktikerin und Sporttrainerin in den letzten 20 Jahren einen breiten Erfahrungsschatz in Bezug auf Nährstoffe und ihre Wirkung auf den Körper erarbeitet hat. „Das legt den Muskel lahm, arbeitet also gegen den Körper, und diese ganze giftige Chemie!“ Dinglinger baut in ihrem Garten in Alsterdorf selbst Gemüse und Kräuter an, vermeidet industriell gefertigte Lebensmittel und hat nun in Eigeninitiative ein Produkt auf den Markt gebracht, von dem sie nichts Geringeres glaubt, als dass es die Hautpflege in Deutschland revolutioniert. „In den USA und in Frankreich gibt es solche Nahrungsergänzungsmittel schon“, sagt die 39-Jährige. „Wir hinkten lange hinterher.“
Deshalb entwickelte sie SkinHydral+, das sind Kapseln aus Phytoceramiden und den Vitaminen C, D3 und E. Bei täglicher Einnahme soll es die Haut rehydrieren und die Kollagenbildung fördern. Verjüngung zum Schlucken, made in Hamburg. Uta Dinglinger will nicht nur Frauen mit ihrem Produkt ansprechen: „Männer mögen es einfach bei der Hautpflege, und eine Kapsel schluckt sich sehr einfach.“
„Healthy-Aging anstatt Anti-Aging“
Das Motto „Healthy-Aging anstatt Anti-Aging“ verfolgen auch die Hamburger Brüder Nico und Robby Beyer. In ihren Cremes verzichten sie auf alles, was die Haut belasten könnte. Mineralöle, Silikone, Farbstoffe, Emulgatoren, Konservierungsstoffe – wer sich die Inhaltsangaben herkömmlicher Cremes mal durchgelesen hat, fragt sich schon, was er sich da alles ins Gesicht schmiert. Dabei kommt es vor allem auf zwei Komponenten an: Vitamin C und Vitamin A (Retinol). „Das sind DIE Anti-Aging-Substanzen“, erklärt Robby Beyer. Weil die Anwendung der „Klassiker“ in den letzten Jahren immer weiter optimiert wurde, wirkt beispielsweise Vitamin C heute viel besser als früher.
Die enormen Ausgaben für Forschung und Entwicklung in der Kosmetikbranche führen dazu, dass wir künftig immer länger immer jünger aussehen, dass es unserer Haut viel besser geht als noch vor zehn Jahren. „Durch den Einsatz neuer Inhaltsstoffe und Maschinen kann eine einfache Creme heute zum Hightech-Produkt werden“, sagt der 34-jährige Geschäftsführer von Beyer & Söhne. Schön und gut, aber warum riechen seine Super-Cremes so ungewohnt? Beyer lacht: „Sie riechen ungewohnt, weil sie nach nichts riechen. Wir benutzen keine Duftstoffe. Im Gegensatz zur Münchner Schickeria wählen die Hanseaten gerne unbeduftete Cremes.“ Tja, die Hamburger lassen sich nicht an der Nase herumführen.