Berlin. Krampfadern sind weit verbreitet und stellen ein Gesundheitsrisiko dar. Mediziner raten Betroffenen dazu, sich behandeln zu lassen.

Bein zeigen fällt im Sommer nicht immer leicht: Je älter wir werden, desto häufiger entstellen blaurote Äderchen die Schenkel oder ringeln sich unschön unter der Haut. Ein Viertel der Bevölkerung in Westeuropa kämpft mit dem Krampfader-Problem, sagt Professor Thomas Schmitz-Rixen, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin. Spezialisten entwickeln jetzt wieder neue Methoden gegen Krampfadern – nicht immer weiß man jedoch, ob diese langfristig wirken. Ein Überblick über wichtige Fragen zum Thema Besenreiser, Krampfadern und Co.

• Was ist der Unterschied zwischen Besenreisern und Krampfadern?

Besenreiser sind dünne, sehr oberflächliche Venen, die sich unter der Haut rötlich oder bläulich verfärben. „Sie können kosmetisch stören, sind aber eher harmlos“, sagt Professor Ralf Kolvenbach, Chefarzt der Klinik für Gefäßchirurgie am Düsseldorfer Augusta-Krankenhaus. Besenreiser würden meist mithilfe einer Spritze oder eines Lasers entfernt oder verödet.

Verändern sich die Venen an den Beinen hingegen krankhaft, dann entstehen sogenannte Krampfadern. Das bedeutet, dass das empfindliche Blutkreissystem gestört ist, bei dem die Venen rund 7000 Liter sauerstoffarmes Blut pro Tag entgegen der Schwerkraft zum Herzen zurückbefördern – darauf verweist der Bericht des Robert-Koch-Instituts zum Thema Venenerkrankungen hin (Heft 44, Gesundheitsberichterstattung des Bundes).

• Wie entstehen Krampfadern?

Vor allem die sogenannte „Muskel-Venen-Pumpe“ des Beines kann ihre wichtige Aufgabe nicht mehr erfüllen. Normalerweise sieht diese so aus: Muskeln pressen – beispielsweise beim Gehen – die zwischen ihnen liegenden Venen zusammen und befördern so das Blut. Venenklappen, die sich nur zum Herzen hin öffnen, sorgen dafür, dass es nicht ins Bein zurückfließt. Das Blut aus Haut und Fettgewebe sammelt sich in den oberflächlichen Venen und wird in die tiefer gelegenen geleitet, die den Löwenanteil des Rücktransports übernehmen. „Wenn die Venenwände nachgeben, die Muskulatur sie nicht mehr richtig stützt, und darüber hinaus die Klappen nicht mehr richtig funktionieren, läuft der Blutfluss allerdings in die verkehrte Richtung“, erklärt Thomas Schmitz-Rixen.

Eine häufige Folge: Varizen oder auch Krampfadern. Deren Namen weisen entweder auf die nächtlichen Beschwerden, auf ihre gekrümmte Form oder auf das Instrument hin, mit dem sie über Jahrhunderte hinweg entfernt wurden – es war krumm wie ein Bischofsstab. Die Ursache für diese Entwicklung ist meist durch das Alter und erblich bedingt. Auch Übergewicht spielt laut Robert-Koch-Institut eine Rolle.

• Ab wann sollte man einen Arzt zu Rate ziehen?

Auch wenn die Adern sich sichtbar ringeln, ist dies nur bedingt ein Alarmzeichen. Das gilt ebenso für eine rote Verfärbung des Gewebes am Knöchel. Schmitz-Rixen erklärt: „Das kommt daher, dass Eisen über die roten Blutkörperchen ins Gewebe gelangt, wenn sich das Blut am Knöchel staut. Es droht aber keine Gefahr, wenn man keine weiteren Beschwerden hat.

Mehrt sich allerdings ein Schweregefühl in den Beinen, schwellen die Knöchel an und kommen nächtliche Wadenkrämpfe sowie ein Juckreiz mit dumpfem Schmerz hinzu, dann sollte man seinen Hausarzt oder direkt einen Gefäßspezialisten befragen.“

Wird in solchen Fällen über Jahre nichts unternommen, können laut dem Spezialisten Geschwüre und ein „offenes Bein“ die Folge sein. Professor Kolvenbach warnt zudem vor einer Lungenarterien-Embolie. Dabei können eine oder mehrere Lungenarterien durch Blutgerinnsel verschlossen werden, die aus dem Venensystem stammen.

• Muss gleich operiert werden?

Nein – da sind sich die Experten Kolvenbach und Schmitz-Rixen einig. Wer es schafft, speziell angefertigte und von der Kasse bezahlte Kompressionsstrümpfe auf Dauer zu tragen, kann auf diese Weise das Venensystem unterstützen und die Krankheit in Schach halten. „Außerdem sollte man die Beine nicht der Hitze aussetzen oder in die Sauna gehen“, ergänzt Schmitz-Rixen.

• Was tun, wenn doch ein Eingriff notwendig wird?

Die 2700 Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin erhalten jährlich bei einem Workshop die Gelegenheit, sich mit den unterschiedlichen Operationsverfahren bei fortgeschrittenen Krampfader-Leiden zu befassen. Präsident Thomas Schmitz-Rixen gibt einen Überblick: „Seit rund 100 Jahren haben wir die Möglichkeit, die große Rosenvene im Bein mithilfe eines Katheters über die Leiste und einen Schnitt unterhalb des Kniegelenks zu entfernen. Das nennt man Stripping.

Man kann diese Vene aber auch unterhalb des Knies punktieren, eine Sonde bis zur Leiste vorschieben und die Vene durch Erhitzen bis zu 120 Grad zerstören. Die Hitze kann mit Laser- oder Radiofrequenzenergie erzeugt werden. Letzteres hat im Vergleich zu den anderen Verfahren den Vorteil, dass es einen Rückkoppelungsmechanismus gibt. Dadurch sinkt die Gefahr von Verbrennungen.“

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    Professor Ralf Kolvenbach hat gute Erfahrungen mit einer sogenannten Venenkleber-Operation gemacht. „Dabei führen wir einen Katheter in die Vene ein, der medizinischen Klebstoff abgibt. Zugleich wird von außen leichter Druck auf die Vene ausgeübt, um sie zu verschließen“, erklärt der Operateur und weist auf positive Studienergebnisse hin: „Die Verträglichkeit des Klebers in der chirurgischen Anwendung wird seit 1950 in anderen Feldern überprüft und als sicher und zuverlässig bewertet.“ Seit sechs Jahren können krankhaft veränderte Venen mit dieser Klebermethode verschlossen werden.

    Egal, ob die Vene mit Hitze oder Kleber verschlossen wird – die als schonend angesehenen Verfahren kosten den Patienten in der Regel mehrere Tausend Euro. Die Krankenkassen zahlen meist das Stripping-Verfahren, Radiofrequenz- und Lasermethoden nur auf Antrag. Ein Grund hierfür ist auch, dass der Eingriff nicht unbedingt dauerhaften Erfolg verspricht. Denn: „Es kann sein, dass sich das Blut nach einigen Jahren noch einmal seinen Weg durch die verschlossene Ader bahnt, dann kann wiederum eine OP notwendig werden“, sagt Schmitz-Rixen.

    • Welches Verfahren ist das richtige?

    Gefäßexperte Thomas Schmitz-Rixen rät, sich einen Facharzt zu suchen, der sich mit mehreren Verfahren auskennt, und mit ihm eine objektive Auswahl zu treffen. Wenn der Arzt direkt eine bestimmte Methode hervorhebt und Honorar verlangt, ist Vorsicht geboten. Angst vor der OP müsse man nicht haben: „Inzwischen können die meisten Patienten nach einem solchen Eingriff gleich nach Hause zurückkehren oder bleiben bei Komplikationen wie etwa Blutergüssen höchstens drei Tage im Krankenhaus.“ Den Rücktransport des Blutes übernimmt nach der Operation übrigens das tiefe Venensystem.