Meisen ziehen mit anderen Arten in Trupps durch die Gärten, nordische Reisegruppen suchen nach Nahrung, Möwen kommen in Massen.
Hamburg Im Winter feiern die Gartenvögel eine Party. Gemischte Trupps aus verschiedenen Meisenarten, Baumläufern, Kleibern oder Goldhähnchen streifen als sogenannte „Birdpartys“ durch die Gärten, auf der Suche nach Samen und anderer Nahrung. Zugvögel wie Schwalben, Grasmücken, Störche oder Stare sind längst in ihren Überwinterungsquartieren. Aber auch die, die geblieben sind, bilden eine bunte Vogelwelt, verstärkt durch Wintergäste aus dem Norden.
Viele Vögel lassen sich gut an Futterstellen beobachten, darunter auch Blau- und Kohlmeisen. Dabei stecken die kleineren Blaumeisen gegenüber der größeren Verwandtschaft nicht zurück – auch in der Brutzeit verteidigen sie ihre Reviere aggressiv gegen Kohlmeisen. Im Winter rauft man sich zusammen und zieht in Gruppen durch die Gärten. Andere Arten tauchen gleich nur in Gruppen in Hamburg auf. Es sind Wintergäste aus nördlicheren Brutgebieten in Skandinavien und Osteuropa.
Zu ihnen gehören Erlenzeisige. Die kleinen grünen Finkenvögel seien im Winter – und nur im Winter – „überall dort zu beobachten, wo Erlen und Birken stehen, zum Beispiel am Isebekkanal, an der Außenalster oder im Alten Botanischen Garten“, schreibt der Naturfreund Harald Vieth, bekannt als Kenner der Hamburger Bäume, in seinem neuen Buch „Hamburgs Vogelwelt“, in dem er die 77 häufigsten Arten näher vorstellt.
Zu den Wintergästen gehören auch Seidenschwänze, die invasionsartig im Raum Hamburg einfallen, wenn ihren Heimatregionen ihnen keine Nahrung mehr liefern. Das passiert nicht jedes Jahr und meist erst im Spätwinter. Dann ernten die Vögel mit der feinen Schwanzzeichnung die letzten Vogelbeeren, Weißdorn, Mistel und Mispel ab. Da die Schwärme bis zu 500 Vögel umfassen können, nennen Biologen sie „Invasionsvögel“. Meist bestehen die Reisegruppen aber nur aus sechs bis 20 Vögeln.
Auch der elegante Singschwan lässt sich nur im Winter in Hamburg sehen. Zur Beobachtung von Wasservögeln empfiehlt Vieth einen Besuch am Eppendorfer Mühlenteich, dem Winterquartier der Alsterschwäne. Das Gewässer nahe der U-Bahn-Station Lattenkamp werden immer eisfrei gehalten. Das lockt neben einzelnen Singschwänen auch mehrere Entenarten, Kormorane, Graureiher, Teich- und Blässrallen an. Die Winterhilfe für die Höckerschwäne der Alster hat eine lange Tradition: Es ist belegt, dass schon im Winter 1591/92 die stolzen Alstervögel während der kalten Jahreszeit auf Kosten der Steuerzahler mit Getreide gefüttert wurden.
Zur winterlichen Vogelwelt gehören die Möwen. „Spätestens im Herbst und dann im Winter bevölkern Zigtausende von Lachmöwen die Hansestadt. An der Binnenalster, im Hafen und am Isebekkanal sind sie dann nicht mehr wegzudenken und werden dort häufig von Passanten gefüttert“, schreibt Harald Vieth.
Doch nicht immer tut die Stadt der Vogelwelt Gutes. Vieth beklagt die zunehmend „sterile Architektur mit viel Glas und Beton“. Die Gebäude würden manches Mal zu Todesfallen und böten den Vögeln keinerlei Nistmöglichkeiten, heißt es in dem Vorwort zum Buch. Auch das Stadtgrün habe einen schweren Stand.
Wo Grün und Vögel fehlen, fühlten sich auch die Bürger nicht wohl, so Vieth: „Hamburger Flächen mit der geringsten Anzahl an Vogelarten sind gleichzeitig soziale Brennpunkte.“
Zum Weiterlesen: Hamburgs Vögel, Harald Vieth, Eigenverlag, 19,90 Euro plus Versand, www.viethverlag.de