Beim Einschenken von Hefeweißbier kann man viel falsch machen. Geologieforscher Seyfried hat dazu Versuchsreihen gemacht.

Stuttgart. Der Saal ist brechend voll, jeder Sitzplatz ausverkauft. Mehr als 130 Besucher zählt die Stuttgarter Gaststätte „Rosenau“ an diesem Montagabend bei einer neuen Ausgabe der Veranstaltungsreihe „Science Pub“. Alle sind gekommen, um einen wissenschaftlichen Vortrag zu hören. Der Referent: ein Spezialist auf dem Gebiet Geologie und Planetologie. Dr. Hartmut Seyfried von der Universität Stuttgart spricht aber nicht über tektonische Platten oder das Ziel der NASA, den ersten Mensch auf den Mars zu bringen. Er referiert zum Thema Bier – Hefeweißbier genauer.

Seyfried interessiert sich vor allem für das richtige Einschenken dieser „wundervollen Hefe-Suspension“, wie er sie nennt. Er stellt ein leeres Weizenglas auf ein Podest in der Mitte der Bühne und gießt eine volle Flasche des Gerstensafts senkrecht hinein. „Sehen Sie, wie sich das adiabatisch nach unten fortpflanzt?“ Damit will Seyfried sagen, dass man es gerade so nicht macht. Lautes Gelächter im Publikum, als der Bierschaum über den Rand schwappt.

Das Einschenken von Hefeweizen ist für den emeritierten Professor nicht nur eine Kunst, sondern eine Wissenschaft für sich. Er kennt sich aus mit den chemischen Vorgängen im Glas. Nicht wenige Gäste heben ihr Bier prüfend in die Höhe, während der Referent die Entmischung von Flüssigkeit und Gas erklärt. Leicht verständlich und mit einem gehörigen Wortwitz – so versteht es Seyfried alle Altersklassen im Saal abwechselnd zum Staunen und dann wieder zum Lachen zu bringen.

Ein Reiskorn im Bier soll, dem Volksmund nach, das Schäumen kontrollieren. „Ein Mythos“, sagt der Fachmann. „Bis das Korn unten ankommt und wirkt, ist das Glas ausgetrunken.“ Gegen zu viel Schaum helfe nur gut gekühltes Bier und ein feuchtes Glas. Der Trick für Fortgeschrittene sei, vor dem Überschwappen den Flaschenhals in die Schaumkrone zu stecken. „Und immer schön die Hefe am Boden der Flasche nachgießen“, mahnt Seyfried. Da müsse man schon mal kräftiger schwenken. „Als ob Kieselsteine drin wären“, heißt die Faustregel.

Auch zum Thema Frauen und ihrer angeblich weniger ausgeprägten Beziehung zum Hefeweizen hat Seyfried eine Theorie. Denn eine Hefe-Liebhaberin zu finden, könne man getrost als „galaktische Ausnahmesituation“ bezeichnen. Und Schuld daran hätten die Väter. Das sei eine Folge ihrer „mangelnden Biererziehung“.

Bei seinem Vortrag über das Bier ist der Professor im Wirtshaus nicht der einzige Fachmann. In der anschließenden Fragerunde zeigt sich, dass selbst manche Fachbegriffe wie „laminar subkritische Strömung“ hängen bleiben. Ein bisschen Wissenschaft im Wirtshaus habe noch keinem geschadet, sagt Seyfried. Das könne mitunter keine leichte Aufgabe für den Referenten sein, weiß er. Die wissenschaftlichen Grundlagen habe er nur anreißen können.

Themen wie „Was Sie schon immer über Sex wissen wollten“ oder Anekdoten über „Gefährliche Verwandtschaft“ von einem ehemaligen Zoo-Tierarzt kamen im „Science Pub“ bisher gut an. Für die vierte Ausgabe im Februar haben die Veranstalter Michael Eisermann von der Uni Stuttgart eingeladen, der einen Vortrag zur „Mathematik hinter Google“ hält.