Interessenten sollten auf sinkende Preise für Solar-Module warten. Verbraucherschützer warnen vor überteuerten Angeboten.
Hamburg. Das Telefon steht kaum noch still bei der Hamburger Firma Backhaus Solartechnik. Die Kunden wollen nur eines wissen: Geht meine Solarstromanlage noch vor dem 31. März an das Netz? Denn jeder Tag später, mit dem der mit Sonnenenergie erzeugte Strom (Fotovoltaik) in das öffentliche Netz eingespeist werden kann, bringt rund sechs Cent weniger pro Kilowattstunde (kWh) und schmälert die Rendite um rund zwei Prozentpunkte.
"Bei diesem Wetter können wir aber nicht aufs Dach", sagt Arne Hagemann, Geschäftsführer von Backhaus Solartechnik dem Abendblatt. "Und wer sich erst jetzt überlegt, eine Anlage noch in Auftrag zu geben, hat ohnehin keine Chancen mehr, bis März schon Stromlieferant zu werden." Denn so wie Backhaus Solartechnik geht es der gesamten Branche. Die Kürzungspläne der Bundesregierung für die garantierte Einspeisevergütung um 15 Prozent verschaffen der Branche einen zusätzlichen Auftragsboom, den sie kaum bewältigen kann. Solarstrom zu erzeugen, ist eines der sichersten Geschäftsmodelle. Die einmal zugesagte Einspeisevergütung garantiert der Staat für 20 Jahre. Wer seine Anlage erst nach dem 31. März 2010 an das Netz bringen kann, erhält nur noch 0,3327 Euro statt bisher 0,3914 Euro pro kWh.
Das sorgt bei den Kunden für große Aufregung: Mit der reduzierten Einspeisevergütung sinkt sie im Beispielfall 2 (s. Tabelle) auf 4,10 Prozent, während der Nachbar, der jetzt schon Strom produziert, noch 6,39 Prozent kassiert. Die Berechnungen beziehen sich auf einen Zeitraum von 20 Jahren. Nach Steuern sieht die Rechnung noch schlechter aus und rechtfertigt erst recht kaum noch eine Investition in Sonnenenergie. Denn wenn die Fotovoltaikanlage auf dem Einfamilienhaus nicht mindestens 20 Jahre durchhält und der prognostizierte Stromertrag geringer ausfällt, lohnt der Nebenerwerb als Unternehmer nicht. Vier Prozent Rendite kann man auch mit Sparanlagen erwirtschaften. Abhilfe schafft in dem Fall der Eigenverbrauch des produzierten Stroms zu einem Drittel. Dann bekommt man knapp 23 Cent pro selbstverbrauchter kWh als zusätzliche Förderung und hebt die Rendite im Fall 2 auf sechs Prozent.
"Es besteht die Gefahr, dass Investoren das Interesse verlieren", sagt Carsten Körnig, Geschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft. Nimmt man die planmäßige Senkung der Einspeisevergütung zu Beginn des Jahres hinzu, so kommt es bis April zu einer Absenkung in Höhe von 24 Prozent. "Wir sind nicht gegen eine Kürzung, aber man kann das nicht innerhalb weniger Monate durchpeitschen und damit ein völliges Chaos bei Lieferanten, Handwerkern und Kunden auslösen", sagt Hagemann.
Bundesregierung und Verbraucherschützer setzen auf weitere Preissenkungen der Module, die auf das Dach montiert werden und deren Anschaffungskosten man abschreiben kann. "Dann wird sich auch die Rendite wieder erhöhen", sagt Jörg Sahr von der Stiftung Warentest. Den Komplettpreis einschließlich Montage für ein Modul mit einem Kilowatt Spitzenleistung (kWp) beziffert Hagemann aktuell auf 3000 bis 3500 Euro. Die Mehrwertsteuer ist nicht mit einberechnet, weil man sich die als Stromerzeuger vom Finanzamt zurückerstatten lassen kann. Mit einem solchen Modul lassen sich bei günstiger Ausrichtung rund 850 kWh Strom pro Jahr in Hamburg erzeugen.
"Mehr als 3000 Euro je kWp sollte man nicht bezahlen", sagt Bernd Schüßler vom Solarstrom-Magazin "Photon". "Auch in Hamburg sind nach der Kürzung noch Renditen von vier bis acht Prozent drin", sagt der Experte. Dazu müssen die Preise der Module weiter sinken. Nur wenn die Anlage um 15 Prozent günstiger wird (Fall 3) erreicht die Rendite fast wieder das Niveau von vor der Kürzung. Mit einer noch günstigeren Anlage (Fall 4) erreicht der Hausbesitzer sogar eine Rendite von sieben Prozent, auch wenn der Stromertrag etwas geringer ausfällt. "Verbraucher sollten lieber abwarten, als sich jetzt eine überteuerte Anlage auf das Dach setzen zu lassen", rät Verbraucherschützer Sahr. Für 2010 gehen Experten bei den Modulen von einer Preissenkung von bis zu 25 Prozent aus.