Hamburg. Erektionsprobleme sind nicht nur ein Altersphänomen: Auch junge Männer leiden zunehmend unter Potenzstörungen. Was steckt dahinter?

Funktioniert das männliche Glied nicht so wie erwünscht, fühlen sich viele Männer frustriert und setzen sich stark unter Druck. Doch der Stress, dass es beim nächsten Mal wieder nicht funktionieren könnte, kann schnell in einen Teufelskreis führen. Dass der Penis ab und zu schlapp macht, muss nicht zwangsläufig ein Grund zur Sorge sein. Doch wenn es immer wieder ein Thema ist, könnte es ein Hinweis auf eine Erektionsstörung sein. Was man dagegen tun kann und welche Warnzeichen Sie ernst nehmen sollten, erklärt eine Paartherapeutin.

Potenzprobleme: Immer mehr jüngere Männer sind betroffen

Auch wenn Erektionsprobleme immer noch ein Tabu-Thema sind, betreffen sie viel mehr Männer als die meisten Menschen denken – allein in Deutschland ist laut Statista von fünf Millionen Männern die Rede. Je älter die Betroffenen sind, umso größer können die Potenzprobleme werden: Während bei den über 40-Jährigen jeder Zehnte mit Erektionsproblemen zu kämpfen hat, ist es bei den über 60-Jährigen jeder Dritte.

Doch es ist längst nicht nur ein Problem, das lediglich Ältere betrifft. Einer Umfrage der Universität Antwerpen zufolge leiden immer mehr junge Männer unter Erektionsstörungen. Die Wissenschaftler erklären sich dieses Phänomen mit dem immer höheren Konsum von pornografischen Videos. Häufig führen sie zu unrealistischen Vorstellungen und Erwartungen an das eigene Sexleben, die den Mann unter enormen Druck setzen – Erektionsprobleme können die Folge davon sein.

Zwei Blumentöpfe mit einem großen und einem kleinen Kaktus auf blauem Hintergrund.
Erektionsprobleme fangen bei vielen Männern im Kopf an. Doch in manchen Fällen können auch gesundheitliche Ursachen dahinter stecken.  © Getty Images | Henadzi Pechan

Auch die Paar- und Sexualtherapeutin Beatrice Wagner geht diesem Thema auf den Grund. Sie findet nicht nur den Pornokonsum problematisch, sondern auch den einfachen Zugang dazu. „Weil der nächste Reiz nur einen Fingerklick entfernt ist, findet man oft kein Ende“, beobachtet sie. Wer sich solche Videos anschaut, der erlebe eine übermäßige Dopaminausschüttung und gewöhne sich schnell daran.

Mit ihren Beobachtungen ist die Expertin nicht allein: Viele andere Studien kommen auf ähnliche Ergebnisse. Erst vor Kurzem hat eine Analyse von Nachrichten auf einer Social-Media-Plattform gezeigt, dass vor allem jüngere Männer ihre Erektionsprobleme mit dem erhöhten Pornokonsum und übermäßiger Masturbation in Zusammenhang bringen.

Paartherapeutin: Ein Faktor spielt bei Erektionsproblemen eine entscheidende Rolle

Macht der Penis sporadisch schlapp, sei es nicht weiter besorgniserregend, betont Wagner. Die Expertin erklärt, wie es im Normalfall läuft: „Erregung hat bei Männern viel mit visuellen Reizen zu tun. Sie beginnt also im Kopf. Empfängt das Gehirn einen sexuellen Sinnesreiz, etwa eine schöne Frau oder eine Fantasie, schickt es Nervenimpulse über das Rückenmark zum Penis, der sich versteift.“

Nun kommen die erwähnten Impulse durch Leistungsdruck und Versagensängste nicht immer dort an, wo sie ankommen sollten. Dabei gibt es einen entscheidenden Faktor: „Stress ist fast immer eine psychische Ursache für Impotenz“, sagt Wagner. Einfach erklärt: Sind Männer gestresst und fühlen sich unter Druck gesetzt, können sie gelegentlich Erektionsprobleme bekommen. In vielen Fällen sei es allerdings normal.

Wird der Penis über einen längeren Zeitraum gar nicht steif oder kann die Erektion häufig nicht gehalten werden, kann man meistens von einer erektilen Dysfunktion sprechen. Sie zeichnet sich zudem über einen hohen Leidensdruck aus, der durch die Erektionsprobleme entsteht.

Erektionsstörungen: Ursachen liegen oft nicht nur im Kopf

Impotenz kann auch körperliche Ursachen haben. Das National Center for Biotechnology Information (NCBI) und Paartherapeutin Wagner nennen einige Faktoren, die Erektionsstörungen begünstigen können:

  • Hochblutdruck
  • Erhöhte Blutfettwerte
  • Verkalkte Arterien und verengte Herzkranzgefäße
  • Übergewicht
  • Rauchen und Alkoholkonsum

Doch laut Wagner spielen auch psychische Faktoren eine wichtige Rolle. Vor allem bei jungen Männern seien sie oft die Hauptschuldigen, wenn der Penis nicht mitmacht:

  • Versagensängste
  • Scham
  • Angst
  • Depressionen

Was können Betroffene gegen Erektionsprobleme tun?

Bekommen Betroffene immer wieder keine Erektion, kann es schnell zu Versagensängsten führen. „Oft setzen sich Männer unter Leistungsdruck und glauben, es sei allein ihre Aufgabe, die Partnerin zu befriedigen“, beobachtet Wagner. Hilfreich sei es, seine Ansprüche und Erwartungen an die sexuelle Zweisamkeit zu hinterfragen. „Wenn sich beide Partner ganz auf den Sex einlassen, statt sich um ihre Leistung zu kümmern, können sie wieder miteinander verschmelzen“, so die Paartherapeutin.

Halten die Potenzprobleme über Monate an, sollten sich Betroffene einen professionellen Rat holen, sagt Wagner. Dafür können sie einen Hausarzt oder Urologen aufsuchen, der die Ursachen abklären und eine passende Behandlung empfehlen kann. Zu den häufigsten therapeutischen Maßnahmen gehören Medikamente, Psychotherapie, mechanische Hilfsmittel aber auch sportliche Aktivitäten.

Dieser Artikel erschien zuerst bei der Berliner Morgenpost.