Hamburg. Eine Hamburger Paartherapeutin erklärt, was eine On-Off-Beziehung bedeutet und welche Folgen sie haben kann.
In jeder Partnerschaft tauchen früher oder später Konflikte auf, die Partner vor große Herausforderungen stellen. Doch gemeinsam an Lösungen zu arbeiten, kann viele Paare überfordern. Für manche Menschen scheint es dann nur eine einzige Lösung zu geben: eine Trennung. Sie versuchen damit, die Auseinandersetzung mit dem Konflikt zu vermeiden. Wenn man sich dieses Verhaltensmuster genauer anschaut, stecken häufig tiefe Bindungsängste dahinter.
In einigen Partnerschaften kommt es vermehrt zu solchen kurzzeitigen Trennungen und nicht selten führen sie in eine On-Off-Beziehung. Wie mit einem imaginären Lichtschalter wird die Beziehung immer wieder an- und ausgeschaltet.
On-Off-Beziehung: Was bedeutet sie wirklich?
In einer On-Off-Beziehung trennen sich Partner immer wieder voneinander und kommen meistens nach einer kurzen Zeit wieder zusammen. Solche Beziehungen sind von großer Leidenschaft sowie starken Emotionen geprägt und verursachen bei Betroffenen häufig ein Gefühlschaos. Für manche Menschen ist diese Art der Partnerschaft ein Weg, um den Konflikten, Kommunikationsproblemen und sonstigem Beziehungsstress zu entkommen, doch oftmals führen die wiederholten Trennungs- und Versöhnungsphasen zu einer emotionalen Überforderung.
On-Off: Warum gehen Menschen diese Art der Beziehung ein?
„Im Beisein des Partners oder der Partnerin kann es sehr schwer sein, sich emotional zu distanzieren, deshalb kann eine Trennung für manche Paare den nötigen Abstand schaffen“, sagt die Diplom-Psychologin und Sexual- und Paartherapeutin Nele Sehrt. Die Distanz, die Paare durch kurzzeitige Trennungen schaffen, sei manchmal hilfreich, um in sich hineinzugehen und die eigenen Gefühle wahrzunehmen. Oft merkten die Betroffenen erst dann, welche Rolle der Partner in ihrem Leben spielt.
Eine On-Off-Beziehung kann allerdings schnell in einen Teufelskreis führen, der bei Betroffenen immer wieder Trennungsschmerz verursacht. Laut Hamburger Expertin würden Menschen diese Art der Beziehung eingehen, um einen Abstand von schwierigen Konflikten zu nehmen und mehr Zeit zu gewinnen, um diese zu verarbeiten. Doch die Gründe können je nach Paar unterschiedlich sein: Konfliktvermeidung, Verlust- und Bindungsängste und Kommunikationsprobleme seien dabei die häufigsten Ursachen.
- Narzissmus: Frau schildert Psycho-Terror in Ehe: „Ließ alles über mich ergehen“
- Expertin im Interview: Narzissmus in Beziehung: „Frauen abhängig wie von Heroin“
- Familie: Toxische Eltern – Wann Kinder radikalen Schritt gehen sollten
Kann eine On-Off-Beziehung zu langfristigem Erfolg führen?
„Meist haben sich die Paare so aneinander gewöhnt, dass sie es immer wieder versuchen, auch wenn es regelmäßige Trennungen erfordert“, beobachtet Sehrt. Langfristig kann daraus ein unendlicher Kreislauf entstehen, denn ungelöste Konflikte bleiben auch bei einer Trennung bestehen und werden manchmal sogar noch größer. Die Dauer einer On-Off-Beziehung kann je nach Paar unterschiedlich lang sein. Oft endet sie erst, wenn einer der Partner reif dafür ist, sich für eine Trennung zu entscheiden, ohne sie noch einmal infrage zu stellen.
Welche Folgen können On-Off-Beziehungen haben?
Die Sexualtherapeutin warnt: „Je stärker die Paare mit ihren Gefühlen involviert sind, desto schmerzhafter ist die Trennung.“ On-Off-Beziehungen können viele negative Auswirkungen auf die Psyche haben und in manchen Fällen sogar zu Angstzuständen oder Depressionen führen. Die Beteiligten fühlen sich oft unsicher und frustriert, da sie keine Kontrolle darüber haben, wann es wieder zu einer Trennung kommen könnte.
„Eine derart instabile Form des Zusammenlebens kann auch zu Schamgefühlen führen“, so Sehrt. Oft sei es der Fall, dass die häufigen Trennungen und darauffolgende Comebacks bei Freunden und Bekannten des Betroffenen jedes Mal auf weniger Verständnis treffen. Das habe häufig zur Folge, dass sich die Person aus Angst vor Kritik immer weiter zurückzieht und mit der Zeit weniger über ihr Liebesleben preisgibt.
Wann sollten Partner lieber einen Schlussstrich ziehen?
Wenn die Beziehung von extremen Hochs und Tiefs geprägt ist, ist es oft ein Zeichen für eine schädliche Dynamik. Wie die Paartherapeutin erklärt: „Wenn das Paar so zerstritten ist, dass es in einen destruktiven Kreislauf von Vorwürfen und Rechtfertigungen gerät, kann es in toxische Verhaltensweisen verfallen.“
Sobald die Beteiligten merken, dass die Beziehung nur noch mit sehr viel Energie am Laufen gehalten werden kann und sie keine positiven Gefühle mehr empfinden, sei es sinnvoll, über eine Trennung nachzudenken. Dafür müssten sie konsequent bleiben, betont Sehrt. Wichtig sei dabei, den Kontakt mit dem Partner oder der Partnerin zu vermeiden und nicht der Versuchung nachzugehen, ihm oder ihr nach ein paar Tagen wieder zu schreiben oder anzurufen.
Die Paartherapeutin betont: „Beziehungen sind generell immer eine Einladung zur Selbstreflexion.“ Vor allem der Partner, der dazu neigt, bei Konflikten immer wieder über eine Trennung nachzudenken, sollte sich mit seinen Gedanken, Ängsten und Verhaltensweisen auseinandersetzen. So könnten sich Betroffene beispielsweise fragen, woher ihre Beziehungsangst kommen könnte oder warum sie meistens die Trennung vorziehen.