Hamburg. Die Versagensangst im Bett kann zu einem Teufelskreis führen. Eine Expertin klärt auf, warum Männer keine Sex-Maschinen sein müssen.

Wie sexuelle Lust in Filmen ausgelebt wird und wie Sex im echten Leben abläuft, sind oft zwei verschiedene Paar Schuhe. Den leidenschaftlichen sexuellen Akt, der auch noch beide Partner gleichzeitig zum Höhepunkt bringt, gibt es in der Realität eher selten. Laut einer Studie von „ElitePartner“, in der letztes Jahr 4000 Menschen befragt wurden, zeigte sich, dass Menschen unabhängig von ihrem Geschlecht an der eigenen sexuellen Performance zweifeln. Fast jeder Vierte hat Angst, seinen Partner oder seine Partnerin im Bett nicht zufriedenzustellen.

Die idealisierte Idee vom romantischen und nahezu perfekten Sex führt bei vielen Menschen zu Versagensängsten. Paar- und Sexualtherapeutin Beatrice Wagner erzählt, wie sich Leistungsdruck auf das Sexualleben in Beziehungen auswirkt und warum Partner so oft Versagensangst haben. Es habe vor allem mit dem Wertewandel der heutigen Leistungsgesellschaft zu tun. Wie bei einem Tauschgeschäft sei die höchste Priorität beim Sex der Orgasmus, so die Expertin.

Sex: Psychologie spielt bei Leistungsängsten eine zentrale Rolle

Der Leistungsdruck beim Sex entstehe nicht nur durch den sozialen Druck, sondern werde durch psychologische Faktoren enorm verstärkt. Die Sorge um das eigene sexuelle Auftreten führe häufig zu Erektionsproblemen und vorzeitigem Samenerguss. Nicht selten sei die Angst, sexuell zu „versagen“, so groß, dass es auch zu Orgasmusschwierigkeiten kommt, erklärt die Expertin. „Gegen solche psychischen Probleme hilft oft auch die berühmte blaue Pille nicht“, so Wagner.

Sex-Expertin: So können Männer die Versagensangst überwinden

Oft führen die Ängste in einen Teufelskreis: „Der Leistungsdruck führt dazu, dass man sexuell nicht so leistungsfähig ist, wie man gerne wäre – und das wiederum führt dazu, dass die Angst vor sexuellem Versagen immer größer wird“, erklärt die Sexualtherapeutin. Passiert es immer wieder, dass man im Bett nicht so funktioniert wie man sich vorstellt, könne es auch zu einer sexuellen Lustlosigkeit führen.

Wie der klinische Sexualexperte Christoph Joseph Ahlers in seinem Buch „Himmel auf Erden und Hölle im Kopf“ erklärt, könne Sex psychosoziale Grundbedürfnisse erfüllen und ermöglichte es den Menschen, auf eine intime Art und Weise miteinander zu kommunizieren. Paartherapeutin Wagner weist darauf hin, dass sich Paare bei diesem intimen Austausch so akzeptieren sollten, wie sie sind, und einander Liebe und Zärtlichkeit zeigen sollten, auch wenn es im Bett nicht wie nach einem perfekten Drehbuch läuft. Im Gegenteil, könnte es den Leistungsdruck erhöhen. Begegnen sich Partner mit Verständnis und Akzeptanz, können die Versagensängste überwunden werden, so die Expertin.

Liebe und Sex: Wichtige Tipps, um Leistungsängste zu besiegen

1. Sexroutine mal anders

Eine Hotelübernachtung zu zweit oder ein gemeinsames Abendessen könnten hier Wunder bewirken. Paartherapeutin Wagner empfiehlt, eine Sex-Pause einzulegen und die Sexroutine zu durchbrechen. Wichtig sei dabei, sich nicht nur auf den Höhepunkt zu konzentrieren. „Es geht vielmehr darum, wieder ein gemeinsames Liebesspiel zu entwickeln“, so die Expertin.

2. Sich beim Sex fallen lassen

Männern, die beim Sex immer noch an die Arbeit denken und sich nicht auf das Hier und Jetzt fokussieren können, empfiehlt Wagner, mehr auf ihre Wahrnehmung zu achten. „Für einen Orgasmus muss man den Kontrollteil im Gehirn für einen Moment ausschalten und sich der Situation einfach hingeben“, sagt sie und ergänzt: „Sie wissen oft gar nicht, was sie beim Sex empfinden.“ Eines steht demnach klar: Um sich beim Sex fallen zu lassen, brauche es Vertrauen.

3. Männer müssen keine Sexmaschinen sein

Die Sexualtherapeutin erklärt: „Männer müssen sich von dem Druck befreien, immer wie eine Maschine funktionieren zu müssen.“ Die hohen Erwartungen führen demnach dazu, dass Männer entweder gar keine Lust mehr auf Sex haben, sich eine Affäre suchen oder Erektionsprobleme bekommen. „Der Druck lastet auf dem Mann: Er muss immer können, auf Kommando eine Erektion bekommen und die Frau befriedigen“, sagt Wagner.