Berlin. Ein Glas Wein gehörte zum Alltag von Bestsellerautor Bas Kast. Heute betont er: „Ich war zu unkritisch“. Darum lebt er nun abstinent.
Noch vor wenigen Jahren trank der deutsch-niederländische Autor und Wissenschaftsjournalist Bas Kast selbst regelmäßig ein Gläschen Wein – nie mehr und nie viel. In seinem Bestseller „Der Ernährungskompass“ witzelte er, dass man kompletten Alkoholverzicht gar als gesundheitsschädlich bezeichnen könnte.
Heute lebt der 51-Jährige abstinent, das Kapitel von damals ist überarbeitet, sein neues Buch „Warum ich keinen Alkohol mehr trinke“ erscheint bald. Im Gespräch mit dieser Redaktion zeigt er sich selbstkritisch, erklärt seine Beweggründe, teilt gegen Influencer aus und warnt vor einem noch größeren „Killer“ in unserer Ernährung.
Herr Kast, Sie leben und ernähren sich seit Jahren bewusst sehr gesund, aber ein Gläschen Wein gehörte auch bei Ihnen zum Feierabendritual. Nun also völlige Abstinenz und auch wissenschaftlich eine andere Sichtweise auf Alkohol. Wie kam es zu dem Sinneswandel?
Bas Kast: Es ist in der Tat erstaunlich, wie sich Wahrnehmungen ändern können. Ursprünglich hatte ich nur wegen eines anstehenden Fotoshootings auf Alkohol verzichtet, um die Kalorien einzusparen. Ich wollte in Form kommen. Zusätzlich zum Laufen habe ich daher damals auch mit Kraftsport begonnen. Dieser dient mir bis heute als Stress-Ausgleich, um nach einem anstrengenden Arbeitstag runterzukommen – so wie früher das Gläschen Wein. Das war vor ziemlich genau zwei Jahren.
- Diät: „Mit diesen drei Tricks habe ich 45 Kilo abgenommen“
- Abnehmen: „Ich verzichte seit 4,5 Jahren auf Süßigkeiten“
- Fasten: Intervallfasten: Experte rät Frauen zu Zwei-Wege-Plan
- Ernährungsversuche: Vegan vs. Fleisch: Zwillinge experimentieren mit Ernährung
- Eiweiß: Abnehmen mit Proteinfasten: Dr. Riedl nimmt More Nutrition auseinander
Aber auch nach dem Foto-Shooting haben sie keinen Tropfen Alkohol mehr getrunken.
Kast: Ich hatte mich zu diesem Zeitpunkt wieder sehr intensiv mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen zu Alkohol und dessen Einfluss auf unseren Körper beschäftigt. Noch vor Jahren galt mäßiger Alkoholkonsum als gesund, doch neue Daten zeigen nun eindeutig, dass schon kleine Mengen etwa das Krebsrisiko erhöhen. Er lässt das Gehirn schrumpfen, führt zu Bluthochdruck und einer Verfettung der Leber. All das, wohl gemerkt, schon bei einem kleinen Glas Wein oder Bier am Tag. Meine Recherchen hierzu und dass Kanada Anfang 2023 dann auch nur noch ein bis zwei Drinks pro Woche als halbwegs risikoarmen Konsum einstufte, haben mich bewogen, selbst gar keinen Alkohol mehr zu trinken.
Mittlerweile scheint sich selbst der positive Effekt von geringen Mengen Wein am Tag auf das Herz-Kreislauf-System nicht zu bestätigen. Lagen Sie und die Forschung damals so falsch?
Kast: Ich war definitiv zu unkritisch. Das ärgert mich auch im Nachhinein. Heute bin ich da klarer – das „gesunde Gläschen Wein“ gibt es nicht. Alkohol schadet der Gesundheit, egal wie wenig man trinkt. Aber das ist ja auch der Sinn der Wissenschaft: Man versucht ständig das alte Weltbild zu korrigieren und weniger falsch zu liegen. Die Studien von früher erwiesen sich im Nachhinein in der Auswahl der Gruppe von Menschen bei Abstinenzlern und moderaten Trinkern als problematisch.
Die besten Artikel der Serie „Raus aus der Sucht“
- Therapie: Alkohol und Co.: Ausstieg aus Sucht nie ohne Hilfe angehen – Lebensgefahr
- Tablettensucht: Schmerzmittel auf Rezept: So leicht machen sie süchtig – Entzug „brutal“
- Erfahrungsbericht: 20 Jahre abhängig von Alkohol – Wie Gaby der Sucht entkam
- Selbsttest machen: Pornosucht behandeln – Expertin gibt 5 Tipps
Inwiefern?
Kast: Die Abstinenzler waren zum Teil insgesamt kränker und verzichtetet deshalb auf Alkohol. Teilweise waren sogar Ex-Alkoholiker darunter. Man selbst würde ja auch, wenn man stark erkältet ist oder gar schwer erkrankt, nicht unbedingt weiter trinken. Das heißt dann, dass die Gruppe der Abstinenzler der Beobachtungsstudien per se im Schnitt wohl nicht ganz so fit und gesund war wie diejenigen, die moderat weiter getrunken haben. Das zu hinterfragen, wurde in älteren Studien verpasst. Restlos geklärt, ob es vielleicht doch einen Herzschutz gibt, ist die Frage immer noch nicht. Da man aber definitiv weiß, dass das Krebsrisiko im Grunde mit jedem Schluck Alkohol erhöht wird, trat dies in den letzten Jahren mehr und mehr in den Vordergrund.
Was genau macht Alkohol so schädlich?
Kast: Im Grunde ist Alkohol wie eine Sedierung des Gehirns, eine Narkose light, wenn man so will. Hinzu kommt: Unser Körper baut Alkohol zunächst zu einer hoch-toxischen und krebserregenden Substanz ab: Acetaldehyd. Das sammelt sich mit der Zeit im Mund, der Speiseröhre, dem Magen und dem Darm an. Dort kann es so zu Erbgutschäden kommen und die Entstehung von Krebs begünstigen. Erst im zweiten Schritt wird Acetaldehyd dann zum unschädlichen Acetat, also zu Essig.
Wäre es mit Blick auf die Feiertage und gute Neujahrsvorsätze also an der Zeit, dass wir uns den Wein oder Sekt zu Fest verkneifen?
Kast: Betrachtet man die globalen Daten, dann wäre zu viel Salz tatsächlich der größte „Killer“ in unserer Ernährung – noch vor Fett und Zucker und auch vor geringen Mengen an Alkohol. Zu viel Salz fördert den Bluthochdruck und steigert somit das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen dramatisch. Wenn man so will, wäre hier der Verzicht oder zumindest eine deutliche Reduktion sogar noch wichtiger, als sich das gelegentliche Gläschen Wein zu verkneifen. Insbesondere in verarbeiteten Lebensmitteln ist oft viel zu viel verstecktes Salz enthalten. Ich rege mich gerade immer wieder tierisch auf, wenn so ein Influencer-Arsch vermeintlich gesundheitsfördernd Nahrungsergänzungsmittel anpreist, in denen aber unnötigerweise Salz zugesetzt ist.
Was empfehlen Sie Menschen, die ihre Gesundheit verbessern wollen?
Kast: Der erste und einfachste Schritt ist, mehr selbst zu kochen, neue Gewürze zu entdecken und bewusst zu schauen, was gebe ich da alles in mein Essen. Selbst Zubereitetes vermindert nicht nur den Konsum von Salz, Fett und Zucker, sondern erhöht auch das Bewusstsein für eine gesunde Ernährung. Ich möchte hier auch kein Spielverderber sein, der Menschen ihre Schokolade oder ihren Wein madig macht. Es geht um eine grundsätzliche Haltung und nicht darum, auf etwas verzichten zu müssen. Es geht immer wieder aufs Neue um die bewusste Entscheidung für ein gesünderes Leben.
- Ernährung: Mit dieser Gewohnheit können Sie Ihr Leben deutlich verlängern
- Ruhig schlafen: Diese Ernährung hilft gegen Schnarchen
- Gesund essen: Mediterrane Ernährung bekommt Konkurrenz von dieser Diät
- Studie warnt: Diese Snacks sind so ungesund wie Rauchen
- Ernährungs-Doc: Wie Fettleber zur Volkskrankheit wurde