Berlin. Eine NGO fordert ein Verkaufsverbot für Lachs aus Norwegen. Wie schlimm ist das Problem – und welche Alternativen gibt es?
Massentierhaltung hat mitunter schlimme Folgen für Menschen, Tiere und Klima – das gilt auch für die industrielle Fischzucht. Zumindest warnen Umwelt- und Verbraucherschutzorganisationen immer wieder vor deren negativen Folgen. „Foodwatch“ fordert nun sogar einen Verkaufsstopp von Lachs aus Norwegen in Deutschland.
Geht es nach der Verbraucherschutzorganisation sollen Supermärkte diesen nicht mehr anbieten, weil die Lachszucht in dem skandinavischen Land „enormes Tierleid und Umweltschäden“ verursache. Das erklärte Foodwatch am Mittwoch in Berlin. Laut einer Studie, die der Nachrichtenagentur AFP vorlag, stirbt jeder vierte junge Lachs bereits während der Aufzucht.
Aquakultur: Tierschutzorganisationen warnen vor Folgen
Im vergangenen Jahr verendeten den Angaben zufolge rund 100 Millionen Tiere noch vor der Schlachtung. Jeder sechste größere Lachs starb demnach in den Zuchtkäfigen, die Hauptursache seien Infektionskrankheiten. Es sei mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, „dass ein Großteil der Lachse in deutschen Supermärkten aus Betrieben stammt, in denen die Tiere krank sind“, heißt es in der Studie. Solange sich die Zustände nicht verbessern, sollten „Rewe, Edeka, Aldi und Lidl keine Lachsprodukte mehr aus dem Land verkaufen“, forderte Foodwatch. Den Angaben zufolge stammt jeder zweite Lachs in deutschen Supermarktregalen aus Norwegen.
Auch beim WWF heißt es: „Aquakultur ist häufig ein ökologisches Desaster“. Bei sogenannten offenen Systemen, also Anlage in natürlichen Gewässern, würden diese häufig verschmutzt – etwa mit Antibiotika, Pestiziden und Exkrementen. Ausbrechende Zuchtfische würden zudem Krankheiten auf Wildfische übertragen oder ihr verändertes Genmaterial weitergeben. Die Umweltschutzorganisation verweist zudem auf den hohen Energie- und Futterverbrauch der Anlagen.
Für Verbraucher bietet der WWF einen Fischratgeber an. Vom Kauf unter anderem des Atlantischen Lachs – auch aus Aquakultur – wird dort eher abgeraten. Allerdings hält der WWF einige Lachsarten aus bestimmten Regionen für unbedenklich:
- Alaska-Seelachs Nordostpazifik FAO 61, 67: Östliches Beringmeer (USA)
- Pazifischer Lachs Nordostpazifik FAO 67: Alaska, Wildfang
- Buckellachs und Ketalachs Lachs Nordostpazifik FAO 67: Kanada
- Seelachs/Köhler aus Nordostatlantik FAO 27: Barentssee, Norwegische See, Spitzbergen und Bäreninsel
- Seelachs Nordostatlantik FAO 27: Island
Gütesiegel bei Fisch: Foodwatch ist skeptisch
Der WWF verweist zudem auf Gütesiegel, etwa das Aquaculture Stewardship Council (ASC). Dieses Siegel erhalten Produkte von Herstellern „nachhaltiger“ Aquakulturen. Doch Foodwatch sieht auch diese kritisch. Die Einzelhändler dürften sich „nicht länger hinter fragwürdigen Siegeln verstecken, sondern müssen jetzt Verantwortung übernehmen, um das Leid der Lachse zu beenden und die Umwelt zu schützen“, erklärte Annemarie Botzki von Foodwatch. Sie forderte klare Vorgaben für die Tiergesundheit, eine strenge Überwachung und harte Strafen bei Verstößen.
Siegel wie ASC seien „keine Garantie für Umweltschutz und gute Tierhaltung“ und verhinderten die Missstände in den Zuchtbetrieben nicht, erklärte Foodwatch. Demnach funktioniert die Rückverfolgbarkeit „kaum“. „Von zehn ASC-Produkten in einer Stichprobe konnte Foodwatch gerade einmal zwei zu einer konkreten Lachsfarm zurückverfolgen“, erklärte die Verbraucherschutzorganisation.
lro mit AFP
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