Hamburg. Toxische Partnerschaften sind nicht immer leicht zu identifizieren. Experten verraten, wie Sie schädliche Verhaltensweisen erkennen.
Es ist nicht immer einfach zu erkennen, ob man sich in einer toxischen Beziehung befindet. Beziehungen durchlaufen im Laufe der Zeit schließlich Höhen und Tiefen und manchmal wird einem erst nach Jahren bewusst, dass das Verhalten des Partners einen emotionalen Schaden angerichtet hat. Oft sind toxische Dynamiken subtil und schleichen sich langsam in den Beziehungsalltag ein. Experten weisen allerdings darauf hin, dass es bestimmte Äußerungen gibt, die auf ein toxisches Verhalten hindeuten können.
Verena Düttmann, Psychotherapeutin von der Online-Therapieplattform „HelloBetter“, arbeitet an der Entwicklung von digitalen Therapieangeboten und hat sich mit dem Thema toxische Beziehungen intensiv auseinandergesetzt. Bei den typischen toxischen Sätzen sei es wichtig zu wissen, dass sie nicht automatisch auf toxisches Verhalten hindeuten müssen: „Toxisch werden die Äußerungen, wenn sie wiederholt und – mal mehr, mal weniger bewusst – mit der Absicht gemacht werden, Macht auszuüben“, erklärt die Expertin.
Hinter folgenden Sätzen kann nach Experten-Einschätzung toxisches Verhalten stecken:
1. „Das habe ich so nie gesagt.“
Kommt es öfter vor, dass eine Person die Wahrnehmung und Erinnerung seines Partners infrage stellt und frühere Aussagen abstreitet, sei es ein charakteristisches Anzeichen für Gaslighting, warnt Düttmann. Das Phänomen sei demnach eine manipulative Verhaltensweise, die auf Dauer dazu führe, so die Expertin, „dass die Betroffenen an ihrem eigenen Erinnerungsvermögen oder sogar an ihrer geistigen Gesundheit zweifeln.“
Gaslighting wurde nach dem Theaterstück „Gas Light“ des Dramatikers Patrick Hamilton benannt. Darin manipuliert ein Mann seine Frau, indem er Gaslampen in ihrem Haus anbringt und ihr einredet, sie bilde es sich nur ein. In dem Stück wird deutlich, dass es beim Gaslighting darum geht, die Wahrnehmung eines Menschen zu untergraben. Es wird versucht „den anderen zu kontrollieren, zu verunsichern und Macht zu gewinnen“, so Düttmann.
2. „Niemand wird dich so lieben, wie ich“
Hinter dieser Äußerung könnte sich kontrollierendes Verhalten verbergen, warnt Stefan Junker, Psychologe, Paartherapeut und Gründer der Online-Selbsthilfe-Plattform „couch:now“. Dabei werde behauptet, das Verhalten sei trotz seiner schädlichen Natur im besten Interesse der anderen Person. In der Realität handle es sich jedoch um „eine verzerrte Vorstellung von Liebe und Fürsorge“, so der Experte.
Es sei ein typisches Manipulationsmuster, das die Abhängigkeit einer Person von seinem toxischen Partner fördert. „Mit einer solchen Aussage wird versucht, die andere Person zu isolieren und abhängig zu machen, indem suggeriert wird, dass außerhalb der Beziehung keine ähnliche oder ‚bessere‘ Liebe gefunden werden kann.“ Solche Aussagen gelten als toxisch, weil sie gezielt eingesetzt werden können, um „Selbstzweifel zu säen, das Selbstwertgefühl des Gegenübers herabzusetzen und ihn oder sie an den ‚toxischen Partner‘ zu binden“, sagt die Psychotherapeutin Düttmann.
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3. „Das war doch nur ein Scherz. Du bist zu empfindlich.“
Mit dieser Aussage lasse man seinen Partner an seinem Empfinden zweifeln. Die Expertin erklärt: Das, was der Partner denkt und fühlt, werde infrage gestellt und seine Wahrnehmung als übertrieben dargestellt. „Das kann dazu führen, dass das Gegenüber an der Gültigkeit des eigenen Erlebens zu zweifeln beginnt“, so Düttmann. Nicht selten komme der Satz in Verbindung mit einer abwertenden Aussage, beispielsweise was das Aussehen des Partners betrifft.
4. „Ich mache das nur, weil ich dich liebe.“
Auch dieser Satz gilt als eine Red Flag und kann auf Gaslighting hindeuten. In diesem Fall werde oft toxisches Verhalten wie beispielsweise Kontrollzwang durch angebliche Liebe begründet, erklärt Beziehungsexperte Junker. Dadurch entwickele man eine emotionale Abhängigkeit und verstärke die Verunsicherung des Partners. Der Paartherapeut bezeichnet es als die „verzerrte Vorstellung von Liebe“.
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5. „Wenn du mich liebst, würdest du ...”
Mit dieser Äußerung „werden die Betroffenen unter Druck – teils emotionalen Druck – gesetzt, ihre eigenen Bedürfnisse und Wünsche zu ignorieren, um zu beweisen, dass sie den Partner oder die Partnerin lieben“, so Düttmann. Es entstehe der Eindruck, dass man bestimmte Bedingungen zunächst erfüllen müsste, um von ihrem Partner geliebt zu werden, sagt die Expertin.
Durch „Kontrolle, Manipulation und das Schaffen von Abhängigkeiten“ übe die toxische Person Macht aus und bringe ihren Partner dazu, bestimmte Entscheidungen zu treffen. Die Psychotherapeutin verdeutlicht es an einem Beispiel: „Wenn du mich lieben würdest, würdest du das Jobangebot ablehnen und bei mir bleiben.“ Die betroffene Person sieht sich in dieser Situation gezwungen, ihre Liebe durch bestimmte Handlungen zu beweisen.
Psychotherapeutin: Toxische Muster erkennen und frühzeitig reagieren
Schädliches, manipulatives Verhalten kann Beziehungen zerstören und Betroffene durch emotionale Abhängigkeit und Schuldgefühle stark belasten. Toxischer Partner versuchen häufig, „das Selbstwertgefühl der Betroffenen zu untergraben, Abhängigkeiten zu fördern und emotionale Manipulation zu betreiben“, so Düttmann. Die Psychotherapeutin rät dazu, auf solche Muster zu achten und offen anzusprechen. Das Ziel sei langfristig, gemeinsam an einer gesunden Beziehung zu arbeiten, die auf Respekt und Wertschätzung beruht.