Hamburg. Heimliches Durchstöbern des Partner-Smartphones: Ein moralisches und rechtliches Risiko, meint eine Expertin.
Man sitzt entspannt im Wohnzimmer, der Film läuft, doch die Gedanken schweifen ab: Das Smartphone des Partners liegt unbeachtet auf dem Tisch – ein verlockendes Szenario. Ein schneller Griff, ein paar Klicks, und schon könnte man vermeintliche Geheimnisse aufdecken: Nachrichten, verdächtige Fotos oder vielleicht auch nichts. Die Versuchung ist groß, endlich Klarheit über die schleichenden Zweifel zu bekommen, die einen nicht loslassen. Doch mit diesem Schritt betritt man gefährliches Terrain – moralisch, emotional und rechtlich.
Beziehung: Ein heimlicher Blick ins Smartphone aus Angst vor Untreue
Dieser heimliche Blick ins Handy des Partners hat weitreichende Konsequenzen. Ganz gleich, ob man etwas Belastendes entdeckt oder feststellt, dass es nichts zu befürchten gab – der Schaden ist angerichtet. Man hat nicht nur die Privatsphäre des Partners verletzt, sondern auch die Grundlage des gegenseitigen Vertrauens erschüttert. Wie soll man erklären, dass man heimlich spioniert hat? Und selbst wenn die Wahrheit ans Licht kommt, bleibt die Frage, ob dieser Vertrauensbruch überhaupt repariert werden kann. Hinzu kommt: Solches Verhalten bewegt sich nicht nur auf moralisch dünnem Eis, sondern kann auch rechtliche Folgen nach sich ziehen.
Trotz der Risiken entscheiden sich viele Menschen dennoch dazu, diesen Schritt zu gehen. Studien und Umfragen zeigen, dass etwa jeder Dritte bis jede Vierte schon einmal heimlich das Smartphone des Partners durchsucht hat. Die genauen Zahlen variieren je nach Land und Altersgruppe, doch ein Muster ist klar erkennbar: Misstrauen und Eifersucht sind die häufigsten Gründe. Berliner Paarberaterin Sylvia Fauck betont, dass dieses Verhalten in allen Altersgruppen vorkommt und oft aus Unsicherheit oder der Angst vor Untreue resultiert.
Paarberaterin spricht Klartext: Die Konsequenzen des Handy-Schnüffelns
Ein solches Verhalten hinterlässt oft tiefe Spuren. Eine Befragung von mehr als 100 Personen zeigte deutlich, dass das heimliche Durchstöbern des Smartphones in den meisten Fällen negative Auswirkungen auf die Beziehung hat. Für fast ein Viertel der Befragten war der Vertrauensbruch sogar so gravierend, dass er das Ende der Partnerschaft einleitete. Häufig liegt der Kontrolle eine Mischung aus Eifersucht und Kontrollbedürfnis zugrunde – mit zerstörerischen Folgen. Interessanterweise finden solche heimlichen Aktionen besonders oft statt, wenn der Partner oder Partnerin gerade im Badezimmer ist.
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Für die kontrollierte Person bedeutet dieses Eindringen in die Privatsphäre oft Wut und tiefe Enttäuschung: „Die kontrollierte Person verliert vor dem Partner oder der Partnerin zunächst einmal den Respekt und das Vertrauen“, so Fauck. „Es kann sogar passieren, dass man keine Achtung mehr vor dem Menschen hat.“ Da Vertrauen und Respekt eine zentrale Rolle in jeder Beziehung einnehmen, ist so ein Vertrauensbruch oft besonders schwer zu verkraften.
Doch impulsiv und verletzend zu reagieren, bringt selten eine Lösung, betont Fauck. Stattdessen empfiehlt sie, das Gespräch zu suchen und klarzustellen: „Du kannst gerne jederzeit in mein Handy gucken, aber könntest du mich bitte vorher fragen?“ Häufig ändern Betroffene nach solchen Vorfällen ihre Passwörter, doch das eigentliche Ziel sollte es sein, gar keinen Grund für Misstrauen entstehen zu lassen. „Niemand möchte sich vorm eigenen Partner oder der Partnerin schützen“, so die Beziehungsexpertin.
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Handy-Schnüffeln? Expertin stellt klar: Offenheit ist die bessere Antwort auf Skepsis
Um ernsthafte Konflikte oder schwerwiegende Schäden an der Beziehung zu vermeiden, sollte man bei Verdacht auf Untreue lieber das direkte Gespräch suchen, statt heimlich das Smartphone zu durchforsten. Besonders in monogamen Beziehungen ist ein offenes und ehrliches Gespräch der Schlüssel: „Es hilft, sich in einer ruhigen Minute zusammenzusetzen und zu sagen: ‚Ich hab da so ein komisches Gefühl. Kann es sein, dass du jemand anderen hast?’ oder auch ‚Ich finde, du hast dich irgendwie verändert’“, erklärt Fauck.
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Wichtig sei, eine solche Konversation immer persönlich zu führen. „Man kennt seinen Partner oder seine Partnerin und sieht, wie sie reagieren“, so die Paarberaterin. „Haben sie ein schlechtes Gewissen, oder fallen sie aus allen Wolken und können dich beruhigen?“
Außerdem sollte man sich bewusst machen, dass nicht alles, was auf einem Handy gespeichert ist, eine tiefere Bedeutung hat. Ein altes Foto mit dem Ex, das man einfach vergessen hat zu löschen, oder ein „Like“ auf Facebook könnten harmloser sein, als sie auf den ersten Blick erscheinen. Sich auf Vermutungen zu stützen, kann leicht zu falschen Schlussfolgerungen führen und für unnötige Konflikte und Misstrauen sorgen.
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Beziehung vs. Rechtslage: Wenn Handy-Spionage zur Straftat wird
Ein heimlicher Blick ins Smartphone des Partners ist nicht nur moralisch fragwürdig, sondern auch rechtlich riskant – und zwar sowohl aus zivil- als auch strafrechtlicher Sicht. „Wer sich unbefugt in das Handy einloggt, weil er zum Beispiel die Vermutung hat, sein Partner geht fremd, will die Nachrichten lesen und macht das ohne eine Einwilligung vorsätzlich, der begeht eine Straftat“, warnt Larissa Rus, Rechtsanwältin bei Media Kanzlei. Solch ein Vergehen kann mit Geldstrafen oder sogar einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren bestraft werden.
Zwar sei eine Haftstrafe in solchen Fällen selten, wie Rus betont, doch Geldstrafen sind keineswegs ungewöhnlich. „Der klassische Fall – die Freundin oder der Freund ist neugierig, loggt sich ins Handy ein und liest Nachrichten und Chatverläufe mit – ist zivilrechtlich eine Persönlichkeitsrechtsverletzung“, erklärt die Rechtsanwältin. „Je nachdem, wie verletzend das war und welche Nachrichten heimlich gelesen wurden, kann das zu einer Geldentschädigung führen.“
In einigen Fällen könnte der Betroffene sogar zwei Strafen zahlen müssen. „Die strafrechtliche Geldstrafe wird an den Staat gezahlt und die zivilrechtliche an die geschädigte Person selbst“, so Rus.
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Expertin erklärt: Was tun, wenn das Misstrauen die Oberhand gewinnt?
Um das Vertrauen in einer Partnerschaft zu stärken, rät Paarberaterin Fauck zu mehr Offenheit im Alltag. Oft nimmt es den Druck aus der Situation: „Dann kommt auch keiner auf die Idee, darin herumschnüffeln, weil es das Gefühl vermittelt, dass man nichts zu verbergen hat“, sagt sie. „Falls jemand doch denkt, etwas zu finden, dann schaut er eben ein paar Mal rein, findet nichts und lässt es dann sein.“
Doch wenn das Misstrauen auch dann nicht schwindet – etwa aufgrund negativer Erfahrungen in früheren Beziehungen – kann professionelle Unterstützung helfen. „Wenn jemand unbegründet ein schwerwiegendes Problem mit Vertrauen und Eifersucht hat, kann das die Partnerschaft auf Dauer kaputt machen“, so Fauck. Eine Therapie kann in solchen Fällen helfen, alte Wunden zu heilen.
Kleine Geheimnisse können für Beziehungen gesund sein
Interessanterweise betont die Expertin auch, dass gewissen Geheimnisse für eine Beziehung wichtig und gesund sein können. Dazu gehört etwa, dass Passwörter nicht zwangsläufig geteilt werden müssen. „Ein Geheimnis kann auch etwas Positives sein. Es kann sich zum Beispiel um das nächste Weihnachtsgeschenk drehen oder eine andere Überraschung, die man plant“, erklärt Fauck. Wer also das Handy des Partners durchstöbern will, sollte sich fragen, ob er nicht gerade eine Überraschung zunichtemachen könnte. Vertrauen aufzubauen, statt es durch Kontrolle zu gefährden, ist in den meisten Fällen die bessere Entscheidung.