Hamburg. Untreue kann schmerzhaft sein und Beziehungen zerstören. Ein Experte erzählt, warum eine Affäre aber noch nicht das Ende bedeuten muss.

In vielen Beziehungen ist die Angst vor Betrug groß – schließlich kann Untreue eine Beziehung tief erschüttern. Laut einer repräsentativen Studie der Online-Partnervermittlung ElitePartner von 2020 ist fast jeder Dritte schon einmal untreu gewesen. Wie geht es nach einem Vertrauensbruch weiter? Kann man einem Fremdgeher wieder vertrauen? Ein Paartherapeut verrät, bei welchen Warnsignalen Partner reagieren sollten.

Fremdgehen: Einmal untreu, immer untreu? Psychologe spricht Klartext

In einer Studie der University of Denver wurden 484 heterosexuelle, unverheiratete Paare zwischen 18 und 34 Jahren unter die Lupe genommen. Für einen längeren Zeitraum untersuchten Wissenschaftler, ob und wann es zu Seitensprüngen kam. Die Resultate konnten den weit verbreiteten Glauben belegen, oder zumindest teilweise bestätigen: Wer schon einmal fremdgegangen ist, dem fiele es leichter, auch seine zukünftigen Partner zu betrügen. Im Durchschnitt passierte es dreimal häufiger als bei Menschen, die bisher immer treu waren.

Psychologe und Paartherapeut Rüdiger Wacker hält den Ausdruck „Fremdgeher“ allerdings für fraglich: „Damit wird implizit aus einem Verhalten eine Persönlichkeit gemacht“, sagt er. Der Beziehungsexperte glaubt, dass Menschen aus ihren Fehlern lernen und sich in der Zukunft ändern können: „Menschen können sich ändern, sie ändern sich ständig.“

Beziehung: Woran erkenne ich, ob mein Partner fremdgeht?

Paartherapeut Wacker weist darauf hin: „Der Versuch, eine Checkliste abzuarbeiten, kann unter Umständen das Problem erst schaffen, das man zu lösen versucht.“ Und dennoch gibt es bestimmte Warnzeichen, die man im Auge behalten sollte: häufige Überstunden und Abwesenheiten, auffällige Veränderungen im Erscheinungsbild (z.B. ein neuer Duft, intensive Körperpflege) sowie Frustration über das eigene Leben oder die Partnerschaft. Die Alarmsignale können auf eine Affäre hindeuten, müssen es aber nicht zwangsläufig.

Wichtig sei auch, die Untreue nicht als eine Charaktereigenschaft zu betrachten, so Wacker. Nach Angaben des Experten gibt es Menschen, für die Treue und eine monogame Beziehung nicht die höchste Priorität haben – stattdessen legen sie großen Wert auf Freiheit und Spaß. Das bedeutet jedoch nicht, dass sie automatisch untreue Partner sind.

Experte erklärt: So geht man am besten mit Untreue um

Wie findet man nach einem Seitensprung wieder zueinander? Ein Seitensprung kann tiefe Wunden hinterlassen und beide Partner vor große Herausforderungen stellen. Der Schlüssel sei eine gemeinsame Aufarbeitung. Über das Geschehene offen zu kommunizieren und seine Gefühle offenzulegen, habe eine fundamentale Funktion: „Das Paar hat einerseits mit der emotionalen Katastrophe zu kämpfen und gleichzeitig die Aufgabe, besser als zuvor miteinander zu reden und – nicht weniger wichtig – einander interessiert und engagiert zuzuhören“, erklärt Wacker.

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Um das Vertrauen wieder aufzubauen, braucht es Zeit. Hilfreich sei, einander Raum zu geben, sagt Wacker. Der Experte hält es für wichtig, dass der betrogene Partner seine verletzten Gefühle, Trauer und Wut im Gespräch ausdrücken und seine Zweifel und Fragen loswerden kann.

„Hier sind Einfühlungsvermögen, Verständnis und Geduld auf der anderen Seite gefragt, denn diese Themen können sich mehrmals wiederholen, bis sich die starken Gefühle gelegt haben“. Auch der untreue Partner braucht Raum und Zeit, um über seine Gefühle zu sprechen. „Nur wenn sich beide Partner nach und nach besser kennen und verstehen lernen, kann gegenseitiges Vertrauen entstehen“, so Wacker.

Psychologe: Absolute Sicherheit gibt es in Beziehungen nicht

Eine Treue-Garantie in Beziehungen sei allerdings illusorisch. Es sei schwierig vorherzusagen, ob ein Partner erneut fremdgehen wird. Eine tiefgründige Aufarbeitung des Geschehenen könnte jedoch entscheidend sein: „Nach einem Seitensprung ist die individuelle und gemeinsame Aufarbeitung wichtig, um einen erneuten Vertrauensbruch unwahrscheinlicher zu machen“, sagt der Psychologe. Zudem sei es ratsam zu lernen, wie man gemeinsam Konflikte lösen kann, sowie über Wünsche und Bedürfnisse offen zu sprechen, so der Experte.