Hamburg. Eine Studie untersuchte, wie sich das Alter auf das Erlernen motorischer Fähigkeiten auswirkt – die Resultate überraschen.

Die Meinung, dass Kinder deutlich schneller lernen als Erwachsene, ist weit verbreitet. „In der populärwissenschaftlichen Literatur und in verschiedenen Lehrbüchern wird davon ausgegangen, dass Kinder in einer bestimmten Altersgruppe – etwa vom achten Lebensjahr bis zur Pubertät – besser darin sind, neue Fähigkeiten zu erlernen als Erwachsene“, so Jesper Lundbye-Jensen von der Universität Kopenhagen. Aber stimmt das tatsächlich? In einer neuen Studie von der Universität Kopenhagen sind Wissenschaftler dieser Frage nachgegangen.

Um zu testen, ob die landläufige Meinung stimmt, wurden die motorischen Fähigkeiten von 132 Personen getestet. Untersucht wurden Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in vier Altersgruppen: 8 bis 10 Jahre, 12 bis 14 Jahre, 16 bis 18 Jahre und 20 bis 30 Jahre. Die finalen Ergebnisse haben das Forscherteam überrascht.

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Langer Mythos über Kinder: Forscher untersuchen motorische Fähigkeiten

Das Team wollte herausfinden, wie schnell die Testpersonen bestimmte Bewegungsabläufe erlernen können. Dazu sollten sie ein Computerspiel spielen. Mit einem Hebel, den sie zwischen Daumen und Zeigefinger gehalten haben, sollten sie den Cursor in sich bewegende Boxen halten. Dabei wurde auf Präzision und Schnelligkeit geachtet. Um die Fortschritte zu beurteilen, wurde die Leistung zu unterschiedlichen Zeiträumen erneut getestet.

Das Experiment lieferte eine spannende Erkenntnis: „Die Teilnehmer werden in der Anfangsphase des Trainings umso geschickter, je älter sie sind“, erzählte Lundbye-Jensen. Die Forscher konnten beobachten, dass die jungen Erwachsenen unmittelbar nach Anfang des Tests ihre Trainingsleistung deutlich schneller verbesserten als die jüngsten Studienteilnehmer.

Wie erklären die Forscher die überraschenden Ergebnisse?

Die rasche Lernerfolgskurve könnte den Forscherinnen und Forschern zufolge mit der geistigen Entwicklung zusammenhängen. Bei Kindern ist das Nervensystem noch nicht ausgereift, was den Lernprozess verlangsamen könnte.

Zudem könnten Erwachsene von ihrer größeren Lernerfahrung profitieren: „Erwachsene haben möglicherweise mehr Erfahrung darin, Anweisungen zu erhalten und in Handlungen umzusetzen. Nach vielen Jahren der Schulbildung können sie erfahrenere Lerner und effizienter darin sein, neue Dinge zu lernen“ erklärt Lundbye-Jensen.

Kinder oder Erwachsene: Wer lernt nachhaltiger?

Trotz der schnellen Lernerfolge zeigte sich bei Erwachsenen eine Schwäche: Sie vergaßen das Gelernte viel schneller als Kinder. Nach dem Trainingsende und am Tag danach war die Leistungsfähigkeit bei den älteren Teilnehmern deutlich niedriger. „Während sich die jüngsten Teilnehmer tatsächlich über Nacht verbesserten, verlieren Erwachsene einen Teil ihrer Leistungsfähigkeit wieder“, so Erstautor Mikkel Malling Beck von der Universität Kopenhagen.

Die Forscher erklärten den Unterschied mit einer unterschiedlichen Schlafdauer- und Qualität. Kinder schlafen in der Regel länger und haben eine bessere Schlafqualität, was die Gedächtnisbildung fördert. Erwachsene hingegen verarbeiten tagsüber oft mehr Informationen und haben weniger Zeit, neue Eindrücke im Schlaf zu festigen.

„Wenn ein Matheunterricht zu Ende ist, arbeitet das Gehirn weiter an dem, was gelehrt wurde, und stärkt so das Gedächtnis. Aber andere Aktivitäten in den Stunden danach – insbesondere solche, die mit Lernen verbunden sind – können die Gedächtnisprozesse und die Festigung des gerade Gelernten beeinträchtigen“, erklärt Lundbye-Jensen. 

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Die Studienergebnisse konnten belegen, dass das Erlernen motorischer Fähigkeiten mit dem Alter zusammenhängt. „Wir hoffen, dass dieses neue Verständnis von altersbedingten Unterschieden bei Lernprozessen Physiotherapeuten, Ergotherapeuten und andere Fachleute bei der Gestaltung von Trainingsprotokollen inspirieren wird“, so Lundbye-Jensen.

Um als Erwachsener effektiver zu lernen, empfehlen die Wissenschaftler regelmäßige Ruhe- und Pausenzeiten. Viele verschiedene Eindrücke könnten miteinander „konkurrieren“, so die Vermutung der Forscher. Folgestudien sollen die Frage klären, ob sich die Erkenntnisse auch auf andere Bereiche wie Spracherwerb übertragen lassen.