Berlin. Wenn ein Tattoo nicht mehr gefällt, lassen es die Betroffenen häufig entfernen. Dabei können jedoch einige Komplikationen auftreten.
Tattoos sind schwer im Trend. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov ist jeder Vierte in Deutschland tätowiert. Andere Umfragen sprechen sogar von jedem Dritten, in der Altersgruppe zwischen 25 und 34 könnte es sogar jeder Zweite sein. Der Geschmack verändert sich jedoch häufig über die Jahre, und das einst so geliebte Tattoo entspricht nicht mehr dem eigenen Gusto. Doch wie wird man es jetzt bestmöglich wieder los?
Um diese und andere Fragen zu klären, hat die FUNKE Mediengruppe gemeinsam mit der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft das Format „Die Haut-Docs“ ins Leben gerufen. Hier teilen Top-Experten die wichtigsten Erkenntnisse zu Krankheiten und Haut-Problemen wie Rosazea, Nesselsucht, Neurodermitis, Herpes und Pilzinfektionen. Sie haben eine Frage zu einem der genannten Themen? Schreiben Sie uns einfach unter haut-docs[at]funkemedien.de. Die Anliegen werden gegebenenfalls anonymisiert veröffentlicht und von unseren Top-Experten beantwortet.
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In der heutigen Ausgabe verrät Dr. Julian Kögel, Arbeitsgruppenleiter Forschung für Dermatologie am Universitätsklinikum Regensburg, welche Gefahren bei der Entfernung von Tattoos lauern und worauf man unbedingt achten sollte.
Sind Tattoos gefährlich für die Haut? Wenn ja, wieso?
Dr. Julian Kögel: Prinzipiell handelt es sich bei den Farbpigmenten um Fremdkörper im Organismus. Das birgt Risiken. Auf der einen Seiten begünstigt man durch den Prozess des Tätowierens natürlich Infektionen. Langfristig können im Körper auch Abwehr-Reaktionen auf diese Fremdkörper entstehen. Der Körper versucht dann, die Pigmente an der betroffenen Körperstelle loszuwerden. Besonders bei gelben oder roten Farbstoffen kann es zu allergischen Reaktionen kommen. Das ist schwer zu behandeln, da man die Farbstoffe in der Folge nicht so einfach aus der Haut entfernen kann.
Tattoo: Rote und gelbe Farbstoffe besonders gefährlich
Warum sind gerade gelbe und rote Farbstoffe so gefährlich?
Kögel: Jede Tattoo-Farbe hat spezifische Inhaltsstoffe. Die Erfahrung zeigt, dass die Inhaltsstoffe gelber und roter Farben eher allergen sind als bei andere Farbtönen wie blau oder schwarz.
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Welche Folgen drohen Tätowierten noch?
Kögel: Möglich sind auch sogenannte granulomatöse Reaktionen. Kann der Körper die Farbpigmente nicht entfernen, werden sie „abgekapselt“. Dabei entstehen kleinen Knötchen in der Haut, die sich kaum oder gar nicht zurückbilden. Man spricht dabei von sogenannten Fremdkörper-Granulomen.
Nicht selten bereuen die Betroffenen ein Tattoo. Wie genau läuft die Entfernung dann ab?
Kögel: Wenn die Patienten zu uns kommen, führen wir zunächst ein Beratungsgespräch durch und schauen uns die Tätowierungen an. Besonders wichtig ist die Frage, ob das Tattoo professionell oder von einem Amateur gestochen wurde. Amateur-Tätowierungen lassen sich in der Regel besser entfernen, weil die Farbstoffe in der Regel in geringerem Maße und weniger kompakt in die Haut eingebracht wurden. Danach besprechen wir das Vorgehen mit den Patienten, machen eine Fotodokumentation und erklären, welche Risiken bei der Entfernung bestehen.
Welche Risiken sind das?
Kögel: Prinzipiell kann es zu kurzfristigen Entzündungsreaktionen mit Blasen- oder Krustenbildung kommen. Das kann so ausgeprägt ablaufen, dass sich Narben bilden, was wiederum irreversibel ist. Deshalb sollte man vorab an einer kosmetisch irrelevanten Stelle eine Probe-Laserung durchführen, um den Effekt der Behandlung abschätzen zu können. Sollte es dann zu Nebenwirkungen wie Narbenbildungen kommen, kann man mit der Energiedichte des Lasers spielen und sie gegebenenfalls nach unten regulieren.
Dann hat man zwar weniger Effekt bei der Entfernung des Tattoos, riskiert aber auch keine Narben.
Grundsätzlich kann es bei der Laserbehandlung zu allergischen Reaktionen kommen, etwa, wenn die Farbstoffe in den Organismus freigesetzt werden.
Wie genau funktioniert die Entfernung auf technischer und medizinsicher Ebene?
Kögel: Wir nutzen einen Laser mit Schwenkarm. Dieser Arm wird dann auf die Haut aufgesetzt sowie die entsprechenden Behandlungsparameter eingestellt. Im Anschluss werden die Impulse ausgelöst. Die Pigment-Partikel in der Haut erhitzen mit einer extrem hohen Temperatur, was zu einer Explosion der Farbpigmente führt. Das ist für den Patienten durchaus schmerzhaft. So wird dann die gesamte Tätowierung „abgegangen“. Wichtig ist, dass man nicht überlappend lasert, um die umliegende Haut zu schonen, dies kann sonst zu Gewebeschädigungen führen.
Farbpigmete lagern sich in Lymphknoten ab
Was passiert mit den Farbpigmenten, wenn sie „explodiert“ sind?
Kögel: In der Regel werden die Farb-Partikel über das lymphatische System und die Lymphknoten abtransportiert. Was diese Pigmente langfristig im Körper auslösen können, ist noch unklar. Im Rahmen von Lymphknotenoperationen bei Tumor-Patienten konnte man eine Verfärbung der Lymphknoten beobachten, die durch in der Nähe liegende Tätowierungen ausgelöst wurden.
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Worauf sollte man nach der Behandlung achten?
Kögel: In der Folge sollte man die betroffenen Stellen kühlen und vier Wochen lang auf verstärkten UV-Schutz achten. Ansonsten kann es zu sogenannten Hypopigmentierung oder Hyperpigmentierungen kommen, also einer zu starken Aufhellung oder einem bräunlichen Nachdunkeln der behandelten Areale.
Wie lange dauert es, bis ein Tattoo entfernt ist?
Kögel: Für die Entfernung sind mehrere Sitzungen notwendig, um eine dauerhafte Aufhellung des Tattoos zu erreichen. In der Regel sprechen wir von mindestens acht Terminen. Je nach Größe des Tattoos dauert die Behandlung jeweils etwa fünf bis zwanzig Minuten. Dabei ist es wichtig, dass die Patienten keine falschen Erwartungen haben. Grundsätzlich kann man nicht vorhersagen, ob die Entfernung gut oder schlecht funktionieren wird. Viele denken, dass die Tätowierung nach zwei Sitzungen wie mit einem Radierer weggewischt ist. Dass das Tattoo komplett verschwindet, kommt jedoch nur in den allerseltensten Fällen vor.
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Entfernung von Tattoos: Nur vom Arzt durchführen lassen
Wer sollte die Entfernung von Tätowierungen durchführen?
Kögel: Die Entfernung kann zahlreiche Nebenwirkungen mit sich bringen. Deswegen ist es gesetzlich vorgeschrieben, dass die Tätowierungen nur von approbierten Ärzten entfernt werden dürfen. Früher war das auch in Schönheitssalons möglich, dem wurde aber ein Riegel vorgeschoben.
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Sind Laser auch langfristig das Mittel der Wahl, um Tattoos zu entfernen? Oder gibt es neue Methoden, die sich in der Forschung befinden?
Kögel: Vor einigen Jahren gab es Versuche, eine Kombi-Technik aus Laser und Ultraschall einzuführen. Das wurde aber eingestellt, weil es wenig erfolgversprechend war. Auf absehbare Zeit wird es also bei den Lasern bleiben.
Würden Sie sich selbst tätowieren lassen?
Kögel: Ich würde mich nicht tätowieren lassen. Prinzipiell würde ich auch jedem eher davon abraten. Auf jeden Fall sollte man sich intensiv mit den möglichen Komplikationen und Nebenwirkungen befassen. Das ist eine Risiko-Nutzen-Abwägung, die aber jeder für sich selbst treffen muss. Wenn jemand ohne sein Tattoo nicht leben kann, muss man das eben machen – ich würde es nicht tun.