Berlin. Was nicht passt, wird passend gemacht. Oder nicht? Ein Experte sagt, ob sich Partner ändern lassen – und was es über einen selbst aussagt.

„Es könnte ja nicht schaden, wenn du etwas spazieren gingest. Ich bringe dir deinen Mantel.“ In einem berühmten Loriot-Sketch mit dem Titel „Ich will doch nur hier sitzen“ versucht die Ehefrau ihren Mann, der die ganze Zeit friedlich in seinem Sessel sitzt, zu mehr Bewegung zu animieren. Und das äußerst penetrant. Am Ende schreit der Ehemann aufgebracht. Er fühlte sich offenbar fremdbestimmt.

Loriot war als Komiker ein Meister darin, Alltagsszenen in Beziehungen zu überspitzen – oft haben die kurzen Sequenzen, so auch die zwischen dem Ehepaar, einen wahren Kern. In vielen Partnerschaften herrscht Unzufriedenheit. Oft, weil der Partner oder die Partnerin den eigenen, teils hohen, Ansprüchen scheinbar nicht gerecht wird. Die Lösung liegt für viele auf der Hand: Er oder sie muss sich ändern. Nur, funktioniert es überhaupt, den Partner zu ändern?

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Beziehung: Partner ändern wollen – so einfach geht das nicht

Diplom-Psychologe Thomas Dürst nimmt Paaren diese Illusion: „Es ist nicht möglich, jemanden zu verändern – zumindest nicht von außerhalb“. Der Psychotherapeut aus Berlin betont, dass Veränderung in der Regel immer von innen heraus stattfindet. „Man kann Impulse und Anregungen liefern, um innere Veränderungsprozesse beim Gegenüber in Gang zu setzen. Aber der Partner oder die Partnerin lässt sich nicht allein durch Einflüsse von außen verändern“, sagt Dürst.

Doch woher kommt der Wunsch, den Partner oder die Partnerin ändern zu wollen? Meistens handelt es sich nicht um spezielle Eigenschaften, sondern um typische Belastungen in der Beziehung, die als störend empfunden werden. „Besonders häufig entstehen Konflikte im Beziehungsalltag, also, so banal es klingen mag, wie viel jeder zum Beispiel im Haushalt macht“, so Dürst. Aber auch der Wunsch nach mehr Verbundenheit und das Gefühl von Einsamkeit innerhalb der Beziehung führen bei vielen zu dem Impuls, den Partner ändern zu wollen, erklärt der Psychotherapeut.

Psychologe und Psychotherapeut Thomas Dürst
Thomas Dürst ist Diplom-Psychologe und Psychologischer Psychotherapeut. © Thomas Dürst | Thomas Dürst

Zu hohe Erwartungen an den Partner führen zu Frustration

Genau das sei ein „Dilemma“ in vielen Beziehungen. „Viele Menschen haben hohe Erwartungen und Wünsche an einen Partner. Werden diese nicht erfüllt, führt das zu Frustration. Der automatische Mechanismus, der dann oft einsetzt, ist: ‚Der andere muss sich ändern, damit es mir besser geht‘“, so Dürst.

Ein gravierender Trugschluss, resümiert Dürst. „Man projiziert eigene Erwartungen auf den Partner. Für ihn oder sie wiederum steht damit ein immenser Veränderungsdruck im Raum. Das kann nicht funktionieren.“ Vielmehr gehe es darum, die eigenen Bedürfnisse kennenzulernen. Genau das falle vielen Betroffenen schwer – und das sage einiges über sie aus.

„Personen, die ihren Partner oder ihre Partnerin unbedingt ändern wollen, sind oftmals nicht so gut in der Lage, für ihre eigenen Bedürfnisse zu sorgen. Im Sinne von: Was brauche ich eigentlich, damit ich mich wohler fühle?“, erklärt der Experte. Dahinter stecke auch die fehlende Fähigkeit zur Selbstreflexion, also wie gut man sich und seine Bedürfnisse kennt. Manchmal könne sich hinter dem Wunsch, den Partner oder die Partnerin ändern zu wollen, zudem auch ein niedriges Selbstwertgefühl verbergen, so Dürst.

Wie ist Veränderung dennoch möglich?

Aber dass man den Partner selbst nicht direkt ändern kann, sondern nur sich, bedeutet nicht, dass keine gesunde Art der Veränderung in einer Partnerschaft möglich wäre – und zwar „im Sinne eines gemeinsamen Entwicklungsprozesses mit mehr Bewusstsein füreinander“, so der Diplom-Psychologe. Dieser Prozess kann eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen. Dafür braucht es laut Dürst zunächst einen Kommunikationsrahmen, in dem jeder erstmal nur über sich spricht und der andere zuhört. Dadurch erhalte der Partner Information und Orientierung.

„Es ist gut, über das, was einen stört, zu sprechen“, erklärt Thomas Dürst. „Das staut sich sonst auf. Aus der eigenen Frustration heraus kann dann innerer Rückzug, Verbitterung oder passiv-aggressives Verhalten entstehen.“

Wenn Betroffene das Gefühl haben, dass ihnen etwas fehlt oder sie enttäuscht sind, sollte es also unbedingt angesprochen werden. Wichtig ist die richtige Kommunikation, betont der Experte. „Dabei unbedingt mit Ich- statt mit Du-Botschaften sprechen, also: ‚Ich fühle mich oft einsam‘ statt ‚Du sprichst nicht mit mir‘ zu sagen. Denn Gefühle wie Einsamkeit entstehen aus dem eigenen Erleben heraus und sollten deshalb aus der Ich-Form benannt werden.“

Veränderung ist also möglich, indem sich beide Partner einander annähern. Respektvoll und ehrlich miteinander sind. Sich gegenseitig zuhören. „Wenn ich von mir spreche und einen Prozess in Gang setze, kann der andere Bezug darauf nehmen. Dadurch werden zwei Wahrheiten, also die beider Partner, deutlicher“, erklärt der Psychotherapeut.

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Partner will sich nicht gemeinsam entwickeln: Was tun?

Im nächsten Schritt könne somit etwas Gemeinsames entstehen, wo jeder an sich etwas verändern kann. Voraussetzung dafür ist gegenseitiges Interesse am Gegenüber. „Nur so gelingt der Veränderungsprozess in einem gemeinsamen Bewusstsein – und nicht von außen mit erhobenem Zeigefinger und der Botschaft ‚Du machst jetzt das, damit es mir gut geht‘“, so Thomas Dürst.

Doch was, wenn der Partner oder die Partnerin sich einem gemeinsamen Veränderungsprozess verwehrt? „Der Partner muss interessiert sein, sich gemeinsam zu entwickeln“, sagt der Diplom-Psychologe. „Wenn kein gemeinsamer Entwicklungsprozess in Gang kommt, müsste man überlegen, ob es der richtige Partner ist.“ Dann könne es über längere Sicht Sinn ergeben, sich zu trennen, so der Experte.