Berlin. Woher kommen wählerische Essgewohnheiten bei Kindern und Jugendlichen? Eine neue Studie enthüllt erstaunliche Erkenntnisse.

Das gemeinsame Essen mit dem Nachwuchs kann Eltern an die Grenzen der Belastbarkeit bringen. Stundenlanges Kochen und das mühevolle Zubereiten von Mahlzeiten erweisen sich als umsonst, wenn Kinder und Jugendliche im Anschluss das Essen verweigern. Das hilft weder Schimpfen noch Verhandlungen – das Essen wird nicht angerührt.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Zeynep Nas vom University College London haben im Rahmen einer Studie untersucht, wie sich das Essensverhalten von der frühen Kindheit bis zur Jugend entwickelt und wollten wissen, ob die Umwelt oder die Genetik einen Einfluss nehmen. Die Ergebnisse dürften bei vielen Eltern für Erleichterung sorgen.

Studie beweist: Wählerisches Essverhalten bei Kindern keine Seltenheit

Wenn es am Ende des Tages erneut auf die Nudeln mit Tomatensauce hinausläuft oder die Fritteuse wieder Abhilfe schaffen muss, damit die Kinder etwas zu sich nehmen, geraten Eltern schnell unter Druck. Das verpönte Fast Food ist bei den wenigsten Erziehungsberechtigten der eigene Anspruch, noch ist es ein Bild, das gerne von Außen wahrgenommen wird. Die Frustrationsgrenze ist schnell erreicht, schließlich soll sich das eigene Kind gesund ernähren und notwendige Vitamine, Ballaststoffe sowie Spurenelemente zu sich nehmen.

Aktuelle Studien haben mittlerweile belegt, dass wählerisches Essverhalten bei Kindern keine Seltenheit ist. Ein solches Verhalten zeigt sich bei bis zu 50 Prozent aller Kinder in ganz unterschiedlicher Ausprägung. Abneigungen gegen die Farbe des Essens, die Konsistenz oder die Texturen führen letztendlich zu einer Verweigerungshaltung, die auch innerhalb der Familie zu Belastungen führen kann.

Spielen Genetik und Umwelt eine Rolle beim Essverhalten von Kindern?

Nas und ihre Kollegen vom University College London haben eine Zwillingsstudie ins Leben gerufen und diese im „Journal of Child Psychology & Psychiatry“ veröffentlicht. Sie wollten dabei in Erfahrung bringen, inwiefern sich das Essverhalten im Laufe der Jahre verändert und ob sowohl die Umwelt als auch die Genetik einen Einfluss haben.

Die Grundlage der Studie bildeten 2402 eineiige und zweieiige Zwillingspaare aus England und Wales, deren Eltern zum Essverhalten der Kinder im Alter von 16 Monaten, drei Jahren, sieben Jahren und 13 Jahren ausführlich befragt wurden.

Die Wissenschaftler kamen zu zwei grundlegenden Erkenntnissen: Einerseits ist das wählerische Essverhalten keinesfalls nur eine Phase, sondern kann bis zur Jugend anhalten, auch wenn sich das Phänomen abschwächen wird. Andererseits hat die Genetik einen entscheidenden Einfluss auf die Verweigerungshaltung beim Essen.

Die Studie zeigt, dass die genetischen Faktoren schon ab einem Alter von 16 Monaten zu 60 Prozent ein unterschiedliches Essverhalten zutage förderten. Bis zum Alter von fünf Jahren steigt dieser Wert auf 83 Prozent, bevor er im Alter von 13 Jahren mit 74 Prozent wieder rückläufig ist.

Der Einfluss von umweltrelevanten Faktoren wie dem Aufwachsen im Mutterleib, die ähnliche Erziehung oder Ernährung spielt laut Studie dagegen nur eine untergeordnete Rolle bei der Ausprägung von wählerischem Essverhalten.

Für Eltern bedeutet dies allerdings keinesfalls, dass eine gesunde und ausgewogene Ernährung hinfällig ist. Vielmehr kann in der frühen Kindheit die Grundlage dafür geschaffen werden, dass sich die Ausprägung von wählerischem Essverhalten verringert. Allerdings gibt es dafür keine grundlegende Strategie. Vielmehr sollte das notwendige Essensangebot geschaffen und offen kommuniziert werden, um Stress im Alltag zu vermeiden.

Abschließend bleibt – wohl zur Erleichterung vieler Eltern – dennoch festzuhalten: Die Schuld liegt weder bei ihnen noch bei den Kindern, sondern bei den Genen.